König 02 - Königsmacher
verbrecherische Taten witterte, obwohl sie wusste, dass man die Gehirnkrämpfe höchstwahrscheinlich auf Spakes verbotenen Umgang mit Magie zurückführen würde. Wenn der Einsatz nicht so hoch gewesen wäre, hätte sie eine solch gefährliche Tat niemals auch nur erwogen. Aber wenn dieser Narr, Spake, zusammenbrach und versuchte, sich selbst zu retten, indem er mit dem Finger auf andere deutete…
Heftige Übelkeit würgte sie in der Kehle, eine Folge ihrer Nervosität und ihres Abscheus vor dem, was sie zu tun im Begriff stand. Im Vergleich zu anderen Giften war Drakonis relativ schmerzlos, aber dennoch…
Jerval, vergib mir, ich habe keine andere Wahl. Entweder ich mache mir jetzt die Hände ein wenig schmutzig, oder ich werde sie später in Blut getränkt sehen.
Am Ende des Gangs befand sich eine weitere Tür. Bunder wählte einen Schlüssel von dem Ring, den er bei sich trug, und schloss sie auf. Dann geleitete er Asher und Dathne hindurch.
Der Raum dahinter war klein und fensterlos. Den größten Teil davon nahm die eigentliche Zelle im hinteren Teil in Anspruch, die durch ein von Wand zu Wand reichendes Gitter aus Metallstäben abgetrennt war. Eine kleine, darin eingelassene Tür war mit einem schweren Vorhängeschloss gesichert. In der Zelle befanden sich eine Bank, ein Eimer und ein Mann. Der Boden war mit frischem Stroh ausgestreut. Durch zwei kleine, vergitterte Öffnungen gelangte frische Luft in den engen Raum, aber es war nicht genug, um den Gestank von Erbrochenem zu überdecken.
Als der Gefangene, der kraftlos auf dem Eimer hockte, sie eintreten hörte, sah er auf. Der erste Gedanke, der Dathne bei seinem Anblick durchzuckte, war:
Veira! Warum hast du mir nicht erzählt, dass er so jung ist?
Jung, schmächtig und von unauffälligem Äußeren. Sein Gesicht war kaum bemerkenswert, sein Kinn eine Spur schwach, seine Augen schlammbraun und sein schwarzes Haar auf wenig schmeichelhafte Weise über den ein klein wenig abstehenden Ohren abgeschnitten. Seine Nase war gesprenkelt mit Sommersprossen. Es war schwer, sich vorzustellen, dass er sich rasierte. Noch schwerer war es, sich vorzustellen, wie er die Worte verbotener Magie wisperte. Sie sah Asher an, der kraftvoll und schweigend neben ihr stand. Sein Gesichtsausdruck war ungerührt; sie lernte ihn langsam gut genug kennen, um zu wissen, dass sich dahinter tiefe Bestürzung verbarg. Bunder schloss jetzt die Tür und nahm davor Aufstellung, die Beine gespreizt und die Arme über der Brust verschränkt. Dathne, deren Finger sich um die Öffnung des Beutels krampften, holte tief Luft, um ihren Magen zu beruhigen, und wartete ab. »Wird Hervy kommen? Hervy Wynton?«, fragte Timon Spake unsicher. Er hatte eine angenehme Stimme, recht tief für einen jungen Mann, und sie zitterte nur ein wenig. »Er ist ein Freund der Familie. Er hat gesagt, er würde kommen.«
»Ich bin nicht derjenige, dem du diese Frage stellen solltest«, erwiderte Asher. »Ich komme vom Prinzen und soll mich davon überzeugen, dass man dich gut behandelt.«
Spake sackte ein wenig in sich zusammen. »Oh. Ich verstehe.« Mit einem Ächzen und einer Grimasse erhob er sich auf die Füße und drückte sich mit einer Hand auf den Bauch.
»Nun?«, fragte Asher. »Du hast Grund zur Klage, wie?«
»Nein«, antwortete Spake.
Asher blickte über seine Schulter. »Bist du sicher, dass du dies nicht nur sagst, weil er zuhört?« Er deutete mit dem Daumen auf Bunder.
»Nein«, sagte Spake abermals. Er war sehr bleich, und neben seinem rechten Auge zuckte ein Muskel. »Mir geht es gut.« »Hast du Hunger?«
Spake schauderte und blickte zu dem Eimer hinüber. »Nein. Sie haben mir vor einer Weile etwas zu essen gegeben, aber davon ist mir nur schlecht geworden.«
Eine Woge verachtungswürdiger Erleichterung schlug über Dathne zusammen. Das würde gewiss helfen, die Todesursache zu verschleiern; es würde darauf hindeuten, dass mit Spake schon etwas nicht gestimmt hatte, bevor sie bei ihm gewesen war… Es sei denn, er würde sich auch von den Küchlein übergeben müssen, bevor das Drakonis seine Wirkung tun konnte. Sie versuchte, sich ihre Sorge nicht anmerken zu lassen. Es ließ sich nicht ändern, daher konnte sie nur auf das Beste hoffen.
Das Beste,
während sie hier von Angesicht zu Angesicht vor dem Mann - dem Jungen -stand, den zu töten sie plante. Sie hätte sich ohne weiteres selbst übergeben können. Nicht zum ersten Mal wünschte sie, sie sei als ein ganz gewöhnlicher Mensch
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