Kölner Luden: Sandmanns dritter Fall
setzte einen Farbpunkt.
»Sie interessieren sich für Fotografie?«, eröffnete Paula mit ein wenig Small Talk das Gespräch. Der Mann zwinkerte nervös.
»Ich sammle, ja«, antwortete er knapp und deutete auf die Corbusier-Sitzecke.
»Interessant«, antwortete Paula, als sie ihm zu den Sesseln folgte. »Sammeln Sie einen bestimmten Schwerpunkt? Kunstsammler suchen sich immer irgendeinen Künstler oder ein Thema, oder? Nicht dass ich Ahnung davon hätte! Ist Schwarz-weiß ihr Thema, Herr Münzenberg?«
Magnus Münzenberg strich sich die Hose zurecht, nachdem er sich hingesetzt hatte, und schaute mehr auf seine Knie als auf seine Gesprächspartnerin. »Ich sammle Bilder von Fotografinnen aus den 80er Jahren. Ein spezielles Hobby, gebe ich zu.« Er lächelte verlegen.
»Wie kommt man auf so etwas? Für mich waren die 80er ein Jahrzehnt ästhetischer Irrwege! Ich könnte Ihnen Fotos von mir aus dieser Zeit zeigen! Du meine Güte!«
Der Immobilienmakler zuckte mit den Achseln. »Ich bin damit groß geworden. Vermutlich prägt es einen mehr, als man glauben möchte.«
»Wem sagen Sie das? Die Vergangenheit verfolgt einen. Mein Kommissariat zum Beispiel hat die Aufgabe, alte, ungeklärte Fälle zu überprüfen. Im Rahmen dessen sind wir auf den Namen Ihrer Firma gestoßen.«
Münzenberg rieb mit dem Zeigefinger der linken Hand nervös auf dem Rücken des rechten Handgelenks. »Ich wüsste nicht, inwieweit unsere Firma in ein Verbrechen verwickelt sein könnte.«
»Wir haben diverse Immobilienkäufe in den 1980er überprüft. Ihre Firma hat in dieser Zeit einiges an Besitz erworben. Sie waren noch ziemlich jung damals, oder?«
»Ja, das stimmt. Ich war nicht einmal 20.« Über Münzenbergs Gesicht huschte ein Ausdruck von Stolz.
»Nehmen Sie es nicht persönlich: Woher nimmt man als Teenager genügend Geld, um ein Dutzend Häuser im Friesenviertel zu kaufen?«
»Ich hatte ein gutes Geschäftskonzept. Damals konnte man ein Geldinstitut damit noch überzeugen, heutzutage würden Sie ausgelacht, wenn Sie als 18-Jähriger zu einer Bank gingen, um einen Kredit für Immobiliengeschäfte aufzunehmen.«
»Tut mir leid, dass ich nachhake. Ich verstehe von Immobiliengeschäften so wenig wie von Kunst. Sie haben Ihre Käufe damals mit Krediten finanziert?«
Der Mann nickte.
»Können wir die Kreditverträge einsehen?«
»Tut mir leid, das ist nicht mehr möglich. Die Aufbewahrungsfristen sind schon lange abgelaufen. Wenn wir nicht hin und wieder Unterlagen vernichten würden, schleppten wir viel zu viel Ballast mit uns herum.«
»Wie schade«, Paula schlug mit den Händen auf die Oberschenkel, »manchmal will man sich von seiner Vergangenheit wirklich so schnell wie möglich trennen, nicht wahr? All dieser Ballast, wie Sie sagen.«
Münzenbergs Augen schossen zwischen Paula und seinen Knien hin und her.
»Das Dumme ist, es gibt Hinweise, dass Ihre Firma mit Geldern aus nicht ganz legalen Quellen finanziert wurde. Außerdem vermuten wir, dass es bei den Käufen nicht immer mit rechten Dingen zuging. Sicher haben Sie die Kaufverträge von damals noch. Das sind doch Eigentumsnachweise, oder?«
»Als Eigentumsnachweis dient eigentlich der Eintrag im Grundbuch.«
»Trotzdem haben Sie die Verträge sicher noch?«, hakte Paula nach. Keine Antwort ist auch eine Antwort, dachte sie nach einigen Sekunden Schweigen.
»Ob wir uns die wohl einmal anschauen dürften?«
»Was glauben Sie in unseren Verträgen zu entdecken? Da steht ja nichts darüber, woher das Geld stammt. Dass es gezahlt worden ist, davon können Sie ausgehen.«
»Oh, auf die Idee, dass gar keine Gelder geflossen sind, bin ich noch gar nicht gekommen!« Paula sah zufrieden zu, wie sich Münzenbergs Gesicht rötete. Sie setzte nach. »Jetzt mal im Ernst: Sie haben Ihr Geld nicht von der Bank, sondern aus den miesen Geschäften Ihres Vaters Helm Münzenbergs, ein Zuhälter übelster Sorte, und Sie haben Ihre ersten Immobilien nicht billig bekommen, weil Sie clever waren, sondern weil Ihr Vater massiven Druck auf die Besitzer ausgeübt hat. Ihr ganzes ›Konzept‹ war eine einzige große Geldwaschtrommel.« Scharenberg hätte sie fu ̈ r diese Sätze wahrscheinlich geliebt. Ihr Gesprächspartner tat das nicht.
»Das stimmt nicht!«, brüllte er, stand auf und stellte sich mit dem Rücken zu ihr an das Fenster, von dem sich ein weiter Blick auf Altstadt, Dom und Rathausturm bot.
Paulas Stimme war die Ruhe selbst. »Das stimmt. Oder wissen Sie einen anderen
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