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Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Titel: Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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Sie wissen Bescheid?«
    »Ich wollte gerade von Ihrer Frau
wissen, ob es sich tatsächlich um Ihren Sohn handeln könnte.« Ökçan schwieg eine
lange Zeit.
    »Herr Ökçan?«, insistierte er.
    »Zuerst habe ich geglaubt, es wäre
eine Fälschung. Ich war mir ganz sicher. Die Qualität ist miserabel. Seine Augen,
das sind nicht die Augen unseres Sohnes.«
    »Jetzt sind Sie sich nicht mehr
sicher?«
    »Haben Sie das Video vor sich?«
    »Ja, ich kann es noch einmal abspielen.«
    »Wenn Sie auf seine linke Hand achten,
sehen Sie eine Brandnarbe. Die hat er sich als Kind zugezogen, als er mit dem Chemiebaukasten
gespielt hat. Er ist in die Luft geflogen.«
    Seine eigene Stimme erschien ihm
tonlos, als der Detektiv nachhakte. »Wie alt war Ihr Sohn, als er mit so einem Baukasten
experimentiert hat?«
    Ökçan zögerte mit der Antwort. »Es
tut uns leid«, sagte er schließlich, dann legte er auf.

33
    »Er ist hier.«
    »Wer?«
    »Rolf. Rolf Schuster. Wir haben
ihn gesehen.«
    Eckhard Binholds Stimme klang völlig
anders als bei ihrem letzten Gespräch. Aufgeregter, aufgekratzter, wenn auch nicht
lebendiger. Er erwischte Marius bei einer Wohnungsbesichtigung am Ehrenfeldgürtel.
Der Makler bestand auf einer Verdienstbescheinigung, und Marius verlor damit das
Werben um diese Wohnung an ein zufrieden und ein wenig schadenfroh grinsendes Paar
Anfang 20.
    »Wo haben Sie ihn gesehen?«
    »Er stand direkt vor unserem Haus.
Auf der anderen Straßenseite und hat zu uns herübergeschaut.«
    »Sind Sie sich sicher, dass es Schuster
war?«
    »Meine Frau ist sich sicher.«
    »Sie selbst haben ihn nicht gesehen?«
    »Nur von hinten, er ging weg, als
er bemerkte, dass ihn jemand beobachtete.«
    Marius war alarmiert. »Das ist unmöglich.
Schuster ist in Kunduz auf einem Einsatz.«
    »Steht das fest?«
    »Ich habe mit ihm per Mail Kontakt
gehabt. Er lässt sie grüßen.«
    »Dann hat sich meine Frau wohl geirrt.
Es tut mir leid, dass ich Sie belästigt habe.«
    Nachdem sie sich verabschiedet hatten,
lief Marius weiter zur Haltestelle der Bahn, die vor seiner Nase davonfuhr. An der
roten Ampel wartete ein freies Taxi, Marius sprintete hin und sprang in den Fond.
Er bellte dem erschrockenen Taxifahrer beinahe die Adresse in Klettenberg zu und
versprach einen Zehner extra, wenn er innerhalb von zehn Minuten dort sei. Als das
Taxi losfuhr, brummte sein Handy und meldete ihm eine SMS: ›Ganz schnell: IP Köln!!!‹,
las Marius. Nicht ahnend, dass Paula Wagner diese vier Worte ein Abendessen in Gesellschaft
eines System-Administrators kosten würden, schrieb er nur zwei Worte zurück: ›Ich
weiß‹. Nur wenige Augenblicke später brummte das Mobiltelefon erneut. Paula Wagner
hatte die Anzahl an Wörtern ihrerseits halbiert: ›Arschloch‹. Der Detektiv grinste.
Sein Telefon klingelte erneut. Er rechnete mit der Kommissarin, aber die Nummer
war eine andere.
    »Bitte kommen Sie schnell! Er war
wieder da!«
    »Stand er wieder vor Ihrem Haus?«,
fragte Marius.
    »Nicht nur das«, sagte der Mann,
»dieses Mal habe ich ihn sogar fotografiert.«
    Eine Viertelstunde später saß Marius
an einem sorgfältig gebeizten Küchentisch in Köln-Klettenberg und schaute auf den
Ausdruck eines nicht sehr scharfen Handyfotos. In Gedanken verglich er den Mann,
der so starr gegenüber des Binhold’schen Hauses stand, mit den Bildern in der Schrankwand
im Wohnzimmer der Schusters. Ja, er war es, kein Zweifel. Der Mann, der ihm gestern
Abend aus Kunduz geschrieben hatte und der heute, keine zehn Stunden später, vor
einem Haus in der Kölner Petersbergstraße stand. Binhold musterte Marius aufmerksam.
    »Ich möchte, dass Sie ihn finden.«
    »Warum?«
    »Er ist … er war der Freund unserer
Tochter. Er gehört zu unserer Familie«, sagte der Mann bestimmt.
     
    Das Zimmer irritierte Marius Sandmann. Er saß auf einem kleinen, rotweiß
gemusterten Bürostuhl mit dem Emblem des 1. FC Köln, sein Gesprächspartner hockte
auf einem Kastenbett aus dem gleichen, weichen hellen Holz, aus dem auch die Regale,
der Schreibtisch und der Kleiderschrank gefertigt waren. An den Wänden hingen Poster
und Bilder, vornehmlich von Frauen, Popstars, Models – die Auswahl schien weniger
nach den Personen, sondern eher nach der Menge an Stoff, die sie verhüllten, gemacht
worden zu sein: Je weniger, desto eher bestand die Chance, die Wand zu verzieren.
    Auf dem Bett lag der Mann, mit dem
der Detektiv reden wollte. Er trug eine Tarnhose und ein weißes T-Shirt, sein Gesicht
war

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