König Artus
Lanze, doch die des starken Ritters bohrte sich durch Schild und Harnisch, fuhr Gryfflet in die linke Seite, brach dann ab, und der Stumpf blieb in seinem Körper stecken. Sir Gryfflet stürzte zu Boden.
Der Ritter blickte traurig auf den Gestürzten hinab, stieg vom Pferd, ging zu ihm hin und band ihm den Helm los. Zu seinem Leidwesen stellte er fest, daß Gryfflet schwer verwundet war. Er hob ihn hoch, setzte ihn auf sein Pferd und sprach ein Gebet für den jungen Mann. »Er hat ein mutvolles Herz«, sprach der Ritter zu sich, »und wenn sein Leben erhalten werden kann, wird er eines Tages zeigen, was in ihm steckt.« Dann schickte er das Pferd den Weg zurück, den es gekommen war. Es trug den blutenden Gryfflet an Artus’ Hof, und dort war der Jammer um ihn groß. Man reinigte seine Wunde, pflegte ihn, und es dauerte lange, bis seine Lebensgeister wiederkehrten.
Während Artus seinem Kummer über Gryfflets Wunde nachhing, kamen zwölf Ritter, hoch an Jahren, an seinen Hof geritten. Sie seien, erklärten sie, Boten des Kaisers von Rom. In seinem Namen forderten sie Artus auf, ihm zu huldigen, und sagten, sollte dies nicht geschehen, würde Artus mit seinem ganzen Königreich zugrunde gerichtet werden.
Da geriet Artus in Zorn, und er sagte: »Wenn Ihr nicht freies Botengeleit hättet, würde ich Euch auf der Stelle töten. Aber ich achte Eure Immunität als Gesandte. Nehmt dies als Antwort mit: Ich schulde dem Kaiser keine Huldigung, doch wenn er gleichwohl eine fordert, wird er sie von mir mit Lanzen und Schwertern bekommen. Das schwöre ich bei meinem seligen Vater. Bringt ihm diesen Bescheid zurück.«
Die Boten schieden voll Zorn. Sie waren zur Unzeit gekommen.
Der König war erzürnt und sann auf Rache, weil Sir Gryfflet verwundet worden war. Er fühlte sich dafür verantwortlich, denn wenn er auf Merlin gehört und den Ritterschlag verweigert hätte, hätte Gryfflet den Ritter vom Brunnen nicht zum Zweikampf gefordert. Artus fand, er müsse die Konsequenz daraus ziehen, daß er an Gryfflets Verwundung schuldig sei. Und als es Nacht geworden war, befahl er einem Diener, sein Pferd, seinen Schild, seine Rüstung und Lanze an eine Stelle vor der Stadt zu bringen und dort auf ihn zu warten. Noch vor Tagesanbruch begab sich der König heimlich zu dem Treffpunkt, wappnete sich, stieg auf sein Pferd und hieß seinen Diener bleiben, wo er war. So ritt König Artus allein in den Wald, um Sir Gryfflet zu rächen oder für seine Unüberlegtheit Buße zu tun, denn mehr noch als sein Königtum achtete er seine Ehre als Mann.
Der König ritt leise von der Stadt weg und beim ersten Tageslicht in den Wald hinein. Und zwischen den Bäumen sah er drei Bauern in Lumpenkleidung, die mit Keulen in den Händen hinter Merlin herliefen, um ihn zu erschlagen. Artus galoppierte auf sie zu, und als sie den bewaffneten Ritter sahen, wandten sie sich zur Flucht, um ihr Leben zu retten, und verbargen sich in der Waldestiefe. Artus erreichte Merlin und sagte: »Siehst du, trotz all deiner Zauberkünste hätten sie dich umgebracht, wenn ich nicht des Weges gekommen wäre.«
Merlin erwiderte: »Die Vorstellung schmeichelt Euch, aber sie ist falsch. Ich hätte mich jederzeit retten können, wäre es mein Wille gewesen. Ihr seid der Gefahr näher, als ich es war, denn Ihr reitet dorthin, wo Euch der Tod drohen mag, und Gott ist nicht auf Eurer Seite.«
Sie zogen weiter, bis sie zu dem Brunnen abseits des Pfades und dem reichgeschmückten Zelt kamen, auf dem das Licht der aufgehenden Sonne lag. Und auf einem Stuhl neben dem Zelt saß gelassen ein bewaffneter Ritter, an den Artus nun das Wort richtete.
»Herr Ritter«, sagte er, »warum bewacht Ihr diesen Weg und fordert jeden Ritter zum Kampf, der daherkommt?«
»Das ist bei mir der Brauch«, sagte der Ritter.
»Dann sage ich Euch, laßt ab von dem Brauch«, sagte der König.
»Es ist mein Brauch«, wiederholte der Ritter, »und ich werde dabei bleiben. Jedem, der damit nicht einverstanden ist, steht es frei, ihn abzuschaffen, falls er es kann.«
»Ich werde ihn abschaffen«, sagte Artus.
»Und ich werde ihn verteidigen«, versetzte der Ritter. Er stieg in den Sattel, legte den Schild vor und nahm eine große Lanze in die Hand. Die beiden sprengten aufeinander zu und handhabten ihre Lanzen so vollendet, daß jede die Mitte des gegnerischen Schildes traf und zersplitterte. Dann zog Artus sein Schwert, doch der Ritter rief ihm zu: »Nein, nicht das! Tjosten wir noch einmal mit
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