die der zahllosen Fußballfans nervös macht. Vielleicht liegt es auch an dem eingeschalteten Laptop vor Anselm. Auf dem Monitor ist noch immer der Entwurf eines Sicherheitsprogramms zu sehen, an dem Anselm arbeitet. Paula findet Anselms Angewohnheit, zu Verabredungen Arbeit mitzubringen, eigentlich unmöglich. Nur hat sie sich längst daran gewöhnt. Ob Marco noch die Gelegenheit bekommen wird, solche Eigenheiten zu tolerieren? Oder wird er vorher das Handtuch werfen, fragt sie sich. Die beiden haben sich erst in dieser Woche beim Squash kennengelernt.
An Paulas und Anselms Kommentaren zum Fußballfinale beteiligt sich Marco nicht. Er lächelt nur verlegen, als Anselm zu ihm sagt: »Komm bloß nicht auf die Idee, so ein Stirnband wie dieser Spanier da zu tragen.«
Zwanzig Minuten nach Spielbeginn geht Marco zur Toilette. Er bleibt lange dort.
»Und, was meinst du?«, fragt Anselm.
»Hübsch.«
»Ja«, meint er und seufzt, »ein hübsches Püppchen.«
»Genau dasselbe denke ich über Vincent.«
»Manchmal genügt das ja«, sagt Anselm und bestellt noch ein Kölsch. Marco trinkt Weißwein.
In der Halbzeit fragt Paula Anselm, wie gut sich eigentlich E-Mails zurückverfolgen lassen. Wenn ihr jemand bei der Suche nach dem falschen Edgar G. Ulmer helfen kann, dann Anselm. Da dieser aber ein Kölsch nach dem anderen kippt, will sie mit der Frage nicht bis nach dem Abpfiff warten.
»Hast du wieder versaute Sachen verschickt?«, fragt Anselm.
Marco zieht die Stirn kraus.
»Nein«, sagt Paula. »Aber jemand schickt mir … so was in der Art.«
»Und der Name des Absenders?«, schaltet sich Marco unerwartet in das Gespräch ein. Das zweite Glas Weißwein scheint seine Zunge zu lockern. Seiner Auffassungsgabe kommt der Alkohol weniger zugute.
Anselm betrachtet ihn von der Seite und zieht die Augenbrauen zusammen. »Würdest du deinen eigenen Namen benutzen, um schweinische E-Mails zu verschicken?«
»Ich verschicke keine –«
»Er benutzt den Namen eines Regisseurs«, fällt Paula Marco ins Wort.
»Wie einfallsreich«, meint Anselm.
»Wieso?«, fragt Marco.
»Paula ist Schauspielerin.«
Diese Information scheint Marco für eine Weile zu beschäftigen. Vielleicht geht er in seinem hübschen Köpfchen sämtliche Filme durch, die er in der letzten Zeit gesehen hat. Vielleicht sieht er aber auch nur so aus, als würde er nachdenken.
Anselm meint, grundsätzlich könne er ziemlich leicht herausfinden, von welchem Rechner eine E-Mail verschickt wurde. Er wolle Paula aber trotzdem keine Hoffnung machen, auf diese Weise ihrem Stalker auf die Spur zu kommen.
»Wenn er nicht allzu dumm ist, schickt er dir die E-Mails aus einem Internetcafé.«
»Das hab ich auch schon gedacht.«
»Woher hat er überhaupt deine Adresse?«, fragt Marco.
»Die steht auf meiner Website.«
»Ich hab dir davon abgeraten«, sagt Anselm. »Glaubst du wirklich, die Website bringt dir Jobs?«
Marco antwortet für sie: »Ohne Website kannst du doch heute nichts mehr verkaufen.«
»Das sehe ich ähnlich«, meint Paula. »Und wenn sich schon jemand für mich interessiert und meine Website besucht, dann soll er auch die Chance bekommen, mit mir Kontakt aufzunehmen.«
»Ich gebe meine E-Mail-Adresse nirgendwo an«, sagt Anselm.
»Ach, hast du also doch eine?«, fragt Marco. »Dann hast du wohl auch ein Handy, von dem ich nichts weiß?«
Anselm geht nicht darauf ein. Stattdessen fordert er Marco auf: »Verrat uns doch mal deine E-Mail-Adresse.«
»Warum?«
»Ich will ein Experiment machen. Ich hab hier WLAN -Empfang.« Er rückt näher an den Tisch und öffnet den Browser auf seinem Laptop. »Bist du einverstanden, Marco, wenn ich mit Hilfe deiner E-Mail-Adresse mal ein wenig im Netz nach dir recherchiere?«
»Bitte, da wirst du nichts finden. Ich bin schließlich kein Schauspieler oder so«, sagt Marco mit einem Seitenblick auf Paula.
»Also, deine Adresse?«
»
[email protected].«
Auf der Leinwand über Anselms Kopf pfeift der Schiedsrichter die zweite Halbzeit an. Die übrigen Gäste rücken näher heran. Anselm lässt sich nicht stören.
»Den Rückstand holen die Italiener sowieso nicht mehr auf«, sagt er und tippt Marcos Adresse bei Google ein. »Bevor wir jetzt in den unendlichen Weiten des Netzes danach suchen lassen, schauen wir uns doch Marcos Adresse erst mal an: mare80 … Die Zahlen weisen ja oft auf das Alter oder das Geburtsjahr des Betreffenden hin. Wobei manch einer auch bewusst eine falsche Zahl angibt. Hast dich