Kölner Kreuzigung
Brock ließ sein Adressbuch an den unterschiedlichsten Stellen liegen. »Obwohl selbst von denen nur wenige so irre sind, ihn zu kreuzigen.«
»Sie haben ihn gekreuzigt?« Das zweite Mal am heutigen Tag hatte Marius Sandmann das Gefühl, jemand zöge ihm den Boden unter den Füßen weg. Diesmal stützte er sich tatsächlich an der Wand ab und schaute Friederike Brock entsetzt an.
»Krank, oder?«
19
Bereits zum dritten Mal fuhr Paula Wagner die enge Straße lang, immer noch auf der Suche nach einem Parkplatz. Sie hasste die Gegend bereits aus tiefstem Herzen. Wieder kamen sie an dem unauffälligen, hässlichen 70er-Jahre-Bau vorbei, doch diesmal machten sie wenigstens eine interessante Entdeckung. Hannes Bergkamp machte sie darauf aufmerksam.
»Ist das nicht unser junger Privatdetektiv, der da aus dem Haus kommt?« Paula Wagner verlangsamte den Wagen.
»Tatsächlich, das ist er.«
»Und das ist das Haus, in dem sich die Privatwohnung seines Chefs befindet. Was hat er da gewollt?«
»Sollen wir ihn fragen?«
»Später. Der läuft uns nicht weg. Schauen wir uns erst einmal selber die Wohnung an.« Vor ihnen fuhr ein blauer Mercedes Benz aus einer Parklücke. Paula Wagner nutzte die Gelegenheit und stellte den Wagen in der frei gewordenen Parklücke ab. Sie blickte Marius Sandmann nach, als der zu Fuß um die Ecke bog. Eine gewisse Zufriedenheit konnte sie nicht leugnen. Nachdem der Detektiv in seinem Büro aalglatt und kalt auf sie gewirkt hatte, hatte er nun doch arg verstört gewirkt.
In der Wohnung erwartete die beiden Polizisten allerdings nur Friederike Brock, die die beiden Beamten mit ausdruckslosem Gesicht durch die Zimmer führte. Das Elektroschockgerät und die Handschellen waren in ihrer großen schwarzen Tasche verschwunden, die sie um die Schulter trug. Ähnlich wie Marius wenige Minuten zuvor durchwühlten Paula Wagner und Hannes Bergkamp die Wohnung, fanden aber genauso wenig Erhellendes wie der Privatdetektiv.
»Hatten Sie Besuch?«, fragte Hannes Bergkamp in aller Unschuld.
Friederike Brock nickte. »Ein Freund war kurz da.« Warum sollte sie lügen?
»Hat ihr Freund vielleicht irgendetwas mitgenommen?«, setzte Paula Wagner nach.
»Nein, warum sollte er? Das ist schließlich kein Souvenirladen.«
»Wir müssen die Wohnung jedenfalls versiegeln, bis die Spurensicherung da war. Das macht ihnen keine Probleme, oder?« Friederike Brock zuckte mit den Achseln, die schwarze Tasche an ihrer Seite wippte leicht.
»Nein, kein Problem. Aber sagen Sie mir, wann ich die Wohnung auflösen kann. Schließlich muss ich wohl die Miete hier weiterzahlen.« Gunter Brock, so hatte Paula Wagner den Eindruck, schien nicht sehr viele Freunde gehabt zu haben. Sein Angestellter reagierte gelassen, fast schon kalt auf seinen Tod, die eigene Tochter machte sich mehr Gedanken über die Miete. Beides reichte nicht für ein Motiv, das wusste sie. Aber es reichte, um nachzufragen und weiterzubohren. Später.
Draußen im Wagen tippte Bergkamp erst einmal die Kurzwahl der Spurensicherung ein und schickte sie zur Wohnung Brocks.
»Viel finden werdet ihr vermutlich nicht. Die Wohnung macht nicht den Eindruck, als wäre dort irgendetwas passiert, das uns weiterhilft.« Er beendete das Gespräch. Paula Wagner hatte währenddessen eine Politesse beobachtet, die drei Wagen vor ihnen einen Strafzettel ausstellte. Im Rückspiegel konnte sie das Schild für Anwohnerparken entdecken. Sie schaute Bergkamp an.
»Wohin jetzt?« Bergkamp zögerte.
»Vielleicht sollten wir einfach einmal abwarten, was die Spurensicherung herausfindet? Wir haben fast gar nichts in der Hand.« Die Politesse kam zu ihrem Wagen, Paula Wagner klopfte an die Scheibe und hielt ihren Dienstausweis hoch. Die Politesse nickte kurz, dann ging sie weiter. »Oder wir statten dem Detektiv noch einen zweiten Besuch ab. Das Büro ist ja gleich um die Ecke.«
»Machen wir das.« Zufrieden startete Paula Wagner den Wagen und schoss, ohne zu blinken, aus der Parklücke heraus. Kurze Zeit später klingelten sie das zweite Mal an diesem Tag bei Brock, Privatdetektiv, und erneut öffnete ihnen Marius Sandmann. Sein Gesicht wirkte so ausdruckslos wie bei ihrem ersten Besuch. Der junge Detektiv führte die beiden Polizisten erneut in die Küche, auch dieses Mal war keine Zeit für höfliches Geplänkel, befand Paula Wagner.
»Sie waren eben in der Wohnung ihres Chefs«, überrumpelte sie ihn.
»Ja.«
Nichts weiter. Paula Wagner fühlte ein Kribbeln in den
Weitere Kostenlose Bücher