König 01 - Königsmörder
Finger ineinander–krallen, um sich daran zu hindern. »Nicht Gar«, erwiderte er eisig. »Seine Königliche Hoheit, der Prinz. Wenn Ihr ihn noch einmal wie einen gewöhnlichen Mann beim Vornamen nennt, werdet Ihr es bereuen.«
Willers Augen zogen sich zu hässlichen Schlitzen zusammen. »Wenn Ihr mir noch einmal droht, wird das Euer Ende sein«, zischte er. »Bolliton spielt keine Rolle mehr. Ihr seid ein alter Mann, der in Diensten eines mittellosen, irregeleiteten, verkrüppelten Ausgestoßenen steht, während
ich
der persönliche Gehilfe des Königs bin. Sein starker rechter Arm. Sein vertrauter Gefährte.« »Ihr meint, sein Lakai«, höhnte Darran. »Sein katzbuckelnder Laufbursche. Also, was ist nun mit der Nachricht? Gebt sie mir, und ich werde sie Seiner Hoheit bringen.«
Will schob sich an ihm vorbei. »Ich werde mich selbst darum kümmern. Tretet beiseite, alte Krähe. Mischt Euch nicht in die Angelegenheiten des Königs ein, es sei denn, Ihr hättet Lust, Ashers kaltes Stroh zu teilen.«
Darran versperrte ihm den Weg und beugte sich vor. »Seine Hoheit schläft, und ich werde nicht zulassen, dass er geweckt wird. Nicht von Euresgleichen. Und was Drohungen betrifft, Willer? Ich mache keine Drohungen. Nur dieses Versprechen. Peinigt meinen Prinzen über Gebühr – verursacht ihm nur für einen Herzschlag weiteren Schmerz –, und Ihr werdet nie wieder einen Tag Frieden haben. Ich werde Euch vernichten, und niemand wird mir dafür auch nur ein Haar krümmen.«
Was immer Willer in diesem Moment in seinem Gesicht sah, es musste überzeugend gewesen sein. Der kleine Wurm wurde totenbleich und trat einen Schritt zurück. »Also schön. Überbringt ihm die Nachricht selbst, mir ist es gleich. Seine Majestät befiehlt, dass Prinz Gar an der Hinrichtung des Verräters Asher teilnimmt. Heute Abend, eine halbe Stunde vor Mitternacht, wird eine Kutsche vorfahren. Der Prinz wäre gut beraten, pünktlich zur Stelle zu sein.« »Ich werde Seine Hoheit davon in Kenntnis setzen«, sagte Darran. »Und nun verschwindet.«
Noch lange nach Willers verschnupftem Abgang stand Darran in der Halle und fühlte sich krank. Fühlte sich alt und hilflos. Dann ging er, weil eine Verzögerung fruchtlos war, die Treppe zu Gars Gemächern hinauf und betete, dass er nicht weinen würde.
»Was gibt es?«, fragte Gar, ohne von Barls Tagebuch aufzublicken. Er war über und über voller Tinte: Seine Finger, sein Gesicht. Sein Haar durchzogen blaue Strähnen. Er hatte sich die Hände an seinem hübschen, rosafarbenen Seidenwams abgewischt und es für immer verdorben. Auf dem Schreibtisch lagen vollgekritzelte Blätter, und der Boden war übersät von beiseitegeworfenen Notizen. Er wirkte so angespannt wie ein Stück Draht.
Darran, der in der Tür stehen geblieben war und Angst hatte, näher heranzutreten, räusperte sich. »Eine Nachricht, Herr. Von Seiner Majestät.« Gar schrieb weiter, während er mit einem tintenbeschmierten Finger eine Zeile in dem Tagebuch verfolgte. »Ich bin beschäftigt. Erzählt es mir später«, erwiderte er mit gerunzelter Stirn.
»Ich denke, Herr«, sagte er vorsichtig, »ich sollte es Euch sofort erzählen.« »Dann tut es und geht weg! Seht Ihr nicht, was ich tue?«
Darran erzählte es ihm. Schnell, um es hinter sich zu bringen. Dann beobachtete er voller Widerstreben, wie Gar langsam die Bosheit von Jarralts Befehl aufging. Die Finger des Prinzen begannen zu zittern, und er ließ die Feder fallen. »Aha«, murmelte er ins Leere starrend. »Es ist nicht genug, dass ich ihn verdamme. Ich muss ihn auch sterben sehen. Oh, Conroyd, Conroyd… Hasst Ihr uns wirklich so sehr?«
Darran zog sich zurück und schloss die Tür, bevor es ihm unmöglich wurde, so zu tun, als habe er Gars Trauer nicht bemerkt.
Bis zum frühen Nachmittag hatte Bessie sie mit ihrem gleichmäßigen Trab ohne Zwischenfall bis zu der Abzweigung auf die Hauptstraße der Stadt gebracht. Jetzt herrschte durchaus Verkehr. Kutschen, Einspänner und Sattelpferde mit Olken, die sich alle in einem steten Strom in Richtung Dorana bewegten. Matt, dem inzwischen der Rücken schmerzte, starrte sie an, und immer wieder durchzuckte ihn zorniges Entsetzen. »Was ist nur los mit ihnen?«, fragte er Veira leise. »Wissen sie nicht, dass das, was sie sehen werden, Blutvergießen und Mord ist?«
»Ein vom Gesetz abgesegneter Mord«, sagte Veira. »Das ist ein Unterschied.« »Was für ein Unterschied?«, gab er zurück. »Ist das Blut, das vergossen
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