König 02 - Königsmacher
dem Prinzen und seinem Berater zu einer ernsthaften Verstimmung gekommen war. Und selbst wenn es sich nicht herumgesprochen hätte, hätte jeder, der sie auch nur ein wenig kannte, es an dem frostigen, ungewohnten Schweigen, an ihren hochmütigen Gesichtern und dem Abstand erkannt, in dem sie ritten. Die Stallburschen, die Köche und die Schankjungen tauschten allesamt beredte Blicke, zogen die Augenbrauen hoch und zuckten auf jene Weise mit den Schultern, die bei diskreten Dienstboten stets besagte: Was ist denn nun mit denen los? Keine Ahnung. Aber pass auf, was du tust, denn eins steht fest, er ist in übelster Laune.
Der Tag solcher Missstimmung zog sich in die Länge. Anderthalb Stunden nach ihrem Aufbruch erreichten sie die Küstenstraße und konnten das erste Mal das Meer sehen. Zu jeder anderen Zeit wären sie alle bei dem atemberaubenden Anblick wie angewurzelt stehen geblieben und hätten Asher atemlos angebettelt, ihnen Geschichten zu erzählen, die dem unglaublichen, unendlichen blauen Wasser angemessen waren.
Aber Asher beachtete das Meer kaum, ebenso wenig wie der Prinz, und damit war die Sache erledigt. Die Kavalkade trottete weiter: überhitzt, übermüdet und unglücklich.
Das Mittagessen war eine kurze und unerfreuliche Angelegenheit auf einem spärlichen Streifen salzigen, offenen Heidelands. Fremdartige, hässliche Büsche kauerten sich dicht an die Erde, so weit das Auge reichte; windgepeitschte Felsen von dunklen Purpur- und Rottönen stachen überall in der kahlen Landschaft hervor. Die Pferde waren unzufrieden, schlugen mit dem Schwanz nach Stechfliegen und schnappten mit ihren gelben Zähnen nach jedem, der dumm genug war, ihnen zu nahe zu kommen. Gar verzehrte seine Mahlzeit in einsamer Pracht unter einem Sonnenschirm. Asher verschlang im Schatten des Vorratswagens einen Brotkanten und einen Brocken Käse und wurde klugerweise in Ruhe gelassen. Nach dem Ausdruck auf seinem Gesicht zu urteilen, waren die Pferde und die Fliegen nicht die einzigen Geschöpfe, denen der Sinn danach stand zu beißen.
Sie rasteten nicht lange; Darran scheuchte sie binnen einer Stunde wieder auf die Straße, schwadronierte von Pünktlichkeit und erinnerte jeden daran, dass sie vor ihrer Ankunft in Westjammer noch einmal würden Halt machen müssen, damit alle in die frischen Kleider schlüpfen konnten, die für ihr offizielles Erscheinen in der Stadt mitgeführt wurden.
Nach zwei endlosen Wochen unterwegs war die Reise fast vorüber. Westjammer hieß sie mit offenen Armen, lächelnden Gesichtern und einer Blaskapelle willkommen, deren fünf überschäumend stolze Mitglieder sich vor dem mit Bändern geschmückten Podest des Bürgermeisters zusammendrängten. Es war am oberen Ende der Hauptstraße aufgebaut worden. Alle Fischer von Lur hatten sich eingefunden und säumten die lange, von der Stadt hinunterführende Durchgangsstraße; einige hockten auf Bäumen und Dächern oder beugten sich tollkühn aus offenen Fenstern, und alle brannten darauf, einen Blick auf den flachshaarigen Prinzen zu werfen, der aus jenem unvorstellbaren Ort stammte, aus Dorana. Die Luft war erfüllt von dem kräftigen Geruch von Salz und Fisch. Der Bürgermeister hielt eine barmherzig kurze Ansprache, dann begann die Kapelle zu spielen, während sich Seine Königliche Hoheit Prinz Gar und sein königliches Gefolge, allesamt frisch gewaschen und sorgfältig gekleidet, einen Weg zwischen den jubelnden Zuschauern bahnten. Der Bürgermeister mit seiner Frau und verschiedenen anderen einheimischen Würdenträgern schlossen sich ihnen an und sonnten sich im Glanz des Königshauses.
Gar zwang sich zu einem Ausdruck dankbarer Freude, winkte nach links und rechts und warf schließlich einen Seitenblick auf seinen finster dreinblickenden Gefährten. »Lächle«, sagte er. »So viel schuldest du mir.«
Asher brachte ein gehorsames, leeres Lächeln zustande.
Gar kämpfte die Kränkung nieder und wandte sich wieder der Menge zu. Er stieß einen Seufzer aus, der so sanft war wie die salzige Brise. All diese Menschen. All diese Aufregung. Sie bedeuteten nichts. Nichts. Sie würden einem Tanzbären mit der gleichen Begeisterung zujubeln. Und sie würden noch mehr jubeln, wenn das Tier auf seine fette, von Motten zerfressene Kehrseite fiel. Würde er morgen, während des Festes der Meeresernte, ebenfalls fallen? Und würden sie jubeln, wenn er das tat?
»Liebe Barl, wenn du mich hören kannst«, sagte er, die Lippen fest auf seinen Heilsring
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