König 01 - Königsmörder
sich selbst noch ihre Pflicht jemals im Namen frivoler Liebe zusätzlich zu gefährden.
Aber dann war Asher gekommen, und plötzlich war die Liebe nicht mehr so frivol erschienen. Die Liebe war ohne Vorwarnung so notwendig geworden wie Luft zum Atmen.
Würde er sich freuen, wenn er entdeckte, dass er bald Vater werden würde? Würde sie überhaupt die Chance haben, es ihm zu sagen? Wenn dieser Rettungsversuch scheiterte, wenn das Böse triumphierte …
Nein.
Sie weigerte sich, sich von Zweifeln berühren zu lassen. Sie würden Asher unversehrt retten – die Prophezeiung würde nichts anderes zulassen. Sie hatte ihn gesehen, und er würde ihr die Lügen und das Schweigen verzeihen, und wenn seine Arbeit für die Prophezeiung getan war, würden sie sich irgendwo niederlassen und in dem brandneuen Lur, bei dessen Schaffung sie geholfen hatten, eine Familie sein.
Tränen brannten in ihren Augen und trübten ihre Sicht. Sie würde ein
Baby
bekommen.
Draußen vor dem Haus wurden die Schatten länger. Die Abenddämmerung senkte sich über das Land. Matt kam auf der Suche nach etwas Essbarem herein. Sie stellte das Buch wieder auf das Regal und gab Matt einige Karotten zu schälen. Veira kehrte mit zwei frischen Kaninchen zurück, die bereits ausgeweidet und gehäutet waren. Sie machte sich daran, sie in Butter und Salbei zu braten, und so brach die Nacht herein.
Nachdem sie gegessen und den Abwasch erledigt hatten, erklärte Veira, dass sie um Mitternacht aufbrechen würden, dann zog sie sich in ihr Schlafzimmer zurück. Matt ging ebenfalls in sein Zimmer. Dathne setzte sich abermals ins Wohnzimmer, um zu lesen, gab den Versuch auf und blies die Laterne aus, um ein wenig zu schlafen, bevor sie aufbrechen mussten.
Der Schlaf entzog sich ihr. Ob mit geöffneten oder geschlossenen Augen, sie konnte nur diese Giftflasche sehen und den Ausdruck auf Veiras Gesicht, als sie sie verschlossen hatte. Schrecklicher Kummer. Furchtbare Entschlossenheit. Um Asher zu retten, musste jemand sterben.
Der Gedanke war entsetzlich und verfolgte sie so unbarmherzig, dass sie alle Hoffnung auf Schlaf aufgab und stattdessen in die Küche zurückkehrte. Veira packte gerade Brot, Käse und Kekse in einen grob gewebten Korb. »Da bist du ja, Kind. Ich wollte dich gerade wecken. Matt ist draußen und schirrt Bessie an.«
»Gut«, sagte sie und hielt Ausschau nach einem Becher. »Haben wir noch Zeit für eine Tasse Tee?«
Sie nahm einen Anflug von Zögern bei der alten Frau wahr, während Veira in der Schublade nach einem Brotmesser suchte. »Nicht für mich und Matthias. Wir müssen in der nächsten Viertelstunde aufbrechen.«
Sie blickte auf. »Das muss ich ebenfalls.«
Veira richtete sich, das Messer in der Hand, auf und schüttelte den Kopf. »Nein, Dathne. Du bleibst hier.«
»Hier? Ich denke, nicht! Ich soll allein bleiben, während du und Matt alle Risiken einer Rettung auf euch nehmt?«
»Du wirst nicht allein sein«, entgegnete Veira. »Du wirst die Schweine zur Gesellschaft haben. Und die Hühner ebenfalls. Vergiss nicht, sie zu füttern, oder sie werden mächtigen Lärm schlagen. Es gibt nur wenige Geschöpfe, die so reizbar sind wie Schweine und Hühner, wenn man sie zwingt, ohne ihr Abendessen ins Bett zu gehen.«
»Veira!«
»Es ist zu gefährlich, Kind. Du weißt, dass sie nach dir suchen werden.« »Und nach Matt!«, protestierte sie. »Aber wenn er in die Stadt zurückkehrt, warum kann ich es dann nicht?«
Veira atmete tief durch und schob das Brotmesser in den Korb. »Es ist besser, wenn du hierbleibst. Ich habe ein kleines Kunststück eingeübt, um die Wachen daran zu hindern, Matthias zu entdecken. Aber ich bin nicht stark genug, um das für euch beide zu tun.«
»Dann zeig es mir, und ich werde es selbst tun!«
»Nein«, sagte Veira entschieden und packte weiter den Korb.
»Nein?«, wiederholte sie und spürte, wie Zorn in ihr aufbrandete. »Ich bin Jervales Erbin! Du sagst nicht ›nein‹ zu
mir,
alte Frau!«
Die Küchentür wurde geöffnet, und Matt trat ein. »Hadere nicht mit ihr, Dathne. Wenn sie sagt, dass du nicht mitkommen darfst, dann akzeptier es einfach.« Sie drehte sich mit giftiger Miene zu ihm um. »Nicht ohne einen verdammt guten Grund!«
Dies trug ihr einen sengenden Blick von Veira ein. »Ich sage es, und das ist Grund genug! Du magst Jervales Erbin sein, aber die Prophezeiung hat dich hierhergebracht, und hier habe
ich
das Sagen! Also halt den Mund, wenn du nichts Nützliches damit
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