Kölner Kulissen
angerufen. Weil sie nicht abgenommen hat, bin ich einfach zu ihr gefahren.«
»Wir werden diese Anrufe überprüfen.«
»Bitte, tun Sie das.« Ihre Stimme klingt jetzt ein bisschen schnippisch.
»Was hatten Sie denn Dringendes zu besprechen?«, fragt Hanna.
»Wieso sollte es dringend gewesen sein?«
»Wenn Sie Frau Schwartz mehrfach anrufen und schließlich sogar hierherfahren …«
»Hanna, sie hat doch schon gesagt –«, mischt sich Weyrauch ein, aber die Schauspielerin unterbricht ihn.
»Ich würde jetzt gern gehen«, sagt sie, drückt ihm den Becher in die Hand und steht vom Beifahrersitz des Dienstwagens auf.
Hanna bemerkt die straffe Muskulatur ihrer Arme. »Wir werden uns bei Ihnen melden, um dieses Gespräch fortzusetzen«, sagt sie.
»Wenn Sie in besserer Verfassung sind«, ergänzt Weyrauch.
Paula Farkas sagt nichts mehr. Sie wendet sich ab und geht langsamen Schrittes die Straße entlang. Weyrauch sieht ihr hinterher und umklammert den Plastikbecher in seiner Hand.
»Vielleicht schreibt sie dir noch ein Autogramm auf den Becher, wenn du ihr nachläufst«, sagt Hanna. Und dann, in schärferem Ton: »Kannst du mir mal verraten, warum du mich ständig unterbrochen hast?«
»Die Frau steht unter Schock«, verteidigt er sich.
»Sie ist Schauspielerin.«
»Und? Glaubst du deshalb, sie hat das nur vorgetäuscht?«
Sie zuckt mit den Schultern.
»Hanna, die Frau hat gerade erfahren, dass ihre Freundin ermordet wurde. Und du verhörst sie wie eine Verdächtige.«
»Ist sie das etwa nicht?«
»Warum hätte sie Julia Schwartz denn töten sollen?«
»Wenn es so war, bekomme ich es raus. Im Moment weiß ich nur, dass sie beide mit Vico Cramer befreundet waren.«
»Und du glaubst, da besteht ein Zusammenhang?«
Es sei zumindest auffällig, meint Hanna, dass es in kaum mehr als einer Woche zwei Mordopfer aus der Film- und Fernsehbranche gebe.
Weyrauch bekommt zunächst keine Gelegenheit, etwas darauf zu erwidern. Piontek tritt zu den beiden. Auf seiner Glatze glänzen Schweißtropfen.
»Ein Schuss. Aus weniger als einem Meter Entfernung. Von rechts unten durch den Hals«, sagt er.
»Das hat so gar nichts mit dem Mord an Cramer gemeinsam«, sagt Weyrauch. »Das musst du doch zugeben.«
Ja, das muss sie. Aber sie sagt nichts mehr und setzt sich in den Wagen.
Gegen Abend bekommen sie die Ergebnisse der Spurensicherung auf den Schreibtisch: Reste von Kokain auf Julia Schwartz’ Wohnzimmertisch. Piontek hat ebenfalls Kokain gefunden – in der Blutbahn der Ermordeten. Im Schlafzimmer scheint der Nachtschrank durchwühlt worden zu sein. Die restliche Wohnung macht nicht den Eindruck, als habe jemand etwas gesucht.
»Vielleicht wurde der Täter gestört«, meint Weyrauch.
»Oder er hat nach dem Schuss die Flucht ergriffen«, entgegnet Hanna.
»Dann glaubst du nicht an vorsätzlichen Mord?«
»Stell dich mal vor mich hin«, fordert sie Weyrauch auf.
Er postiert sich vor ihr, und Hanna simuliert mit gespreizten Fingern eine Pistole.
»Ist doch ein merkwürdiger Winkel, oder?«, sagt sie und hält ihre Hand in der von Piontek angegebenen Position schräg unter Weyrauchs Hals.
»Vielleicht hat der Täter sie von hinten umklammert«, sagt Weyrauch. Er dreht sich um hundertachtzig Grad und presst seinen Rücken gegen Hanna. Ihr rechter Arm liegt nun um seinen Rumpf herum.
»Zu gefährlich«, meint sie. »Da muss ich ja fürchten, mich selbst zu treffen.«
»Vielleicht ein Unfall. Ein Versehen.«
»Oder jemand, der keine Ahnung vom Umgang mit Schusswaffen hat.«
»Du versuchst doch nur, einen Zusammenhang zu Cramers Tod herzustellen.« Weyrauch löst die nachgestellte Szene auf und gießt frischen Kaffee in seine Tasse. »Auch da glaubst du ja nicht an vorsätzlichen Mord.«
»Richtig. Cramer wurde im Affekt erschlagen. Da bin ich mir sicher.«
»Und das traust du Paula Farkas zu?«
»Das hab ich nie gesagt.«
»Macht ja nichts, bleiben wir doch ruhig für einen Moment bei der Annahme«, sagt Weyrauch. »Aber dann erklär mir bitte, warum Paula Farkas eine Woche später ihre Freundin erschießen soll.«
Hanna schweigt. Sie weiß die Antwort einfach nicht. Und doch spürt sie, dass beide Taten zusammenhängen. Auch ihr Gespräch mit Kadrics Handlanger spricht dafür. Aber davon kann sie Weyrauch nichts erzählen.
»Kommen wir doch mal zu den Fakten zurück«, sagt sie.
»Nichts lieber als das«, meint Weyrauch. Er lehnt sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und schlürft Kaffee.
Hanna
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