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Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition)

Titel: Kölner Totenkarneval: Sandmanns zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Keller
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unrasiert, die Haare kurzgeschoren. Unschwer erkannte Marius in ihm einen der
Männer von den Bildern in Schusters Wohnzimmer. Er wirkte körperlich durchtrainiert
und fitter als Marius selbst; und er wirkte zu groß für dieses enge, schmale Zimmer.
Zu groß und zu alt. Der Detektiv wusste, dass der Mann Anfang 30 war, aber wenn
er ihm in die Augen blickte, hatte er das Gefühl, einen 60-Jährigen anzuschauen.
Jörg Martins war laut Schusters Eltern Rolfs bester Freund, mit ihm zusammen aufgewachsen
und zur Bundeswehr gegangen. Gemeinsam, das hatte ihm Martins bereits bestätigt,
waren sie in den vergangenen Jahren in den verschiedensten Kriegs-und Krisengebieten
im Einsatz gewesen. Seit mehreren Wochen jedoch war Martins dienstuntauglich geschrieben.
Der Soldat lag auf dem Bett, schaute an die Decke und rauchte. Zwei Aschenbecher
am Kopfende des Bettes quollen bereits über.
    »Du würdest es nicht verstehen.
Du warst nicht dabei.« Marius hatte versucht, von Martins etwas über die Einsätze
zu erfahren, die Schuster und er gemacht hatten. Doch Martins war wortkarg geblieben.
»Für Schuster muss es noch schlimmer sein. Du ziehst in ein fremdes Scheißland,
das nur aus Sand und Dreck besteht, kämpfst gegen Terroristen, die überall sein
können, und hältst dich daran fest, dass das zu irgendetwas nutze ist, was du da
unten tust. Und dann kommt einer dieser Scheißkerle an, und sprengt sich mit deiner
Freundin zusammen in die Luft. Mitten in Köln.«
    »Es muss ihn ziemlich mitgenommen
haben. Immerhin haben sie euch kurzfristig nach Köln zurückgeholt.«
    Der Mann blickte weiter starr und
desinteressiert an die Decke, als er antwortete. »Wir sind seit Mitte Oktober zurück.
Schuster war in einer Klinik, nachdem wir aus Afghanistan rauskonnten.«
    »Seit Mitte Oktober?« Im Garten
hinter dem Haus fiel eine Holzplatte krachend zu Boden. Martins sprang aus dem Bett,
presste sich eng an die Wand und atmete schnell und schwer.
    »Alles in Ordnung, da ist nur etwas
umgefallen«, versuchte Marius ihn zu beruhigen. Er war sich nicht sicher, ob seine
Worte den Mann erreichten.
     
    »Danke, dass Sie sich so kurzfristig Zeit genommen haben.« Der Arzt
hinter dem Schreibtisch aus hellem Holz nickte freundlich, statt zu antworten. Nachdem
Jörg Martins sich wieder beruhigt hatte, hatte Marius sich die Adresse der Klinik
geben lassen, in der Rolf Schuster behandelt wurde, und dem Veteranen zugehört,
wie er in Jugenderinnerungen mit Schuster schwelgte. Ob er darin den einen oder
anderen Hinweis fand, wusste er noch nicht. Die Klinik erschien ihm zunächst die
bessere Anlaufstelle.
    »Ich würde sehr gerne mit Rolf Schuster
sprechen. Er ist Patient in Ihrer Klinik.«
    »War.« Dass der Mann sehr leise
sprach und zum Nuscheln neigte, war ihm schon bei der Begrüßung aufgefallen. Jetzt
allerdings war er sich nicht einmal sicher, ob der Mann überhaupt etwas gesagt hatte
oder nur ein zustimmendes Geräusch von sich gegeben hatte.
    »Entschuldigen Sie, ich habe Sie
nicht verstanden.«
    »War«, wiederholte der Mann, drückte
die Fingerspitzen beider Hände aneinander und blickte den Privatdetektiv weiter
freundlich an. Sein weißer Haarschopf, das grau karierte Jackett und der hellbraune
Strickpullover darunter gaben ihm etwas von einem verwirrten Professor, und Marius
fragte sich gerade, ob Bild und Person nicht mehr miteinander zu tun hatten, als
es die Tätigkeit von Dr. Hermann Merkstein erwarten ließ. Immerhin war er Direktor
einer der führenden Kliniken, wenn es um posttraumatische Störungen ging. In den
vergangenen Jahren hatte Merkstein in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr und dem
Landesinnenministerium seine Klinik in der Voreifel zu einem Zentrum für PTS bei
Bundeswehrangehörigen und Polizisten ausgebaut. Das Sanatorium war entsprechend
finanziell üppig ausgestattet, das Gelände und einige in den letzten Jahren neu
entstandene friedlich in einen Park integrierte Gebäude zeugten davon.
    »Rolf Schuster war Patient in unserer
Klinik«, erläuterte Merkstein nach einer Weile schließlich und lehnte sich in seinem
großen Bürostuhl bequem zurück.
    »Ich verstehe. Vielleicht können
Sie mir sagen, wo ich ihn finde? Seine Eltern zum Beispiel würden sich über ein
Lebenszeichen ihres Sohnes sehr freuen. Immerhin machen sie sich Sorgen. Glauben
sie doch, ihr Junge kämpfe in Afghanistan gegen die Taliban.«
    »Oh nein, da kann ich Sie beruhigen.
Schuster kämpft nicht mehr. Zumindest nicht gegen die

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