Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall
Schlüsselbrettchen hinter dem Kopf des Alten.
»Hätte ich da etwa fast den Keller vergessen?«
In einer Schublade fand er altes Paketklebeband. Er riss ein Stück ab und klebte es Altmann, der sich nur kurz wehrte, vor den Mund.
Altmanns Keller entpuppte sich als gut ausgestattete Werkstatt. Neben zahlreichen Werkzeugen schien sie vornehmlich Gerümpel zu enthalten. In einer Kiste entdeckte der Detektiv Fotos, auf manchen erkannte er den jungen Altmann gemeinsam mit einem ebenfalls um einige Jahre jünger aussehenden Helm Münzenberg. Er nahm eines der Bilder an sich. Man wusste nie, wozu man es brauchen konnte. Von Baumgart oder Kathrin Münzenberg fand er keine, Münzenbergs Frau hingegen entdeckte er auf einem Foto, das bei ihrer Hochzeit aufgenommen worden war. Auf der Rückseite des Bildes stand ein Datum geschrieben: 9. August 1995. Vielleicht wusste die Frau wirklich nicht, dass Münzenberg eine Tochter aus einer früheren Verbindung hatte. In den anderen Kisten fand Marius nichts Interessantes mehr. Alte Kassettenrekorder, einen Walkman, einen alten Fotoapparat, ein hübsches Feuerzeug mit Perlmuttbesatz, eine 8-mm-Filmkamera, alte Schrauben, Kabel, Stecker, Uhren, einen Karton mit sicherlich 100 gefälschten Rolex, alte verstaubte Weinflaschen, und hinter den Kisten eine alte Leuchtreklame ›Bar Chou Chou‹. Er schloss den Keller wieder ab, löschte das Licht, und ging zurück in die Wohnung.
Der Detektiv setzte sich ihm gegenu ̈ ber ru ̈ cklings auf einen anderen Stuhl, zog ihm vorsichtiger, als er vorgehabt hatte, das Klebeband vom Mund und wedelte mit den Fotos in seiner Hand. Er hoffte, dass er selbstsicherer wirkte, als er war.
»Reden wir!« Der Alte drehte das Gesicht in Richtung Vorhang. »Kathrin Münzenberg. Der Name sagt dir was, oder?«
»Keine Ahnung, wovon du sprichst.«
Zumindest konnte Altmann nicht lange schweigen. Ein gutes Zeichen. »Von der Tochter deines Chefs.« Marius hielt ihm das Foto vor die Nase, dass ihn mit Helm zeigte. »Wo ist sie? Ich würde mich gerne mit ihr unterhalten. Wenn ich das richtig verstanden habe, würde Münzenberg das auch gerne tun.«
»Helm würde ihr vermutlich eher den Hals umdrehen«, erwiderte der Gefesselte.
»Immerhin wissen wir damit, dass es sie gibt und wer sie ist. Das ist doch schon einmal ein Anfang.«
Dem Alten war klar, dass er einen Fehler gemacht hatte. Ein Schellen unterbrach sie. Mit strahlenden Augen sah er den Detektiv an. »Das sind die Jungs, die wollen mich abholen.« Marius hielt Altmann die Hand vor den Mund. Dann warteten sie gemeinsam.
Es schellte ein zweites Mal. Sie hörten Schritte und leise Stimmen vor der Tür. Der Alte wackelte leicht mit dem Stuhl. Marius packte ihn mit der zweiten Hand an den Oberschenkeln und drückte Mann und Küchenstuhl fest auf den Boden. Schweigend wartete der Detektiv, bis die Holztreppe unter den Schritten zweier Männer knirschte. Vorsichtig nahm er die Hand von Altmanns Gesicht.
»Die sind gleich wieder da! Wenn ich wieder nicht antworte, holen sie bei der Nachbarin den Zweitschlüssel und kommen rein, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist.«
»Also beeilen wir uns ein wenig!« Er war sich nicht sicher, ob sein Gefangener bluffte, aber wollte es nicht darauf ankommen lassen. Doch Altmann schwieg eisern. Schließlich schob Marius den Stuhl an den Tisch zurück und stand auf. Der Alte blickte verschlagen zu ihm hoch.
»Du bist zu weich, Detektiv. Ein echter Verlierer. Nicht einmal aus einem gefesselten, alten Sack wie mir kriegst du irgendwas raus. Kleiner Wichser!«
37
Paula studierte die Fotos an den Wänden des nüchtern eingerichteten Büros. Die schwarzen Sessel waren Nachbauten eines Entwurfs des Architekten Le Corbusier, das hatte Paula irgendwann einmal aufgeschnappt. Schwarze eckige Kissen in schlichten Metallrahmen. Schreibtisch, grauer Teppichboden und schwarz lackierte Ablage betonten die Kühle des Raums zusätzlich. Umso bemerkenswerter fand Paula die Bilder. Zwar waren die meisten in Schwarz-Weiß gehalten und wären einem weniger aufmerksamen Betrachter kaum aufgefallen, die Motive jedoch waren wüst. Hinter ihrem Rücken öffnete sich leise eine Tür. Sie spürte die Anwesenheit eines Mannes, ohne dessen Schritte zu hören. Sie drehte sich um und schaute in das jungenhafte Gesicht eines Mittvierzigers, dessen dunkelblondes Haar akkurat gescheitelt war und dessen schlanke Gestalt in einem maßgeschneiderten Anzug steckte. Allein die rotblau gemusterte Krawatte
Weitere Kostenlose Bücher