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König 01 - Königsmörder

König 01 - Königsmörder

Titel: König 01 - Königsmörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Miller
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Orrick hatte Humor.
    »Hah!«, sagte er und ging mit ein wenig leichterem Herzen auf die Tür zu. »Sehr witzig.«
    Pellen Orrick folgte ihm. Dann lächelte er kurz und mit einer trockenen Erheiterung. »Ich wusste, dass es Euch gefallen würde.«
    Ungestört von Kunden räumte Dathne gerade ihre Regale auf, als sie die ersten schwachen Klagerufe von der Straße vor ihrer Buchhandlung hörte. Sie drehte sich um und blickte durch das Schaufenster; ihre zutiefst bestürzten Nachbarn kamen wie Ameisen aus einem Haufen, in dem jemand mit einem Stock herumgestochert hatte, aus ihren Häusern gelaufen und bildeten stoßend und schubsend eine Traube um Fräulein Tattie aus der Bäckerei fünf Türen weiter. Fräulein Tattie wedelte hektisch mit den Händen, während sie sprach, und ihre vom Ofen geröteten Wangen waren tränenüberströmt.
    Dathne stockte für einen Moment der Atem, während Erleichterung mit Trauer rang. Aha. Die Neuigkeit war also heraus. Was bedeutete, dass dieses Geheimnis sie nicht länger belasten würde und sie sich stattdessen darum sorgen konnte, was ihr die Prophezeiung als Nächstes schicken würde, um sie zu prüfen. Nicht noch mehr Tote, hoffte sie inbrünstig. Drei Menschenleben – nun, vier, wenn man den armen Matcher mitrechnete – und fünf, wenn man Ashers Vater einschloss – waren bereits um einer ungewissen Zukunft willen geopfert worden. Um sicherzustellen, dass das, was geschehen musste, auch geschehen würde, damit Asher als der Unschuldige Magier wiedergeboren werden konnte.
Warum, Veira?
hatte sie die alte Frau am vergangenen Abend gefragt, nachdem sie ihr vom Schicksal der Königsfamilie berichtet hatte.
Warum sollte die Prophezeiung so viele Menschen töten müssen?
    Veiras Antwort durch den Zirkelstein war typisch gewesen.
Wir wissen nicht, ob dies das Werk der Prophezeiung ist, Kind. Aber wenn es so ist, dann solltest du wissen, dass es einen Grund gibt. Selbst wenn wir ihn in der Dunkelheit nicht sehen können.
    Während der Aufruhr auf der Straße draußen anschwoll, machte Dathne sich über das nächste Regal her. Ob es nun einen Grund gab oder nicht, ihr schien, dass die Prophezeiung unnötig grausam war. Gewiss hätte man die Ereignisse auch ohne Blutvergießen und Leid bewältigen können, ohne den Ausdruck auf Ashers Gesicht, als er in ihre ausgestreckten Arme gefallen war.
    In Erinnerungen verloren, spürte sie abermals sein Gewicht, als er sich an sie lehnte, sein knochentiefes Zittern unter ihren Händen. Hörte im Kopf zum tausendsten Mal, wie er ihren Namen flüsterte, als sei er ein Gebet, und ihr Gesicht mit den Augen aufsog. Frische Sehnsucht stieg in ihr auf, wie Saft in den Bäumen nach dem Winter…
    Nein.
Er war der Unschuldige Magier, und sie war die Erbin Jer–vales. Es stimmte, sie gingen zur selben Zeit denselben Weg, aber sie mussten allein reisen, ihre Hände durften sich nie berühren, ihre Herzen sich nie finden. Was sie empfand, war schlicht und einfach Gefühlsduselei, und dafür hatte die Prophezeiung weder Zeit noch Verwendung.
Sie
hatte dafür weder Zeit noch Verwendung. Gefühlsduselei würde erheblich mehr Menschen töten, als die Pro– phezeiung das jemals vermochte.
    Aber wie hart es war, ihn zurückzuweisen. Und es wurde von Tag zu Tag härter, denn jetzt kannte sie ihn. Kannte ihn
wirklich,
nicht nur als die lebende Verkörperung der Prophezeiung, sondern als Mann.
    Sie wusste, dass er gemalztes Bier lieber mochte als Hopfenbier. Geröstetes Huhn, keine in Soße zubereitete Ente. Er sang gern, hielt sich aber aus Barmherzigkeit in der Öffentlichkeit damit zurück. Seine Lieblingsfarben waren Grün und Blau. Er fand, dass Schauspielerei im Theater eine elende Zeitverschwendung war, konnte aber eine Stunde lang vor einer Marionettenbühne stehen, ohne zu bemerken, wie die Zeit verflog. Er hatte nichts übrig für Verstellung und Überheblichkeit oder für das aufgeblasene Gebaren von Gildemeistem und deren Lakaien, und doch schenkte er jenen Gildemitgliedern, die in einer Notlage zu ihm kamen, seine Zeit, seine Gunst und manchmal Geld. Er beklagte sich bitter, wenn man von ihm verlangte, historische Bücher gleich welcher Art zu lesen, warf aber heimliche Blicke auf die leuchtend bunt bebilderten Märchenbücher, die sie für Kinder in der Buchhand– lung ausliegen hatte.
    Er war rüde und grob und beißend und mitfühlend. Treu, unnachgiebig, ehrlich und gerecht. Seine Haut auf ihrer war reine Wonne, seine Stimme auf ihrer Türschwelle

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