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Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Titel: Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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ihr eine Nachricht zu hinterlassen, entschied sich jedoch
dagegen. Nur um kurze Zeit später wieder anzurufen und sie um Rückruf zu bitten.
Dann zog er sich die Jacke an und verließ das Büro. Ein mulmiges Gefühl begleitete
ihn hinaus.

16
    Um halb acht am nächsten Morgen stand Paula Wagner erneut vor dem Rechtsmedizinischen
Institut. Sie schellte und Marlon Schlüssel kam nach einigen Minuten durch den dunklen
Flur zur Glastür und ließ die Kommissarin herein. Er trug dieselben Klamotten wie
am Abend zuvor. Sie hatte sich nach zu wenig Schlaf kalt geduscht – das Einzige,
was ihr an solch einem verkaterten Morgen überhaupt half –, und in Jeans, dicken
Pullover, Regenjacke und feste Stiefel gekleidet. Sie ging davon aus, dass Schlüssel
mit ihr am Rheinufer herumturnen und Spuren suchen würde. Dankbar nahm Schlüssel
einen der beiden Pappbecher mit Kaffee entgegen, die Paula mitgebracht hatte. So
viel Zeit, kurz in eine Bäckerei hineinzuhuschen, hatte sie trotz der frühen Stunde
aufbringen können. Zu ihrer Überraschung führte der junge Forensiker sie in sein
Büro, wo ein altmodischer PC sie erwartete. Paula zauberte eine Tüte mit Croissants
und Weckchen hervor. Sie hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass Schlüssel irgendetwas
Essbares im Institut hatte, und ohne Frühstück wollte sie nicht an den Rhein fahren.
Sie schaute sich im Büro um. Ihr Blick fiel auf einen leidlich bequemen Sessel,
auf dem Marlons Jacke lag und ein Kissen an der Lehne verrutscht war.
    »Hast du hier geschlafen?«, fragte
sie.
    »Ein wenig, ich habe noch ein paar
Sachen berechnet.« Der Forensiker deutete auf den Bildschirm, auf dem Zahlenkolonnen
grün auf schwarz blinkten, die Paula nichts sagten.
    »Was ist das?«
    »Ich habe ein kleines Programm geschrieben,
um deine Aufgabe zu lösen.«
    »Heute Nacht?«
    Marlon nickte stolz. Er schob den
Sessel, der die einzige weitere Sitzgelegenheit in dem kleinen schmucklosen Büro
war, näher an den Schreibtisch, sodass die Kommissarin sich setzen und ihm bei der
Arbeit zusehen konnte.
    »Ich wusste gar nicht, dass Forensiker
programmieren können?«
    »Nicht alle, ich schon«, antwortete
der schlaksige junge Mann sichtlich stolz.
    »Aber ich bin noch nicht ganz fertig«,
fügte er an. »Wenn du noch ein paar Minuten Zeit hast, rechne ich dir das alles
durch.«
    Darauf ließ sich Paula gerne ein.
Sie beobachtete aufmerksam, wie Marlon Schlüssels schlanke, leicht knochige Finger
über die Tasten hüpften und sich in Folge die grünen Zahlenkolonnen, Buchstaben
und Zeichen auf dem alten Bildschirm immer neu zusammensetzten. Das Institut erwachte
langsam zum Leben. Während sie mit den Augen den Zeichen auf dem Monitor folgte,
hörte sie auf die Geräusche im Flur, in der Hoffnung, nicht Volker Brandts energische
Schritte hören zu müssen. Dem wollte sie nicht erklären müssen, was sie hier tat.
Schlüssel hielt mit einem Mal inne, nahm die Hände von der Tastatur, klickte zweimal
auf die Maus und lehnte sich sichtlich zufrieden, die Arme hinter dem Kopf verschränkt,
auf seinem Stuhl zurück. Die Lehne ächzte leicht unter dem gar nicht so schweren
Körper.
    »Jetzt müssen wir nur noch warten.«
    Paula konnte auf dem Bildschirm
keinen Unterschied zu vorhin erkennen. Zahlen, Buchstaben, Zeichen rannten in drei
Reihen auf dem Bildschirm herunter. »Ich verstehe gar nichts«, gestand sie.
    Schlüssel lächelte selbstzufrieden
und erinnerte dabei stark an seinen Chef. »Warte noch einen Moment.«
    Tatsächlich endete das Wettrennen
der grünen Zeichen nach einigen Minuten. Stattdessen erschien auf dem Bildschirm
eine dreizeilige Information, die Paula als Programmcode identifizierte, ohne ihn
zu verstehen.
    Schlüssel griff nach Stift und Papier
und kritzelte eine Berechnung hin. »Jetzt bräuchten wir einen Stadtplan«, sagte
er.
    Paula griff nach ihrer Tasche und
holte einen Falk-Plan hervor, den sie vor Jahren gekauft hatte, als sie nach Köln
gezogen war und den sie in der letzten Nacht aus einer Kiste auf ihrem Kleiderschrank
hervorgekramt hatte. Sie hatte den völlig verknitterten Plan lange nicht mehr gebraucht.
Wenn sie einmal an einem Ort gewesen war, fand sie immer wieder hin. Selbst in einer
Stadt von der Größe und Verwinkeltheit Kölns. Ihre Kindheit hatte sie auf dem Land
verbracht, zur Schule war sie mit dem Bus nach Erlangen gefahren, dessen schnurgerader
barocker Grundriss das Zurechtfinden erleichterte. Köln war im Vergleich dazu eine
chaotische Stadt, doch sie

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