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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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Schutzes bedürfen. Der Harnisch ist voller Ausbuchtungen und Vertiefungen, die einer Lanze und einem Schwert Angriffsmöglichkeiten bieten. Ihr könnt Euren rechten Arm nicht abwinkeln, um einen Schlag nach der linken Seite zu führen, und wenn Ihr den Arm hebt, rutscht die kleine Metallmanschette zur Seite und entblößt drei Zoll von Eurer hübschen Achselhöhle. Drücke ich mich klar aus? Mit einem Wort: die Rüstung ist keinen Pfifferling wert! Ihr bewegt Euch darin wie ein Esel mit übervollen Satteltaschen. Ich selbst in einem langen Rock könnte Euch mit einem Schwert besiegen, und dabei seid Ihr gepanzert. Diese Rüstung ist nur Dekor, untauglich zum Gebrauch.«
    Mit einem Anflug von Ärger sagte er: »Ihr seid aber kritisch, Madame.«
    »Findet Ihr? Dabei gurre ich wie ein Täubchen. Wartet ab, bis Ihr mich wirklich kritisch erlebt. Und wenn es Euch nicht paßt, laßt mich absitzen und zieht Eurer Wege.«
    »Madame, ich wollte damit nicht sagen …«
    »Dann schweigt, bis Ihr etwas zu sagen habt. Ihr werdet nicht nur diesen lächerlichen Plunder wegwerfen, den Ihr am Leib habt, sondern auch einen Haufen von angesammeltem Krempel aus Eurem Kopf hinausbefördern. Ihr fangt ganz von vorne an, mein Junge, wie ein Säugling, der an den Füßen hochgehoben wird und seinen ersten Klaps bekommt. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, bei der Rüstung. Sperrt Eure entzückenden Ohren auf, hört mir zu und merkt Euch, was ich sage, Ihr könntet es mir sogar nachsprechen. Ein Harnisch ist nur dazu da, zu schützen, was Können, Präzision und Schnelligkeit nicht zu schützen vermögen. Er sollte möglichst leicht sein und so geformt, daß er einen Hieb abgleiten läßt, und nie der Prüfung durch einen direkten Treffer ausgesetzt werden. Seine Aufgabe ist es, Stöße und Hiebe abzuleiten. Auch die Form des Helms sollte nicht dem Zweck dienen, einer Klinge standzuhalten, sondern sie abgleiten zu lassen. Euer Visier ist so genial, daß Ihr damit nichts sehen könnt. Wie wollt Ihr kämpfen, wenn Ihr nichts seht? Ein Helm mit Kanten ist besser als einer mit dickem Panzer, denn selbst wenn Ihr einen gußeisernen Topf auf dem Kopf hättet, würde ein einziger tüchtiger Hieb mit dem Streitkolben Euch lähmen wie ein Kaninchen. Jetzt kommen wir zu den Kampfhandschuhen … und dann … die Sättel nehmen wir uns später vor. So … ich werde Euch das Gesetz verkünden, und Ihr werdet es Wort für Wort lernen, und jedes Wort muß mit Feuer gehärtet werden. Das Gesetz lautet so: Der Zweck des Kämpfens heißt Siegen. Verteidigung kann unmöglich zum Sieg führen.Das Schwert ist wichtiger als der Schild, und Können zählt mehr als beides. Die entscheidende Waffe ist das Gehirn, alles andere nur Ergänzung.« Sie schwieg unvermittelt. Dann fuhr sie fort: »Ich habe Euch ganz schön eingedeckt, nicht wahr, mein Sohn? Aber wenn Ihr Euch nur das zu eigen machen könntet, was ich bisher gesagt habe, wären nur wenige Männer auf der Welt imstande, es mit Euch aufzunehmen, und noch weniger fähig, Euch zu besiegen. Doch es wird Nacht. Reitet in dieses Gehölz dort am Hang. Während Ihr das Pferd trockenreibt, suche ich etwas für Euer Abendbrot aus meinem Beutel heraus.«
    Als Ewain sein Pferd angepflockt hatte, kam er zurück. Sie fragte ihn: »Habt Ihr es trockengerieben?«
    »Ja, Madame.«
    »Und Eure Satteldecke zum Trocknen aufgehängt?«
    »Ja, Madame.«
    »Also dann, hier ist Euer Abendbrot.« Und sie warf ihm einen Kanten Haferbrot zu, ohne Geschmack und hart wie ein Dachziegel. Und während er klaglos daran herumknabberte, hockte sich die Dame Lyne auf die Erde und zog ihren weiten Mantel wie ein Zelt um sich. »Von der Nachtluft bekomme ich Gelenkschmerzen. Ich nehme an, das Alter setzt mir allmählich zu. Nun ja, die Welt wird sich an mich nicht erinnern, aber ich werde ihr Männer vererben. Mein Schoß ist der Turnierplatz, aus dem Ritter kommen. Erzählt mir, junger Herr, was ist Eure Mutter für eine Frau? Über Morgan le Fay haben schon einige sonderbare Geschichten die Runde gemacht.«
    »Sie war immer sehr gut zu mir«, sagte er. »Natürlich, ihre Güter und alle ihre speziellen Pflichten haben es vielleicht verhindert, daß ich so viel mit ihr beisammen war, wie sie es gewünscht hätte, aber … ja, sie war immer gütig und sogar fürsorglich zu mir. Und wenn sie gut aufgelegt ist und alles geht, wie sie will, kann sie fidel wie niemand sonst sein. Dann singt sie wie ein Engel und macht so lustige Witze, daß man

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