König 01 - Königsmörder
alle.«
Sie würde es erfahren müssen, früher oder später. »Durm ist aufgewacht. Ich habe soeben die Nachricht erhalten.«
Jetzt verstand seine Frau. »Oh,
Conroyd!«
»Ja«, sagte er leise und gestattete sich ein denkbar winziges Lächeln. Ethienne fing sich wieder. »Wir dürfen nicht verzweifeln«, erklärte sie und stand von ihrem Musikhocker auf. »Es ist eins, dass er wach ist. Etwas ganz anderes ist die Frage, ob er unversehrt ist und in der Lage, als Meistermagier zu fungieren. Mein Lieber, gib die Hoffnung nicht auf. Du wirst eines Tages Meistermagier werden, ich weiß es.«
Sie hatte natürlich keine Ahnung, wo sein wahrer Ehrgeiz lag. Er hätte nicht im Traum daran gedacht, sich einer Frau wie ihr anzuvertrauen. Für sie war es schon Herausforderung genug, über seinen angeblichen Wunsch, Durms untergebenen Platz an Gars Seite einzunehmen, Stillschweigen zu bewahren. Er zuckte mit den Schultern. »Was immer geschieht, es wird Barls Willen entsprechen.«
Errötend betastete sie den heiligen Anhänger an der Kette um ihren Hals. »Natürlich.«
»Bitte, lass dich in deinem Spiel nicht stören, meine Liebe«, fügte er hinzu und deutete auf das Spinett. »Und ich werde dich morgen früh beim Frühstück sehen.«
Er entfloh ihrer enthusiastischen Verstümmelung einer beliebten Tanzmelodie und tauschte die Brokatrobe und die Pantoffeln gegen ein gedecktes Gewand mit dazu passenden Hosen und Stiefeln. Eingehüllt in einen schwarzen Umhang, mit einem tief in die Stirn gezogenen Hut, der seine Züge verbergen sollte, verließ er sein Stadthaus und hatte mit energischen Schritten bald den vornehmen Wohnbezirk von Altdorana hinter sich gelassen und den Weg zum städtischen Barlsgarten eingeschlagen.
Die Nacht war klar, und es war kein Regen angesetzt. Entsprechend dem gegenwärtigen Wetterplan – Bornes letztem – würde es noch fünf Tage keinen Regen in der Stadt geben. Die Temperatur sollte jedoch langsam fallen. Darum würde Gar sich bald kümmern müssen, oder der Gant würde nicht zufrieren und Dorana auf Schlittschuhpartien verzichten müssen. Wenn den Menschen dieses alljährliche Vergnügen vorenthalten blieb, würde Gar sich nicht lange solcher Beliebtheit erfreuen.
Bei dem Gedanken huschte ein Lächeln über seine Züge.
Die Erheiterung verblasste jedoch schnell. Ethiennes Optimismus war nicht viel mehr als Wunschdenken. Wenn Durm bisher überlebt hatte, konnte das das für ihn typische Pech bedeuten, dass der Mann vollkommen wiederhergestellt wurde. Und wenn das geschah würde jede Hoffnung, Gar in Misskredit zu bringen, zunichte gemacht werden. Durm würde den Sohn seines verstorbenen Freundes bis in den Tod behüten. Selbst wenn das bedeutete, auch diesen elenden Asher schützen zu müssen. Nein. Wenn er zuschlagen wollte – sich des Thrones, sich seines Schicksals bemächtigen –, würde es bald geschehen müssen.
Er kam an zwei Stadtwachen vorbei. Sie sahen ihn durchdringend an, erkannten ihn und nickten höflich, bevor sie weiter ihres Weges gingen. Er ignorierte sie. Zu Pferd oder mit der Kutsche war der Barlsgarten nicht weit; zu Fuß brauchte er über eine halbe Stunde, und als er das Westtor erreichte, war er vollkommen verschwitzt. So viel zu seinem Bad. Der von Blumen bedeckte Park lag in dem schläfrigen, frommen Bezirk der Stadt. Hier gab es keine Läden, keine Tavernen oder Restaurants, nur das langgestreckte Seminar der Barlskapelle, das Hospiz und bescheidene Quartiere für Geistliche, die zu alt oder zu gebrechlich waren, um ihren religiösen Pflichten im Königreich nachzukommen. Es war der perfekte Ort für ein Treffen, das am besten geheim blieb. Keine Fußgänger, keine lästigen Pferde oder Kutschen, in denen Menschen saßen, die seine Angelegenheiten nichts anging. All die kleinen Novizen und Barlssprecher lagen jetzt entweder fest eingemummelt in ihren Betten oder auf ihren knochigen Knien, um zu beten. Er war hier sicher.
Der Barlsgarten war zu allen Seiten umgeben von einem hohen, schmiedeeisernen Zaun mit vier Toren darin, aber soweit er wusste, waren sie nie geschlossen. Er schlüpfte durch das Westtor und wartete.
»Mylord! Mylord?«
Frawley. Hinter ihm ging hechelnd vor Anstrengung der rundliche Willer, dem der Schweiß übers Gesicht lief. Nach Knoblauch stank er auch. Der Geruch setzte sich mühelos gegen den Duft des Winterjasmins im Barlsgarten durch. Jarralt widerstand dem Drang, sich ein Taschentuch auf Mund und Nase zu drücken, und trat in den
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