Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall
kein unnötiges Aufsehen erregen«, hatte Altmann geantwortet und Bashkim hatte ihm zugestimmt. Entgegen seines Auftritts bei Ricky hatte sich Bashkim als kluger Kopf erwiesen. Altmann schätzte das. Gewalt war Teil des Geschäfts, kein Selbstzweck. Auf Altmanns Vorschlag hin hatten sie sich geeinigt, dass sich Bashkim als Mitarbeiter der Hausverwaltung ausgeben sollte, der Erkundigungen wegen der versiegelten Wohnung einholen müsse.
Der Albaner verstand sich hervorragend darauf, die Leute im Haus in ein Gespräch zu verwickeln. Der Eimer mit dem Putzlappen, den er um die Ecke in einem Ramschladen erstanden hatte und den er beständig in der Hand hielt, ließen ihn glaubwürdiger wirken. Bereitwillig erzählten die meisten Leute im Haus ihm mehr, als er gefragt hatte. Altmann war beeindruckt. Noch ahnte er nicht, wie sehr ihn der Albaner in wenigen Minuten erst beeindrucken würde.
Sie waren bereits unter dem Dach an der vorletzten Wohnung angekommen. Wie bisher hielten sich Altmann und Hanno auf dem Treppenabsatz verborgen, als Bashkim schellte. Ein junger, dürrer Mann in weitem T-Shirt und schmutziger Jogginghose öffnete ihnen und blinzelte Bashkim misstrauisch an, während er seine Fragen nervös abblockte. Seine Hände weckten Altmanns Misstrauen, der vorsichtig vom Treppenabsatz hochlinste. Beständig schienen sie in Bewegung. Was Altmann noch besser kannte als einen Junkie, war ein Junkie mit schlechtem Gewissen. Bashkim schien zu einer ähnlichen Einschätzung gelangt zu sein. Nachdem die Tür vor seiner Nase zugeknallt worden war, blickte er fragend zum Treppenabsatz hinunter. Die beiden Älteren kamen die Treppe hoch. Erneut schellte der angebliche Hausmeister. Keine Antwort. Bashkim klopfte lautstark an die Tür, deren Blatt leicht wackelte. Immer noch keine Reaktion. Er donnerte ein weiteres Mal dagegen. Ein fettes Grinsen konnte er sich nicht verkneifen, als er »Drogenfahndung! Öffnen Sie die Tür!« brüllte. Altmann verzog schon die Mundwinkel – er hatte keinen Sinn für solche Kindereien – , als sie hinter der Tür hektisches Rascheln hörten, wie die Trippelschritte von Ratten in altem Mauerwerk. Bashkim hob kurz die Augenbraue. Altmann nickte. Mit voller Wucht warf sich der Albaner gegen die dünne Tür, die bereits beim ersten Versuch krachend nachgab. »’Tschuldigung, mir ist was hingefallen! Nix passiert!«, brüllte der angebliche Hausmeister das Treppenhaus herunter, für den Fall, dass sich jemand über den Lärm wunderte. Dann stürmten die drei Männer die Wohnung. Sie entdeckten den Junkie im Bad, wo er hektisch an der Kloschüssel herumwerkelte. Bashkim packte ihn und schleuderte ihn in die Duschwanne. Der Schlacks krachte gegen Kacheln und Wasserhahn und sackte stöhnend zusammen. Hanno setzte ihm wortlos seinen Fuß auf die Brust und kratzte sich am mächtigen Schnauzbart. Altmann und der Albaner fischten ein paar Plastiksäckchen aus dem Klo, die Bashkim sorgfältig abwischte und in der eigenen Jackentasche verschwinden ließ. Verschmitzt blickte er Altmann an.
»Ist die Entschädigung für die Tür.«
»Das ist doch nicht deine Tür.«
»Aber meine Schulter«, antwortete der Albaner und rieb sich Schmerzen simulierend über den muskelbepackten Arm, mit dem er die Tür aufgebrochen hatte.
Altmann war es egal. Sie waren nicht wegen der Drogen hier und weder er noch Münzenberg hatten ein Interesse an solchen Dingen. Sie wandten sich dem Junkie in der Dusche zu, der Bashkims Diebstahl mit großen, angsterfüllten Augen beobachtet hatte.
»Müsst ihr das nicht irgendwie als Beweismittel aufnehmen?«, fragte er verdutzt und rieb sich Blut von der Nase.
»Nein, müssen wir nicht. Wir sind eine Sondereinheit mit Sonderbefugnissen. Wie die amerikanische DIA. Kennste doch, oder?«
»DIA?«
»Er meint DEA«, brummte Hanno unter seinem Schnauz.
»DIA, DEA, DIE – wen interessiert’s? Hauptsache ist doch: Wir sind hier, du bist hier«, bei diesen Worten deutete er mit dem Finger auf den Junkie, »und das hier ist ein nettes und gemütliches Plätzchen … « Mitten im Satz unterbrach Bashkim, packte den Junkie, zog ihn hoch, sodass dessen Kopf gegen die Duscharmatur donnerte, zerrte ihn aus dem Bad heraus in den einzigen Raum der Wohnung, ein nahezu leeres Zimmer, das durch zwei vor Dreck fast blinde Fenster in ein schummrig-mattes Licht getaucht wurde. Hier schleuderte er sein Opfer auf den Boden und trat ihm mit voller Wucht in den Unterleib. Der Junkie krümmte sich,
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