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Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde

Titel: Koenig Arsch - Mein Leben als Kunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Wehrle
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allerdings die Durchsage, dass der Zug ausfällt. Daraufhin verschwand das Zugpersonal.«
»Cargo-Bedienungsfahrt stand vor einem haltzeigenden Selbstblocksignal. Der Fahrdienstleiter war nicht zu erreichen. Kommentar des Fahrdienstleiters: ›Ich musste mein Auto umsetzen.‹«
»Aufprall auf Vogel. Untersuchung des Stromabnehmers durch den Triebfahrzeugführer. Keine Schäden am Triebfahrzeug, aber am Vogel.«
»ICE 652: Kupplungsexperimente durchgeführt.«
»Triebwagenstörung, irrtümlich mit Olivenöl betankt.«
»Triebfahrzeugführer wegen Signalstörung durch Fahrdienstleiter über Zugfunk von zu erwartender verzögerter Einfahrt informiert. Triebfahrzeugführer reagierte sehr, sehr ungehalten und beschimpfte den Fahrdienstleiter auf das Übelste.«
»Triebfahrzeugführer des Regionalexpress musste das Triebfahrzeug suchen.«
    Und aus einem internen Datensatz der Bahn gehen für die Verspätungen an einem Julitag 2009 unter anderem folgende (hausgemachte) Ursachen für Verspätungen hervor: 21
verspätete Signalbedienung
Warten auf Zugpersonal
verspäteter Arbeitsbeginn Fahrdienstleiter
Fehlhandlung Fahrdienstleiter
Warten auf Triebfahrzeugführer
Fehldisposition Streckendisponent
Zugfahrt(en) ohne Zustimmung Zugdisponent
Kraftstoffmangel
    Aber solche Begründungen dringen aus den Lautsprechern nicht zu den ahnungslosen Bahnkunden vor. Oder haben Sie je Durchsagen gehört wie: »Unser Mann am Signal hat seinen Einsatz wieder mal verpennt!«, »Der Zugschaffner sucht noch nach einem Parkplatz für sein Auto«, »Der Fahrdienstleiter ist leider noch beim Zahnarzt« oder »Entschuldigen Sie, uns ist der Sprit ausgegangen«?
    Stattdessen umweht mich ein Wind aus Verspätungsausreden, bis meine Ohren endlich tun, was der stillstehende Zug eben nicht tut: Sie sausen.
    Hygiene in Zugtoiletten – am Arsch vorbei
    Wer bei seiner Zugfahrt ein Katastrophengebiet erreichen will, muss nicht einmal aussteigen – es reicht schon, dass er auf die Toilette muss. Sofern er diese überhaupt erreicht! Haben Sie jemals versucht, sich in einem überfüllten ICE bis zum stillen Örtchen vorzuarbeiten? Ein Hindernisparcours ist nichts dagegen.
    Ich klettere über Taschen, drücke mich an Koffern vorbei, umkurve den Schwanz eines grimmigen Schäferhundes und schiebe Menschen, die meinen Weg säumen, mit der Floskel »Darf ich bitte mal?« wie Slalomstangen beiseite.
    Endlich habe ich es geschafft: Die Toilette liegt vor mir. Ich fühle mich wie Hannibal nach seinem Marsch über die Alpen. Doch ein Zettel an der Toilettentür zerschlägt mein Triumphgefühl: »Toilette technisch defekt!«
    Was kann an einem primitiven Plumpsklo so kaputt sein, dass man es zum Sperrgebiet erklären muss? Der einzige Toilettenanbieter des Landes, der an keine Kläranlage angeschlossen ist, der seine Gleise quer durchs Land als Klärgruben missbraucht, der sogar Fäkalien von Brücken abwerfen lässt (zur Freude der Anwohner unterhalb!), spiegelt mir technische Defekte vor? Das ist so, als würde ein Schreibmaschinenmechaniker seine Arbeit mit der Begründung verweigern, er habe gerade keinen Zugriff auf die passende Software.
    Jede defekte Zugtoilette weist auf einen ganz anderen Defekt hin: Die Bahn nimmt die Bedürfnisse ihrer Kunden nicht ernst, nicht einmal die körperlichen. Zugtoiletten sind unkompliziert genug, dass ihre Reparatur in 999 von 1 000 Fällen vor der Abfahrt eines Zuges möglich wäre – sofern sich jemand darum kümmert.
    Oder hat die aktuelle Toilettensperrung ganz andere Gründe? Trennt mich die verschlossene Türe von einem Slum? Nein, mit mangelnder Hygiene kann das nichts zu tun haben. Diese Erkenntnis kommt mir, nachdem ich die nächste Toilette betreten habe.
    Ein beißender Geruch steigt mir in die Nase, wie ich ihn sonst nur von Bahnhofs-Unterführungen kenne – immerhin dieselbe Duftmarke! Der Boden des Toilettenraums gleicht einer leicht überschwemmten Waschküche, und ich will gar nicht näher erforschen, was da suppt. Der Anblick des Klodeckels würde jeden Fotografen entzücken, sofern er Fotos für einen Bildband mit Übertragungsstätten für Pilzerkrankungen liefern müsste.
    Wer angesichts dieser Toilette bei jeder Art von Geschäft die Hocke dem Hocken nicht vorzieht, muss zum Selbstmord bereit sein. Zum Glück kann man dabei nicht umfallen, dazu ist es hier viel zu eng. Keine Toilette – ein finsteres Sch…haus!
    Ob Bahnchef Rüdiger Grube je eine solche Zugtoilette betreten hat? Oder die Kanzlerin? Ach

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