Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)
Augen strahlten.
»Klar, kann ich alles sagen.«
»Gut!« Marlon richtete sich auf.
»Dann ist es kein Problem, den Fundort zumindest bis auf ein paar hundert Meter
einzugrenzen.«
»Sicher?« Paula hatte mehr erreicht,
als erhofft.
Marlon nickte entschieden. »Sicher!«
»Das schaffst du nicht«, warf Peter
in die Runde.
Marlon blickte ihn scharf an. »Das
schaffe ich. Wetten?«
»Um was?«, schoss es aus Peter raus.
Marlon hielt einen Bierdeckel in
die Höhe, auf dem sich eine beachtliche Menge von Strichen und Zahlen angesammelt
hatte, Belege eines sehr alkoholgeschwängerten Abends. »Darum!« Die anderen nickten
begeistert. Schließlich konnten sie nur gewinnen. Paula Wagner wäre am liebsten
sofort aufgesprungen, um mit der Arbeit zu beginnen. Marlon Schlüssel orderte stattdessen
die nächste Runde.
15
Mit dem großen Pflaster über der Augenbraue war Marius Sandmann ein
echter Blickfang, als er die ›Viertelbar‹ in Nippes betrat. Vom Eingang ging es
vier Stufen in einen kleinen Raum im Souterrain hinab. Pia Eckstein saß auf der
erhöhten Bank an der linken Wand, die Beine in den grauen Stiefeln übereinander
geschlagen, die roten Haare leuchteten vor der blassbraun gemusterten Tapete. Wie
die wenigen anderen Gäste sah sie ihn überrascht an. Marius hatte überlegt, ob er
ihr absagen sollte, er fühlte sich gerade nicht nach einer Verabredung und wollte
lieber allein sein, versuchen herauszufinden, was er eben in der Turnhalle eigentlich
getan hatte. Doch vielleicht war ein Abend in Gesellschaft die bessere Alternative.
Außerdem hatte es ihn gefreut, dass Pia Eckstein seine E-Mail mit dem Vorschlag,
sich noch einmal zu treffen, schon nach wenigen Minuten mit einem ›Ja, gern!!‹ beantwortet
hatte.
»Was ist denn mit dir passiert?«,
fragte sie besorgt und musterte interessiert das Pflaster. »Lass mal sehen!«
»Ich bin die Treppe heruntergefallen«,
erwiderte Marius und versuchte sich an einem unschuldigen Blick.
Vorsichtig nahm sie Marius Gesicht
in die Hände. »Wenigstens hast du es nicht selber verarztet. Das sieht nach einer
professionellen Arbeit aus und ich nehme nicht an, dass man das auf der Detektivschule
beigebracht bekommt. Oder wo immer du deinen Job gelernt hast.«
»Nein, das war ich nicht. Alles
kann ich nicht.«
»Wundert mich nicht. Wenn du nicht
mal eine Treppe heruntergehen kannst.« Ein hagerer Kellner mit akkurat gescheiteltem
Haar, der in seinem weißen Hemd und der schwarzen Weste in dieser Bar seltsam fehl
am Platz wirkte, baute sich neben Marius auf und blickte erst zu ihm und dann auf
Pias leeres Glas.
»Noch etwas zu trinken, die Herrschaften?«
»Für mich noch ein Kölsch!«
Marius bestellte einen Orangensaft.
»Orangensaft? Hast du Medikamente
genommen?«
»Nein, ich trinke nur keinen Alkohol.«
Erstaunlich, wie schnell dieses Thema immer wieder aufkam. Dabei gab es keinen wirklichen
Grund für seine Abstinenz. Er trank einfach nicht. Das war alles. Den meisten Menschen
war das allerdings als Erklärung zu wenig.
»Vernünftig.«
»Das klingt fast abwertend«, antwortete
Marius.
»Das klingt fast beleidigt«, konterte
die Rothaarige. »Jetzt erzähl’, was tatsächlich mit deinem Auge passiert ist!«
Marius Sandmann hatte nicht wirklich
Lust darüber zu reden. Später vielleicht. Erst einmal musste er verstehen, was passiert
war. Und sich überhaupt daran erinnern. »Lass uns über etwas anderes reden. Wieso
fängt eine Krankenschwester ein BWL-Studium an?«
Pia Eckstein hob belustigt die Augenbrauen,
bevor sie antwortete. »Zur Krankenschwester hab ich nur die Ausbildung gemacht.«
Sie grinste breit. »Vermutlich, weil den meisten Männern einer abgeht, wenn sie
das erfahren. Krankenschwestern scheinen irgendetwas Fantastisch-Erotisches an sich
zu haben.«
»Das hat es.« Marius grinste seinerseits.
»Aber was genau, willst du gar nicht wissen. Warum hast du den Job aufgegeben?«
»Weil ich nicht den Rest meines
Lebens eine wandelnde Männerfantasie bleiben wollte?« Pia machte eine kurze Pause.
»Im Ernst, warum wohl? Schlecht bezahlt, keine Perspektive, miese Arbeitszeiten,
such es dir aus. Als ich das Abi hatte, wollte ich irgendetwas machen, womit ich
den Leuten helfen kann und auf noch mehr Lernen hatte ich keinen Bock. Da habe ich
die Ausbildung zur Krankenschwester angefangen. Und was ich anfange, bringe ich
zu Ende«, schob sie hinterher.
»Und jetzt BWL?«
Pia Eckstein lachte. Ein helles,
leicht klirrendes Lachen, das die
Weitere Kostenlose Bücher