König 02 - Königsmacher
unterwürfige Ehrfurcht. Nur Stolz und Verbohrtheit, und das, obwohl er bei seiner Ankunft in Dorana nichts gewesen war als ein ungebildeter Kerl, der mit Fischkadavern handelte und der das Glück gehabt hatte, sich an Seine Hoheit heften zu können wie ein Blutegel aus den Sümpfen. Mit hämmerndem Herzen und geballten Fäusten wartete Willer darauf, dass der Prinz den Emporkömmling bemerkte. Als ihre Blicke sich trafen, war es wie das Zusammenprallen von Felsbrocken, das Knarren von Eisschollen auf dem Gant im Winter. Asher war der Erste, der sich abwandte. Er warf dem gescholtenen Stallburschen die Zügel zu und machte sich anderswo zu schaffen, während Seine Hoheit dem Hof den Rücken zukehrte und Interesse an dem heuchelte, was der Wirt gerade vor sich hin brabbelte.
Eine warme, träge Wonne erfüllte Willer.
»Ihr lasst Euch Eure Gefühle nur allzu deutlich anmerken, Willer«, sagte Darran mit frostiger Missbilligung.
Solchermaßen ertappt, schoss Willer die Röte in die Wangen, und er strich unbeholfen über das vergessene Papier. »Nein, Ihr versteht das falsch, ich…« Darran zog seine spärlichen Augenbrauen hoch. »Ich verstehe nur selten etwas falsch. Übt Euch ein wenig in Selbstbeherrschung, mein lieber Junge. Der Mann, der sich selbst beherrscht, beherrscht die Welt.«
»Ja, Darran«, murmelte er und schob das zerknitterte Blatt wieder in seine Tasche.
»Ich bitte Euch«, tadelte Darran ihn, während er die dünnen Lippen zu einem Lächeln verzog. In seinen Augen leuchtete ein unvertrautes Feuer. »Dies ist keine Zeit, um zu schmollen. Unsere Geduld ist endlich belohnt worden, geradeso, wie ich es gesagt habe.«
Nach einem langen Augenblick der Verwirrung schüttelte Willer den Kopf. »Es tut mir leid, Darran, aber ich weiß nicht, was Ihr meint.«
Darrans Lächeln wurde breiter und entblößte schiefe Zähne. »Asher ist zurückgetreten.« Der Schreck raubte ihm den Atem, sodass er einige Herzschläge lang nichts anderes tun konnte, als Darran wie ein Schwachsinniger vom Land anzustarren, während ihm der Mund vor Ungläubigkeit offen stand. »Nein«, brachte er schließlich hervor.
»Nein!
Ich glaube es nicht! Das muss ein Irrtum sein!«
Darran sah ihn an. »Es ist nicht meine Gewohnheit, mich zu irren. Ich habe es von Seiner Hoheit selbst gehört, der, wie Ihr wahrscheinlich einräumen werdet, eine gewisse Vorstellung von seinen eigenen Angelegenheit hat.«
Zurückgetreten?
Asher war
zurückgetreten?
Aber so war das nicht geplant gewesen. So war das ganz und gar nicht geplant gewesen. Asher sollte durchschaut und vom Sockel gestoßen werden, die ganze Welt sollte seine Schande sehen und ihn dafür schmähen. Es war nicht so gedacht, dass er einfach… einfach… davonging. Nicht ungestraft. Nicht unversehrt. Wie konnte das sein?
Darran sagte mit offenkundiger Verärgerung: »Er wird nach dem Ende des Festes in Westjammer bleiben.« Und als Willer noch immer nichts anderes tun konnte, als ihn anzustarren, blaffte er: »Was ist los mit Euch? Unser größter Wunsch ist uns endlich erfüllt worden! Ashers roher, unziemlicher Einfluss bei Hof wird schon bald der Vergangenheit angehören. Er wird sehr schnell nicht mehr sein als die Erinnerung an einen üblen Geschmack im Mund, und was mich betrifft, so bin ich hocherfreut über diese Wendung der Ereignisse. Wenn Ihr klug seid, Willer, werdet auch Ihr hocherfreut sein!«
»Ja, Darran«, sagte Willer und verabschiedete sich mit einem scharfen Schmerz zwischen den Rippen von seinen Tagträumen, die sich um Ashers öffentlichen Niedergang drehten. »Natürlich, Darran. Wie Ihr sagt. Es ist das Beste so. Natürlich bin ich erfreut. Ich bin
sehr
erfreut.« Und er lächelte ein tapferes Lächeln, als sei ihm nicht im Mindesten übel vor Enttäuschung.
Auf dem Hof erhob sich Ashers Stimme über das allgemeine Getöse. »Also schön! Sitzt auf und steigt ein! Wir haben noch eine beträchtliche Strecke vor uns, und die Sonne steht nicht still.«
Willer machte es sich in seinem Kissen bequemer und nahm ein Buch hervor. Es war, wie er mit einem Anflug von Überraschung feststellte, ein kleiner Trost, dass Ashers Stimme genauso unglücklich klang, wie er es wegen seiner verlorenen Hoffnung auf Rache war. Gut, dachte er und strich grimmig mit dem Daumen über die Seite. Ich hoffe, dass er nach all diesen Tagen im Sattel Hämorrhoiden bekommen wird. Sie setzten die Reise schweigend fort. Es hatte sich verbreitet, wie es das immer tut, dass es zwischen
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