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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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Mann kleine Schmerzen hat, setzt sich der Friede aus kleinen Kriegen zusammen.«
    »Erklärt mir das, Madame.«
    »Es ist nichts Neues. Ein ehrloser Ritter lauert an einer Furt und verlangt Lösegeld oder das Leben. Ein Dieb in einer Rüstung verwüstet einen ganzen Bezirk. Ein Riese reißt die Mauern eines Schafstalls ein, und Drachen verbrennen feuerschnaubend Felder mit reifendem Korn – allerorten kleine Kriege und alle zu klein für ein Heer und zu groß für die Nachbarn, um ihnen ein Ende zu bereiten.«
    »Denkt Ihr an die Ausfahrt?«
    »Ich dachte gerade …«
    »Aber die jungen Ritter lachen über die altmodische Sitte der Ausfahrt, und die alten haben noch richtige Kriege erlebt.«
    »Es ist eine Sache, etwas Großes aus sich zu machen, aber eine andere, wenn man sich bemüht, kein Wicht zu sein. Ich glaube, jeder Mann möchte größer sein als er ist, und das kann er nur, wenn er Teil von etwas unvergleichlich Größerem als er selbst ist. Auch der beste Ritter auf der Welt muß erkennen, daß er schrumpft, wenn er nicht gefordert wird. Wir müssen nach einer Möglichkeit suchen, kleinen Dingen einen großen Krieg zu erklären. Wir müssen eine Bezeichnung, eine Idee, einen Maßstab für kleine Mißstände suchen, die sie zu einem großen Unrecht zusammenfassen. Dagegen könnten wir dann ein Heer von Kämpfern aufstellen.«
    »Gerechtigkeit?« fragte Artus.
    »Zu vage – zu bedeutungsschwach – zu kalt. Aber die ›Gerechtigkeit des Königs‹ – das wäre besser. Ja, das ist das richtige. Jeder Ritter als Wahrer und Hüter der ›Gerechtigkeit des Königs‹, dafür verantwortlich. Das könnte genügen – für einige Zeit. Dann wäre jeder Ritter ein Werkzeug im Dienst einer Sache, die größer ist als er selbst. Und wenn sich das erschöpft hat, können wir uns etwas anderes einfallen lassen. Merlin hat Prophezeiungen über alles mögliche gemacht, über die beiden Seiten von allem. Wenn wir ihn nur fragen könnten. Männer sind gern Kinder des Lichts, auch wenn sie im Dunkeln Dinge treiben. Ein Ritter, der seine Tage mit dem Versuch verbringt, ein Mädchen aus dem Volk zu entjungfern, wird jederzeit bedrängten Fräulein zu Hilfe eilen.«
    »Ich frage mich, wie ich diesen Krieg ausrufen könnte«, sagte König Artus.
    »Beginnt mit dem besten Ritter der Welt.«
    »Lancelot?«
    »Ja, und er soll den schlechtesten Ritter mitnehmen.«
    »Diese Wahl ist schwieriger, meine Teure. Doch da fällt mir ein, sein Neffe Lyonel, der Nichtsnutz, der faulste, der unwürdigste der Ritter, er bietet sich als Kandidat an.«
    »Herr«, sagte Guinevere, »wenn es mir gelingt, Lancelot zum ersten Hüter der ›Gerechtigkeit des Königs‹ zu machen, würdet Ihr dann versuchen, ihn zu bewegen, daß er den Hüter und Lehrer von Sir Lyonel macht?«
    »Das ist eine gute Idee. Ja, ich will es versuchen. Ihr seid eine treffliche Ratgeberin, meine Teure.«
    »Dann laßt Euch von mir noch ein wenig weiter beraten, Herr. Sir Lancelot unterscheidet sich von anderen Männern nur wenig. Wenn Ihr eine Möglichkeit findet, daß er selbst auf den Gedanken kommt, wird die Sache einfacher gehen. Laßt mich ihn auf den Gedanken an eine Ausfahrt vorbereiten, und dann übergebe ich ihn Euch.«
    »Der Beste und der Schlechteste«, sagte König Artus und lächelte. »Das ist eine kraftvolle Verbindung. Ein solches Bündnis wäre unschlagbar.«
    »Allein durch solche Bündnisse, Herr, können Kriege überhaupt geführt werden.«
    Zu dieser Zeit liebte die Königin Lancelot wegen seiner Tapferkeit, seiner Courtoisie, seines Ruhmes und weil ihm jede Verschlagenheit fehlte. Damals wollte sie ihn noch nicht ändern, ihm nicht die unzähmbare Locke aus der Stirne streichen, ihn noch nicht mit Zweifeln, Verwirrung und Eifersucht plagen, um die Glut am Leben zu erhalten, mit der ihr Bild in seinem Herzen brannte. Sie liebte ihn noch nicht genug, um grausam zu ihm zu sein. Es war eine von Herzen kommende, sich selbst genügende Zuneigung, jene Art Liebe, die eine Frau freundlich, gütig und sehr klug handeln läßt – zu klug, um den Mann offen zu lenken.
    Sie sprach zu dem umgetriebenen Ritter von ihrer eigenen Unrast, vertraute dem Ritter, dessen Gaben nicht genutzt wurden, ihre eigenen Empfindungen der Nutzlosigkeit an. »Wie glücklich die Männer dran sind«, sprach sie. »Ohne ein Wort davon zu sagen, ohne Erlaubnis könnt Ihr Euch, wenn Euch langweilig ist, davonmachen, hinaus in die weite, grüne Welt der Wunder, der Abenteuer in Wildnis

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