König 01 - Königsmörder
antwortete ihm mit einem Kuss, der ihm genauso gründlich den Atem raubte, wie er zuvor ihren geraubt hatte. Dann ließ sie ihn los und umfasste sein Gesicht mit beiden Händen. In ihren Augen stand ein wilder Ausdruck. »Ich verstehe, warum du es tust, Asher. Gar ist dein Freund, und du liebst ihn. Aber lass die Liebe dich nicht blind gegen die Gefahr machen. Oder dich in ein falsches Gefühl von Sicherheit wiegen. Er mag dein Freund sein, aber zuerst ist er der König, und das wird er nicht vergessen. Vergiss du es auch nicht.«
Sie traf mit ihren Worten ungewöhnlich nah ins Schwarze. Um sein Gesicht vor ihr zu verbergen, zog er sie ein weiteres Mal an sich und seufzte, als ihre Arme sich um seinen Hals legten und sie mit den Fingern durchs Haar strich. »Es ist alles in Ordnung, Dathne«, flüsterte er. »Ich weiß, was ich tue.« Und er hoffte, dass sie ihm glaubte. Wünschte, er hätte es selbst glauben können. Für einen denkbar flüchtigen, wahnsinnigen Augenblick wollte er ihr sein unmögliches Geheimnis offenbaren.
Sie löste sich von ihm, halb lächelnd, halb stirnrunzelnd. »Was? Was ist los?« Nein. Es war undenkbar. Es wäre monströs gewesen, sie einzuweihen. Selbstsüchtig. Unfreundlich und gefährlich. Wie konnte er sie lieben und ihr Leben aufs Spiel setzen? Er schüttelte den Kopf. »Nichts. Ich sollte jetzt gehen. Mich ein wenig ausruhen, bevor das Wettermachen beginnt.« »Ruh dich hier aus.«
»Dathne, wenn ich bliebe, bezweifle ich, dass auch nur einer von uns beiden viel Ruhe bekommen würde.«
Sie versetzte ihm einen Boxhieb. »Sprich für dich selbst! Ich weiß, was Recht ist und was nicht.«
Er rieb sich die schmerzende Brust; sie hatte eine harte Faust, wenn ihr danach zumute war. »Nein. Ich meine, dass du mir früher oder später wieder wegen Gar in den Ohren liegen würdest, und dann würden wir zanken, und ich möchte den Abend nicht verderben.« Er zeichnete mit dem Finger die scharfe, klare Linie ihrer Wange nach. »Ich möchte dies hier nicht verderben.«
Er hielt ihre Hand in seiner umfangen, und sie berührte mit seinen Knöcheln ihre Lippen. »Das wirst du nicht tun.«
»Ich weiß, dass ich es nicht tun werde, weil ich jetzt gehe«, sagte er. »Ich wollte ohnehin noch mit Matt sprechen. Die Luft reinigen nach unserer letzten Begegnung. Wir sind einander aus dem Weg gegangen.«
»Mach dir keine Gedanken wegen Matt«, erwiderte sie und verzog das Gesicht. »Er wird darüber hinwegkommen.«
»Ja, aber ich nicht. Ich bin eine empfindsame Blume, ich«, sagte er und lachte, als sie ihn abermals boxte. »Au. Siehst du?«
Sie löste sich von ihm und öffnete die Tür. »Schön. Dann fort mit dir, Meister Blume. Ich sehe dich morgen früh.«
»Was, du begleitest mich nicht noch ein Stück?«
»Ich würde es tun, wenn du es verdient hättest.«
Dafür drückte er ihr noch einmal einen schnellen Kuss auf die Lippen und ließ sich von dem Ausdruck scheuer Freude auf ihrem Gesicht den ganzen Weg bis nach Hause wärmen. Wo er, da er in Bezug auf Matt die Wahrheit gesagt hatte, direkt zum Stallhof ging.
Matt war noch bei der Arbeit; er flickte in seiner Schreibstube ein beschädigtes Zaumzeug. Der Kanonenofen in der Ecke rülpste Wärme aus, und auf seinem Deckel blubberte ein Kessel. Asher trat die Tür hinter sich zu und ging zum Schrank. Er angelte sich einen Becher und den Teekrug und machte sich daran, sich eine Tasse aufzugießen. Matt fädelte, stumm wie ein Schwan, ein neues Stück gewachsten Fadens in seine Nadel. Asher seufzte, fügte seinem Tee einen Tropfen Honig hinzu und sagte, während er rührte: »Du hast mir erzählt, du seiest nicht in sie verliebt.«
»Bin ich auch nicht«, antwortete Matt nach einem kurzen Moment des Schweigens.
»Warum spielt es dann eine Rolle, wenn ich es bin?«
»Habe ich behauptet, dass es eine Rolle spiele?«
Verärgert warf Asher den Löffel beiseite. »Das brauchtest du auch nicht zu tun! Es stand dir auf dem Gesicht geschrieben. Also, willst du mir sagen, was los ist?« Matt starrte noch immer auf seine Naht hinab. »Gar nichts ist los.« »Ach ja?« Vorsichtig setzte er seinen Becher ab. »Warum willst du mich dann nicht ansehen, Matt? Was befürchtest du, das ich in deinen Augen sehen könnte, wenn du sagst: ›Ich liebe sie nicht‹?«
Jetzt schaute Matt ihn doch an. Er stieß seine Nadel in die Kugel des aufgewickelten Garns und stand auf. »Nichts. Und es geht mich nichts an, Asher, das hast du sehr deutlich gemacht. Also,
Weitere Kostenlose Bücher