König 02 - Königsmacher
Nacht irgendein furchtbares Fieber in seinem Leib getobt und ihm Fleisch und Muskeln von den Knochen genagt. Seine klaren, grünen Augen, Gars Augen, waren tief in den Schädel eingesunken, und die anfängliche Überraschung angesichts des Gefangenen, die seine hohlen Wangen gerötet hatte, war spurlos verschwunden. Jetzt sah Bornes Gesicht aus wie ein winterliches Schneefeld, kalt und rein, und alle Gefühle waren gefroren.
Gars Gesicht wirkte daneben wie ein loderndes Feuer; hinter seinen Augen brannten die Flammen leidenschaftlichen Abscheus; ihre Schatten flackerten, und ihre Hitze überzog seine Wangen mit dunkler Röte. Obwohl er reglos neben seinem Vater stand, schien es Asher, als zittere der Prinz, so gewaltig war die Anspannung in jeder Faser seines Körpers.
Was Durm und Jarralt betraf… sie ähnelten eher dem König. Ihre Mienen waren frostig, ihre Blicke voller Eis. Selbst Holze, der immer noch betete, wirkte mitleidlos. Timon Spake aus Grundberg hatte nur einen einzigen Freund auf diesem Podest, und Gar würde sich in solcher Gesellschaft niemals behaupten können, selbst wenn er den Wunsch gehabt hätte.
Wenn nicht die Gesegnete Barl selbst eingriff, war Timon Spake aus Grundberg dem Tode geweiht. Sechzehn Jahre alt, ohne das siebzehnte je zu erleben. Niemals würde er noch ein Mädchen küssen, die Brust einer Frau liebkosen oder einen milchsaugenden Sohn auf seinem Schoß wiegen. Nie wieder ein Frühling. Nur ein letzter Sonnenuntergang.
Was für eine Vergeudung.
Schließlich fand Holzes Gebet doch noch ein Ende. Der König sagte ernst: »Verlest die Anklage, Hauptmann Orrick.«
Orrick verneigte sich und entrollte ein knisterndes Pergament. »An diesem Tag, dem sechsten Tag des zweiten Sommermonats im Jahre sechshundertvierundvierzig nach Barl, wird behauptet, dass der Gefangene, ein gewisser Timon Spake aus Grundberg, am vierten Tag des zweiten Sommermonats im Jahre sechshundertvierundvierzig nach Barl vorsätzlich und aus freien Stücken Barls erstes Gesetz gebrochen hat. Das heißt, dass er vor Zeugen Magie gewirkt hat, und das in dem vollen Bewusstsein, dass er ein Olk ist und es ihm daher unter Androhung des Todes verboten ist, Magie zu benutzen.« Orrick blickte auf und betrachtete mit steinerner Miene der Reihe nach jeden der Anwesenden. »Wer immer diese Anklage bestreitet, möge jetzt sprechen oder für immer schweigen.«
Als niemand das Wort ergriff, nickte Borne. »Somit ist die Anklage verlesen und bestätigt und in die Unterlagen aufgenommen worden. Wer spricht gegen den Angeklagten?«
Einer der Männer, die Asher nicht kannte, trat vor. Feierlich gekleidet in dunkelbraunen Samt, ausstaffiert mit den Ketten seines Amtes und einer Feder, die auf seinem Hut wippte, verneigte er sich zuerst vor dem König, dann vor den übrigen Ratsmitgliedern.
»Eure Majestät, ich bin Brian Fletcher, Bürgermeister von Grundberg. Es waren meine Töchter, die im Wald auf diesen Mann gestoßen sind und so sein gotteslästerliches und verbrecherisches Tun beobachtet haben.«
Bornes Hände lagen ruhig auf seinen Knien. Er musterte den Bürgermeister von Grundberg schweigend und mit einem scharfen, kalten Blick. Als er zu sprechen begann, war sein Tonfall gelassen und sein Gehabe leidenschaftslos. »Und wo sind Eure Töchter jetzt, Bürgermeister Fletcher?«
»Daheim bei ihrer Mutter, Eure Majestät. Sie sind noch kleine Mädchen, elf und dreizehn Jahre alt. Ich habe dem Hauptmann der Wache ihre beeidigten und bezeugten Aussagen übergeben, wie das Gesetz es vorschreibt.«
»So ist es, Eure Majestät«, sagte Orrick. »Ich habe die Aussagen hier vorliegen.«
Ein Schatten der Besorgnis glitt über Bornes brutal hagere Gesichtszüge. »Und sind sich Eure Töchter ohne jeden Zweifel dessen sicher, was sie gesehen haben, Bürgermeister Fletcher? Wenn es um ein Kapitalverbrechen geht, ist auch ein zartes Alter keine Entschuldigung für falsche Anschuldigungen. Kinder haben viel Fantasie, Herr. Ich weiß es, ich habe selbst zwei. Bevor wir in dieser Angelegenheit fortfahren, frage ich Euch mit größtem Ernst und Nachdruck: Steht Ihr zu den bezeugten Aussagen Eurer Töchter? Wohlwissend, dass, sollte diese Anklage angefochten werden und der Angeklagte eine öffentliche Verhandlung verlangen, wie es sein Recht ist, Ihr und Eure Gemahlin gleichermaßen mit für die Aussagen Eurer Kinder verantwortlich gemacht würden, sollten diese sich als falsch erweisen?«
Das gerötete Gesicht des Bürgermeisters
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