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Kölner Kulissen

Kölner Kulissen

Titel: Kölner Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Pranschke
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und sie kann bei geöffnetem Fenster telefonieren, ohne gegen Verkehrslärm anzubrüllen.
    »Ich ein Ästhet? Dann werde ich dich jetzt erst recht enttäuschen«, sagt Vincent und zieht zwei Kinokarten aus der Innentasche seines Sakkos. »Wir sehen uns ›The Grifters‹ an. Ich hoffe, du magst Gangsterfilme? Die schmutzige Sorte?«
    Sie lächelt. »Mein Freund Anselm steht total drauf.«
    »Der Schwule?«
    »Genau der. Will ständig solche Filme mit mir gucken. ›Getaway‹, ›Point Blank‹ …«
    »Dein Freund wird mir sympathisch. Wollen wir ihn anrufen und fragen, ob er mitkommt?«
    Sie hakt sich bei Vincent ein und zieht ihn zum Eingang. »Heute nicht«, sagt sie.
    Es gefällt ihr, zwei Stunden lang im Halbdunkel neben Vincent zu sitzen und ihn aus dem Augenwinkel zu beobachten. Und sie mag den Film. Nur einmal fühlt sie sich unwohl, als Mints sagt: »Keine Partner! Das ist die erste Regel. Das halbiert die Einnahmen und ist überflüssig. Wenn du dir ’n Partner nimmst, kannst du dir gleich ’n Apfel auf ’n Kopf legen und übergibst dem andern ’ne Schrotflinte.«
    Sie muss daran denken, wie sie heute Julia mit ins Boot geholt hat. Und wie die einen Anteil verlangt hat. Das Miststück. So viel zum Thema Freundschaftsdienste. Andererseits ist Paula heilfroh, dass Julia ihre Hilfe zugesagt hat. Sie hat keine Ahnung, wie sie das Koks allein zu Geld machen soll. Für Julia scheint das kein großes Problem darzustellen. Noch heute Abend will sie sich umhören. Und trotzdem: Paula hat jetzt eine Partnerin. Sicherer fühlt sie sich dadurch nicht.
    Nach der Kinovorstellung schlendern sie in Richtung Agnesviertel. Vincent ist begeistert von Annette Benings Schauspielkunst.
    »Wie macht ihr das«, will er wissen, »dass man euch die Gefühle tatsächlich abnimmt? Gefühle, die ihr doch nur darstellen sollt.« Er starrt Paula von der Seite an, während sie den Bürgersteig entlanggehen. Mehrere entgegenkommende Leute müssen ihnen ausweichen. Paula setzt bereits zu einer Antwort an, aber Vincent kommt ihr zuvor. »Ihr fühlt das alles wirklich, oder? Sonst könntet ihr uns nicht überzeugen.« Er klingt, als wollte er sich seinen Standpunkt lieber bestätigen lassen, als Paulas ehrliche Antwort zu hören.
    Sie überlegt kurz, ob sie ihm diesen Gefallen tun soll. Ihm und sich selbst. Denn vermutlich würde ihn ein Bekenntnis zur absoluten Hingabe an die im Film gezeigten Emotionen schwer beeindrucken. Aber Paula entscheidet sich dagegen.
    »Du weißt doch bestimmt, was es für Techniken gibt, um emotional zu überzeugen«, sagt sie. »Ist schließlich kein Geheimnis. Zum Beispiel sollst du dich an ein schmerzhaftes Erlebnis erinnern, um Schmerz darzustellen.«
    Er nickt, sieht sie an und stolpert über einen Bordstein. Paula fängt ihn auf. Während Vincent seinen linken Schuh, der beim Stolpern in eine Pfütze getaucht ist, mit einem Stofftaschentuch zu säubern versucht, sagt Paula: »Aber das ist mir zu anstrengend. Ich will nicht in meiner Vergangenheit, in meiner Psyche wühlen. Tut mir leid, falls dich das enttäuscht.«
    Angewidert schaut Vincent das schmutzige Taschentuch an.
    »Aber wie machst du es dann?«, fragt er. »Ich hab doch deine Filme gesehen. Diese … Kontrolle. Du bist … man glaubt dir jede Geste, jedes Wimpernzucken.« Mit spitzen Fingern hält Vincent das Papiertaschentuch und sieht sich nach allen Seiten um, offenbar auf der Suche nach einem Mülleimer.
    »Stures Training«, sagt Paula. »Vorm Spiegel. Ich besitze einen Werkzeugkasten voller Gesichtsausdrücke und Gesten. Es hat ein paar Jahre gedauert, ihn zu füllen. Mittlerweile bin ich ganz zufrieden damit. Für die meisten Rollen passt mein Werkzeug.«
    Eine Minute lang bleibt Vincent still. Er blickt auf den Bürgersteig vor seinen Füßen, noch immer das schmutzige Taschentuch in der Hand. Es ist dunkel geworden. Am Ebertplatz sind sie in die Neusser Straße abgebogen, ohne darüber zu sprechen, wohin sie gehen.
    Paula gefällt es, ihren Beruf als ein Handwerk unter vielen anderen zu beschreiben. Sie ist überzeugt, dass man sich den Musenkuss mit Fleiß erarbeitet. Viele Kollegen bemühen sich, ihre Kunst in den Mantel des Geheimnisvollen zu hüllen. Und sie haben Erfolg damit. Leute wie Vincent verehren sie dafür, verehren das Genie, nicht den Handwerker. Vielleicht hat Paula eben eine Illusion zerstört. Vincent macht einen verwirrten Eindruck. Ob er nun das Interesse an ihr verloren hat?
    »Wie war die Arbeit mit Cramer?«,

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