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König Artus

König Artus

Titel: König Artus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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duckten sich unter dem Wind niedrige gemauerte Häuser mit steinernen Dachplatten, niedrigen Türen für kleine, breit gewachsene Männer und Schießscharten, um Licht einzulassen. Diese Häuschen umrahmten drei Seiten eines Turnierplatzes, von dem mit Gartenrechen die Steine entfernt worden waren, und dort sah Ewain eine Stechpuppe, die ungeschickten Umgang mit der Lanze automatisch bestrafte, und an einem Strick hing ein Stechring. Das Ganze hatte etwas Armseliges. Manche der Häuser beherbergten Schafe, andere Schweine, ein paar waren Behausungen für Menschen, und zwischen ihnen allen war kein großer Unterschied.
    Die Dame schrie einen Befehl, als sie vom Pferd herabglitt. Kleine, dunkelhaarige Männer, die den Eindruck roher Gesellen machten, tauchten aus den Hütten auf und kamen herbei, um das Pferd wegzuführen. Sie begrüßten die Dame, indem sie die Hand an die Stirn führten, schauten Ewain mit abschätzenden, finsteren Blicken an und unterhielten sich miteinander in einer Sprache, die er nicht kannte und die ihm wie Gesang vorkam.
    Das Fräulein sagte: »Willkommen, junger Herr, im Lustschloß einer Dame. Wenn Ihr hier irgendwelchen Komfort entdecken könnt, dann ist er mir entgangen.« Sie warf einen kurzen Blick zum Himmel hinauf. »Seht Euch Euer Quartier an, mein Sohn. Erschaut die liebliche Gastlichkeit dieser Hügel, betrachtet die lächelnden Gesichter meiner Männer. Ihr habt noch drei Stunden, bis es dunkel wird. Ihr könnt davonziehen, ehe die Sonne untergeht, und der Weg vor Euch wird frei sein. Doch wenn Ihr morgen früh noch hier seid, dürft Ihr nicht mehr fort, und solltet Ihr es dennoch tun, werden diese kleinen Männer Euch aufspüren, selbst wenn ihr keine andere Spur hinterlaßt als der Westwind der vergangenen Woche, und die Krähen werden sich an jungem, zartem Fleisch gütlich tun.«
    Am folgenden Morgen war Ewain noch da, und nun begann seine Ausbildung – stundenlange, erschöpfende Arbeit mit einer Lanze, und die Dame stand dabei, sah ihm zu, kommentierte die Fehler mit ätzenden Bemerkungen und entdeckte nicht viel Lobenswertes. Und als nach einiger Zeit die Lanzenspitze ins Ziel traf, befestigte sie es an einem tanzenden Seil und jubelte triumphierend, wenn Ewain es verfehlte. Auf die Arbeit mit der Lanze folgten Stunden mit einem bleibeschwerten Schwert, das die Muskeln strecken und modellieren sollte. Dabei ging es nicht gegen einen Widersacher, sondern darum, Hiebe gegen einen aufrecht stehenden Baumstamm zu führen, und der Winkel jeder einzelnen Kerbe wurde inspiziert und kritisch begutachtet. Die Kost war ebenso derb, wie die Arbeit anstrengend – gekochte Hafergrütze mit Lammfleisch und nach Farnkräutern schmeckendem Wasser –, und als es dunkel wurde, stolperte Ewain mit trüben Augen zu seinem Schlaf feil in einer Ecke, und manchmal mußte er eine Gans wegschieben, um Platz für sich zu schaffen. Schwer sank der Schlaf auf ihn herab, bis ihn dann, noch in der Dunkelheit, ein derber Stiefel traf und ein neuer Tag begann.
    Nach zwei Monaten reagierten sein Auge und Arm automatisch, ohne Überlegung; Bewegung und Balance waren verschmolzen. Die Dame beobachtete alles, was er tat, verglich es mit seinen Leistungen vom Vortag, und endlich sah sie, daß sie einen Kämpfer im Rohzustand vor sich hatte. Erst jetzt begann sie zu ihm in einer Art zu sprechen, die über Tadeln und Nörgeln hinausging.
    »Ihr leistet Leidliches, junger Mann«, sagte sie. »Aber ich habe schon Besseres erlebt. Ich habe bemerkt, wie immer wieder Euer Stolz zornig aufflammte. ›Ich bin doch ein Ritter‹, habt Ihr stumm zu Euch gesagt. ›Wieso soll ich leben wie ein Vieh?‹ Wißt Ihr, was ›Ritter‹ – unser englisches ›knight‹ – bedeutet? Es ist ein ururaltes Wort und kommt von dem deutschen ›Knecht‹, was sehr treffend ist, denn wer ein Herr werden möchte, der muß zuerst lernen, einem Herrn zu gehorchen. Ich weiß, das ist ein alter Spruch, aber wie andere Sprichwörter wird er erst wahr, wenn man die Sache selbst erlebt hat. Ihr sollt jetzt einen Gegner bekommen.«
    Darauf folgten zwei Monate, in denen er gegen einen trickreichen, mit allen Wassern gewaschenen Waliser ritt, der von Ewains stoßbereiter Lanze wegtrieb wie Rauch, den nichts halten kann. Und nun sprach die Dame zu ihm nicht wie zu einem Vieh, sondern mehr wie zu einem intelligenten Hund oder einem etwas zurückgebliebenen Kind.
    »Vermutlich ist es für Euch etwas Natürliches, vor dem Augenblick des Anpralls

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