König 01 - Königsmörder
Hühnerfett von den Fingern und beobachtete dabei weiter ihr Gesicht. »Dich auch?«
»Möchtest du noch mehr?«, fragte sie und beugte sich über den Korb. »Es ist reichlich da.«
Er hielt ihr seine Serviette hin, und sie füllte sie abermals. Elendes Frauenzimmer. Wenn sie geweint hätte, würde sie es ihm niemals sagen. Bedeutete das, dass sie ihm niemals gehören würde, wenn sie ihm nicht einmal so viel von sich selbst preisgeben konnte? Er hielt es für möglich. Verzweiflung machte ihn frösteln. Er konnte spüren, wie seine Träume und sein Verlangen nach ihr verblassten wie Nebel am Morgen. Einmal, nur ein einziges Mal wünschte er, er könnte ihr wahres Herz ergründen.
»Was ist?«, sagte sie und sah ihn an.
Er schüttelte den Kopf. »Nichts. Dies ist wirklich gut«, antwortete er und nahm noch mehr warmes Maisbrot, bevor er etwas anderes sagte. Etwas, das er niemals würde zurücknehmen können und das er mit ins Grab nehmen würde, um es für alle Ewigkeit zu bereuen.
»Es wird sich jetzt alles verändern«, sagte sie und beugte sich abermals vor, um in dem Korb zu stöbern. »Hast du darüber nachgedacht?«
Jeden verdammten Augenblick, im Wachen wie im Schlafen, seit dem Grauen von Salberts Horst. »Ein wenig.«
»Er wird jetzt keine Zeit mehr haben für die Verwaltung der Olkischen Angelegenheiten. Das Wettermachen wird ihn bei lebendigem Leibe verschlingen, geradeso wie es sie alle verschlingt.« Sie richtete sich auf. »Ich vermute, dass er dich bitten wird, endgültig an seine Stelle zu treten. Tribun für Olkische Angelegenheiten Asher. Asher von Dorana, statt von Restharven.« Die Worte waren eine Harpune zwischen seinen Rippen. »Du klingst wie der verdammte Matt«, sagte er, gröber, als er beabsichtigt hatte. »Also, ich werde dir sagen, was ich ihm gesagt habe. Dorana ist für den Augenblick mein Zuhause, nicht für immer.«
»Schön. Aber solange es ›für den Augenblick‹ ist, was wirst du tun?«, verlangte sie zu wissen. »Wenn der König dich bittet, ihm als sein Tribun zu dienen, was wirst du antworten?«
Er ließ den abgenagten Hühnerknochen und die butterfleckige Serviette in den Korb fallen. »Was glaubst du denn? Ich werde sagen, was ich immer sage, wenn er mich bittet, etwas zu tun«, murrte er. »Ich werde ja sagen.«
Sie beugte sich vor und berührte seine Hand. Jetzt lächelte sie, und der Ausbruch von vorhin war vergessen. Ein Schock durchzuckte ihn, ein Blitz an einem heißen Himmel. »Mach nicht so ein düsteres Gesicht. Es gibt schlimmere Dinge, mit denen man seine Zeit verbringen kann.«
»Nein, gibt es nicht«, entgegnete er und kämpfte gegen den Drang, die Finger, die ihn berührt hatten, zu ergreifen und bis zum Ende der Zeit festzuhalten. »Denn es bedeutet, dass ich Hand in Hand mit diesem verdammten alten Darran arbeiten muss, obwohl er und ich einander seit dem Tag, an dem wir uns das erste Mal begegnet sind, umbringen wollten. Und es immer noch wollen.« Sie lachte. »Oje. Das klingt für mich so, als würdet Ihr einen Gehilfen brauchen. Jemanden, der Euch vor ihm rettet… oder ihn vor Euch.«
»Natürlich werde ich einen verdammten Gehilfen brauchen!«, sagte er mit zornfunkelndem Blick. Dann griff er wieder in den Korb, nahm sich noch ein Stück Maisbrot, das inzwischen nur noch lauwarm war, und begann grimmig zu kauen. »Ich hätte einen gebraucht, seit Gar seine Magie bekommen hat und es mir überlassen blieb, die Scherben von allem anderen aufzulesen.« »Würde ich genügen?«
Es bedurfte eines ausgiebigen Hustenanfalls mit hochrotem Gesicht und einiger wohlplatzierter Schläge auf seinen Rücken, um das Maisbrot zu lockern, das ihm in die Luftröhre geraten war. Mit überquellenden Augen und heftig atmend, starrte er sie an.
»Du
willst meine… Hah! Das ist sehr komisch, Dathne!« Ihr Lächeln war beunruhigend: kühl und selbstbeherrscht und leicht herausfordernd. »Es ist kein Scherz.«
Er sah sie genauer an und stellte fest, dass sie die Wahrheit sagte. »Was ist mit deiner Buchhandlung?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Was soll damit sein? Ich kann jemanden einstellen, der die Bücher für mich verkauft. Ich habe das lange Zeit selbst getan, Asher. Vielleicht würde es mir gefallen, einmal etwas anderes zu machen.«
Er wischte sich die Hände an seinen Hosen ab, ohne sich um Fettflecken zu scheren. Wenn ihr plötzlich Hufe und ein Schwanz gewachsen wären, hätte er wohl kaum überraschter sein können. Dathne als Vizetribunin für
Weitere Kostenlose Bücher