Kölner Kreuzigung
Nackenhaaren. »Was haben Sie da gemacht?«
»Ich habe mich umgeschaut. Wie Sie, vermute ich.«
»Nur zur Klärung. Wir sind die ermittelnden Beamten in einem Mordfall, und zwar dem Mord an ihrem Chef, Brock. Sie haben in diesen Ermittlungen nichts verloren, gar nichts. Es sei denn, Sie haben uns etwas zu sagen. Dann sind Sie als Zeuge für uns von Interesse. Aber halten Sie sich aus unserer Arbeit heraus.« Die grauen Augen des Detektivs zeigten keine Regung.
»Was wollen Sie wissen?«
»Woran hat Ihr Chef zuletzt gearbeitet? Wenn er an etwas gearbeitet hat?« Paula Wagner schaute sich bei dem letzten Satz ein wenig verächtlich in diesem improvisierten Küchenbüro um. Bevor er antwortete, zog Marius Sandmann ein Foto aus einer braunen Mappe hervor und legte es vor die beiden Beamten hin. Wagner und Bergkamp beugten sich ein wenig vor und schauten auf das Gemälde Stephan Lochners, die Kreuzigung in der Mitte, die beiden Stifter an den Seiten. Paula Wagner spürte den interessierten Blick des Detektivs, der zwischen ihnen an der Heizung lehnte und auf sie herabblickte.
»Daran.« Die beiden Beamten wechselten einen kurzen Blick, Paula Wagner lehnte sich zurück. Hannes Bergkamp übernahm das Gespräch.
»Worum geht es bei diesem Bild?« Marius Sandmann erklärte ihnen den Auftrag und fasste die bisherigen mageren Ergebnisse zusammen. »Und Sie haben keine Ahnung, was Ihr Chef herausgefunden haben könnte?«
»Er war kein gesprächiger Mensch, aber das sagte ich schon.«
»Nun, heute Morgen haben Sie uns auch nicht gesagt, woran Sie arbeiten.«
»Sie haben mir auch nicht gesagt, wie Brock ermordet wurde.«
»Also haben Sie wirklich keine Ahnung, nicht die leiseste Idee, was oder wen Brock entdeckt haben könnte?«
»Nein. Aber ich werde es herausfinden.«
»Das überlassen Sie uns.« Damit ließen die beiden Polizisten Marius allein.
Eine halbe Stunde nachdem Marius Sandmann ihnen das Bild gezeigt hatte, empfing der Direktor des Wallraf-Richartz-Museums, Anton Malven, Wagner und Bergkamp in seinem Büro fast genau über der Gasse In der Höhle, dem letzten Wohnort Stephan Lochners in Köln. Gelegentlich kratzte sich der Direktor an seinem weißen, kurz geschnittenen Vollbart, während Hannes Bergkamp ihm erzählte, was er von Marius Sandmann gehört hatte. Paula Wagner beobachtete den Mann aufmerksam. Er war unsicherer, als er auftrat, entschied sie rasch, sah aber keine Veranlassung, dieses Wissen einzusetzen. Malven hörte Bergkamp bis zum Ende an. Dann schwieg er eine Weile, Paula Wagner konnte in der Stille das leise Kratzen in den Barthaaren hören.
»Eine interessante Geschichte«, setzte Malven an, dann zögerte er einen Augenblick, »nur haben wir nie einen Auftrag vergeben, um dieses Bild zu finden.«
Am liebsten wäre Paula Wagner sofort aufgesprungen und hätte sich den Detektiv geschnappt. Bergkamp hakte noch einmal nach. Dennoch fiel die Antwort des weißhaarigen Mannes gleich aus. Als sie draußen im Auto waren, wollte Paula Wagner sofort wieder nach Ehrenfeld rausbrettern. Aber Bergkamps Handy klingelte. Staatsanwalt Thomas Stein beorderte seine Beamten zurück ins Präsidium. Als Hannes Bergkamp das Radio einschaltete, wussten sie auch warum. Die Kreuzigung Brocks war der Aufhänger in den Nachrichten der lokalen Radiostation.
Wenige Minuten, nachdem die Polizisten Malven verlassen hatten, versuchte auch Marius von seinem Auftraggeber vorgelassen zu werden. Doch Anton Malven war für ihn nicht zu sprechen. Seine Sekretärin ließ dem Privatdetektiv ausrichten, Direktor Malven sei nicht in der Stadt und komme erst in einigen Tagen zurück.
Staatsanwalt Thomas Stein drehte nervös einen edlen Kugelschreiber zwischen Zeige- und Mittelfinger der linken Hand. Paula Wagner lauschte, während Hannes Bergkamp dem Staatsanwalt eine Zusammenfassung der Ereignisse des Vormittags gab. Stein wirkte ein wenig ratlos.
»Was meinen Sie? Der Detektiv hat gelogen, was den Auftrag angeht. Nur warum? Hängt er selber mit drin?« Hannes Bergkamp zuckte mit den Achseln, Paula Wagner hüstelte leicht.
»Es könnte sich auf jeden Fall lohnen, ihm weiter auf den Zahn zu fühlen«, setzte sie an.
»Allerdings haben wir nicht wirklich was in der Hand?«
»Er hat uns angelogen.«
»Das ist nichts Ungewöhnliches«, wandte Hannes Bergkamp vorsichtig ein. »Die meisten Leute lügen uns an oder verschweigen der Polizei zumindest etwas.« Thomas Stein schlug mit der Hand auf den Tisch, der Kuli rollte
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