König 01 - Königsmörder
atemlos und sah sie von der Seite an. »Ich habe dir gesagt, dass ich kein Ölgemälde bin, Kind.«
Ihre Wangen wurden heiß. »Es tut mir leid, ich wollte nicht unhöflich sein, ich…« Dathne hatte die Fingernägel so fest in ihr Fleisch gebohrt, dass nicht mehr viel fehlte, dass ihre Hände zu bluten beginnen würden. »Es tut mir leid.« Und es tat ihr nicht nur leid, dass sie die andere Frau angestarrt hatte. Alles tat ihr leid. »Ich weiß«, antwortete Veira und tätschelte ihr unter einer Decke verborgenes Knie.
Sie blinzelte, um wieder klar sehen zu können. »Du hast Matt gewarnt? Er ist in Sicherheit?«
»Er ist so sicher wie wir anderen auch«, erwiderte Veira.
»Ich habe das sehr ungeschickt gemacht«, flüsterte Dathne und klemmte die Fäuste zwischen die Knie.
Der Ausdruck auf seinem Gesicht, als sie sich auf Ashers Seite geschlagen hatte…
»Ich habe alles ungeschickt gemacht. Ich habe kein Recht mehr, Teil des Zirkels zu sein. Die Prophezeiung versagt, und es ist alles meine Schuld!«
Im flackernden Schein der Fackeln war Veiras Gesichtsausdruck ein Rätsel. »Das weißt du nicht, Kind. Du solltest dir nicht vorgreifen. Diese Angelegenheit ist erst beendet, wenn die Mauer gefallen ist, und als ich das letzte Mal hingeschaut habe, stand sie noch.«
»Dann sind wir nicht verloren? Das Königreich kann immer noch gerettet werden? Asher wird nicht…« Sie konnte den Satz nicht laut beenden. Wagte es nicht einmal, den Gedanken zu Ende zu denken.
»Ich hoffe nicht«, sagte Veira schließlich. »Wir werden unser Bestes tun, um ihn zu retten. Obwohl ich fürchte, dass seine Rettung einen schrecklichen Preis fordern wird.«
»Du hast einen Plan?«
Ein weiteres langes Schweigen.
»Ich habe eine vage Idee, die Ahnung einer Möglichkeit«, entgegnete Veira schließlich, ohne sie anzusehen. »Ich werde zu diesem Zeitpunkt noch nicht darüber sprechen. Zuerst muss ich mich mit anderen beraten und gründlich nachdenken.«
Und das klang alles andere als ermutigend. Es klang beängstigend. Gefährlich. Wie etwas, das wahrscheinlich scheitern würde. In Veiras sanfter Stimme klang eine Vorahnung von Kummer durch.
Sie hatte für einen einzigen Tag genug Kummer gehabt. »Ich kann mir nicht vorstellen, in einem Wald zu leben«, sagte sie und betrachtete den von Zweigen durchzogenen Himmel.
Veira lächelte und entblößte schief stehende Zähne. »Ich kann mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu leben. Nicht mehr.«
»Gefällt es dir?«
»Recht gut sogar. Ein Wald ist kühl. Still. Und es gibt immer frische Kaninchen, wenn ich Appetit darauf habe.«
»Ja, aber was
tust
du? Wie lebst du?« In all der Zeit, die sie und Veira einander kannten, hatte sie diese Frage nicht ein einziges Mal gestellt. Früher war es ihr nicht wichtig erschienen.
»Ich bin eine Trüffelsucherin«, antwortete Veira. »Was bedeutet, dass niemand mich fragt, warum ich so weit abseits des Dorfes lebe.
Warum ich so viel Zeit allein mit meinen Schweinen verbringe.« Ein raues Kichern. »Wohlgemerkt, die Schweine sind mehr zur Gesellschaft da. Ich habe einfachere Methoden, Trüffel zu finden, als mit einem Schwein an einer Leine durch den Wald zu stolzieren. Schweine sind gute Zuhörer. Besser als die meisten Menschen, die ich kenne.«
»Und die anderen Dorfbewohner? Was tun sie? Warum haben sie sich dafür entschieden, in solcher Einsamkeit zu leben?«
Veira zuckte mit den Schultern. »Es ist nur für Doranen einsam. Das Dorf ist ein glücklicher Ort, und die Menschen stehen einander sehr nahe. Es geht immer recht lebhaft zu. Und es gibt eine Vielzahl von Dingen, die man im Schwarzen Wald tun kann, Kind. Beeren sammeln. Pilze sammeln. Fallen stellen. Kräuter und Färbepflanzen sammeln. Süßsaft zapfen. Holz schnitzen. Uhren machen. Bienen halten – einige der besten Honigsorten des Königreichs kommen von unseren Bienen. O ja. Dieser Schwarze Wald ist voller Reichtümer für jene, die sich nicht vor der Dunkelheit fürchten.«
»Oh«, sagte sie und kam sich unwissend vor, hilflos. Sie hätte einige Bücher zum Verkaufen mitnehmen sollen… »Hm. Ich hatte keine Ahnung.«
»Es gab auch keinen Grund, warum du eine Ahnung hättest haben sollen, Kind«, erwiderte Veira wohlwollend. »Ist das Dorf groß?«
»Groß genug. Hundertvierzehn Familien nach der letzten Zählung.« Veira streckte die Hand aus und deutete nach rechts. »Dort drüben liegt es.« »Und wie wirst du meine Anwesenheit erklären? Ich habe immer gehört, dass
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