König Artus
Krieger, einen Soldaten und alten Kameraden. Ich weiß, Ihr habt – gewiß mit Sorge – beobachtet, was wir um uns herum zu sehen bekommen. Vor noch nicht allzu langer Zeit hatten wir eine in der Welt unübertroffene Streitmacht und haben dies der Welt auch bewiesen. Und jetzt – so bald schon – löst sie sich in Luft auf. Die älteren Ritter sind dabei, die Schärfe ihres Kampfgeistes zu verlieren, und die jüngeren wollen erst gar nicht gehärtet werden. Bald werden wir ohne einen Streich ein Heer verloren haben.«
»Vielleicht brauchen wir einen solchen Streich, Sire.«
»Ich weiß, ich weiß. Doch wo sollen wir einen Streich führen? Es gibt keinen Feind. Bis es soweit ist, daß einer auftritt, werden wir wehrlos sein. Ich mache mir nicht so viele Sorgen über die Älteren. Sie haben ihre Ruhe und ihren Niedergang verdient. Doch die jungen Männer – wenn sie sich ihre Sporen beim Tanzen verdienen, ihren einzigen Widersacher in einem widerspenstigen Frauenzimmer finden, sind wir verloren. Ich brauche Euren Beistand.«
»Sie müssen gezwungen werden, das Kriegshandwerk zu erlernen, Sire.«
»Aber wie? Am Turnier wollen sie nicht teilnehmen, und beim Tjosten verlangen sie das eingekrümmte Krönlein statt der geraden Lanzenspitze, damit sie ja nicht verletzt werden.«
»So haben wir uns den Ritterschlag nicht verdient, nicht wahr, Sire? Wenn ich mich recht erinnere, habt Ihr neben einer gewissen Quelle unerkannt bis zum letzten Atemzug gekämpft.«
»Fechten wir nicht alte Zweikämpfe noch einmal aus, so gerne ich möchte. Wenn es sich bei den gezierten Herrchen nur um die paar wohlgeborenen Faulpelze handelte, die es immer gibt, sähe die Sache anders aus, aber die Blüte ist am verdorbensten. Euer eigener Neffe trägt mehr Bänder als Narben, und die paar, die er hat, hat er sich beim Rosenpflücken zugezogen.«
»Sir Lyonel, Herr?«
»Ja, Sir Lyonel. Ich führe ihn nicht an, um Euch zu kränken. Er ist nur einer von den vielen, die im Dunkeln kichern und mit Bataillonen von Worten in den Kampf ziehen. Die gefährlichste Waffe an meinem Hof ist die Laute. Sie fordern einander mit mörderischen Schlemmermählern zum Wettstreit heraus.«
Lancelot sagte harsch: »Ich werde mir das Hündchen vornehmen und es im Burggraben ertränken.«
»Da müßtet Ihr Euch ein ganzes Rudel junger Hunde vornehmen. Sie würden den Graben ausfüllen. Wartet … Ihr habt es gesagt. Ich wußte doch, auf Euch ist Verlaß. Ja, vielleicht ist das die Lösung.«
Lancelot war nicht fähig, Theater zu spielen. »Was habe ich gesagt?« fragte er. »Ich kann mich nicht erinnern …«
»Ihr habt gesagt: ›Ich werde mir das Hündchen vornehmen …‹«
»… und es ertränken«, vollendete Lancelot.
»Nehmt den Anfang des Satzes – es Euch vornehmen. Ihr habt mich darauf gebracht. Nehmen wir an, wir würden zwei hinausschicken, einen kampferprobten Ritter und ein junges Hündchen – sie mit einem Auftrag fortschicken, irgendeiner schwierigen und gefahrvollen Mission. O ja – das wäre vielleicht der beste Weg, sie zu schulen und im Kampf zu stählen. Danke, mein Freund. Und den alten Rittern würde es vielleicht großen Spaß machen, sich in Erinnerung an die alten Zeiten den Harnisch einbeulen zu lassen.«
»Welcherart Aufträge meint Ihr, Sire?«
»Es gibt vieles, was geschehen muß. Überall im Königreich wimmelt es von kleineren Rechtsverletzungen, womit es ein Ende haben muß. Wir könnten die Männer … sagen wir … ›Hüter des königlichen Friedens‹ nennen. Sie könnten das königliche Mandat auf ihrem Schild tragen. Was meint Ihr dazu?«
»Ich muß es mir durch den Kopf gehen lassen, Sire. Aber eines fällt mir sofort ein. Man sollte damit langsam beginnen. Wenn Ihr hundert Paare von Bevollmächtigten des Königs losschicktet, läge der königliche Friede vor dem Sonnenuntergang mit dem königlichen Frieden hoffnungslos im Streit.«
»Euer Vorschlag ist vielleicht nicht schlecht«, sagte Artus. »Nun, wir wollen darüber nachdenken. Ich werde nicht vergessen, daß er von Euch gekommen ist.« Damit ging der König befriedigt davon, denn er hatte in Sir Lancelots Augen eine schlecht verborgene Flamme aufblitzen sehen.
Die Blüte der jungen Ritterschaft versammelte sich regelmäßig am Brunnen neben dem Bergfried. Dort, auf dem breiten Brunnenrand sitzend, konnten sie die Mädchen beim Wasserholen beobachten, ihre Brüste begutachten, wenn sie sich nach vorne beugten, um den Eimer heraufzuziehen, und
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