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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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kauen konnte, weil mir das zu große Schmerzen bereitet hätte. An jedem Abend trafen noch mehr Freunde und Verwandte des Herzogs ein, mit Kind und Kegel, und es kamen auch Nachbarn. Männer von Hagenfast, ihre Bärte mit den Locken jener geschmückt, die unter ihren Äxten gestorben waren, wahre
Wikinger: groß, blond und grausam, von der Eisernen Festung und den Häfen im Norden, und ein einzelner dicker Krieger aus den Sümpfen von Snjar Songr. Er stank nach Robbenfett, dieser Mann, und er legte nicht eins der Felle ab, in die er gehüllt war, trotz der Wärme im großen Saal.
    Ich beobachtete, wie Rike den Ringwettkampf nach zehn Durchgängen gewann, indem er schließlich einen dick mit Muskeln bepackten Wikinger zu Boden warf. Der Rote Kent errang den Sieg beim Werfen mit der Axt auf ein hölzernes Ziel und wurde Dritter beim Holzspalten. Ein großer Einheimischer mit hellen Augen schlug Grumlow beim Messerwerfen, aber Grumlow stach lieber, als dass er warf, und er zog lebende Ziele vor. Ich hörte, dass Row beim Bogenschießen seine Sache recht gut machte – dieser Wettbewerb fand draußen statt, und ich ließ mich nicht hinausbringen. Makin verlor bei allem, aber er weiß auch, dass Gewinner bewundert werden, aber kaum geliebt.
    Der Herzog und Sindri saßen oft neben mir und baten um die Geschichte von Ferrakinds Ende, aber ich schüttelte den Kopf und sagte nur: »Es war nass.«
    Das Bier floss in Strömen, doch ich trank nur Wasser und beobachtete die Flammen der Fackeln öfter als die Dänen beim Feiern und beim Sport. Flammen enthielten neue Farben für mich. Ich dachte an Gog, vom Feuer verzehrt, und an seinen kleinen Bruder, der den Namen, den ich ihm gab, Magog, nur wenige Stunden trug. Ich dachte an Gorgoth bei den stillen Trollen in den dunklen Höhlen. Ich hielt das Kupferkästchen in den Händen und überlegte, ob mich sein Inhalt vom Schmerz ablenken würde.
    Vor allem aber erging es mir wie Jungen, wenn sie verletzt sind, und mit vierzehn stellte ich fest, dass ich noch immer ein
Junge war, wenn der Schmerz stark genug wurde: Ich dachte an meine Mutter. Ich dachte daran, wie ich am Hang gelegen und gestöhnt hatte, nachdem Sindri fortgeeilt war, an die Pein, die mich fest gepackt hatte und nicht loslassen wollte, und an den Durst, der fast so schlimm gewesen war wie der heiße Schmerz. Ich hätte gut zu den Sterbenden bei Mabberton gepasst, zu den Verwundeten, die ich mit einem Lächeln beobachtet hatte, wie sie sich um ihre Verletzungen krümmten und Wasser erflehten. Wenn Männer leiden, sind sie bereit, zu verhandeln und zu feilschen. Das gilt auch für Jungen. Wir drehen und wenden uns, wir bitten und flehen, wir bieten unserem Peiniger an, was er will, damit das Leid aufhört. Und wenn es keinen Peiniger gibt, den man beschwichtigen könnte, keinen Mann in Kapuzenmantel mit heißen Eisen, nur ein Brennen, dem man nicht entkommen kann, dann verhandeln wir mit Gott, oder mit uns selbst, was von der Größe unseres Egos abhängt. Ich habe die Sterbenden von Mabberton verspottet, und jetzt beobachten ihre Geister, wie ich brenne. Nehmt mir den Schmerz, sage ich, und ich werde ein guter Mann sein. Oder wenn nicht ein guter, so doch ein besserer. Genug Schmerz macht uns alle weich. Aber ich glaube, ein kleiner Teil ging darüber hinaus. Ein kleiner Teil bestand aus dem schrecklichen zweischneidigen Schwert namens Erfahrung, und es schnitt an dem grausamen Kind, das ich war, es schnitt aus ihm den Mann, der ich werden sollte. Einen besseren versprach ich, aber ich lüge oft.
     
    An dem Tag, als Mabberton brannte, waren wir nach Wennith an der Pferdeküste unterwegs. Nach Wennith, wo mein Großvater in einer hohen Burg auf seinem Thron sitzt und übers Meer blickt. Das erzählte mir jedenfalls meine Mutter, denn ich hatte jenen Ort nie gesehen. Corion stammte von der Pferdeküste.
Vielleicht hatte er mir sie als Ziel geben; vielleicht sollte ich eine Waffe sein, mit der Aufgabe, dort eine alte Rechnung für ihn zu begleichen. Jedenfalls, in Herzog Maladons großem Saal, spät in der Nacht, wenn die Fackeln erloschen und auch das Licht der Lampen wich, während die am Tisch zusammengesunkenen Nordmänner schnarchten, kehrten meine Gedanken nach Wennith zurück. Ich hatte jetzt Freunde im Norden, aber um unseren, meinen Hundertkrieg zu gewinnen, brauchte ich vielleicht auch die Unterstützung der Familie.

    Das Alter legte die Hand auf Bruder Row, gab ihm ewige
fünfzig und wollte ihn kein zweites

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