König der Dunkelheit: Roman (German Edition)
vom Putzen seiner Axt auf. »Hat er sich von seiner guten Seite gezeigt, Jorg?«
»Er hat nicht nur mich gerettet, sondern auch Gorgoth«, sagte ich. »Und er erledigte den Feuermagier, bevor er starb.«
»Klingt gut«, sagte Row. »Ein gottloser Mistkerl war er, jawohl, aber er hatte Feuer in sich, und ob.«
»Makin«, sagte ich.
Er sah auf, mit dem Licht der Flammen in seinen Augen.
»Da Coddin zuhause ist …« Ich zögerte und begriff, dass ich die Spukburg zum ersten Mal als »Zuhause« bezeichnet hatte.
»Ja?«, fragte Makin.
»Ich wollte nur sagen … Wenn ich einen Weg beschreite, der vielleicht ein bisschen zu … rau ist … Gib mir Bescheid, ja?«
Er schürzte die zu dicken Lippen und holte zischend Luft. »Ich werde es versuchen«, antwortete er. Er hatte es all die Jahre versucht, das wusste ich, aber jetzt gab ich ihm die Erlaubnis.
Eine Woche lang mieden wir Dörfer, machten einen Bogen um kleine Städte und suchten uns einen Weg durch die weichen Ränder der Königreiche, die wir bei der Reise nach Norden passiert hatten. Wir erreichten Roggen, zu groß für ein Dorf, aber auch keine richtige Stadt, da die Häuser zu sehr verstreut waren. Auf dem Weg nach Norden hatten wir in Roggen Proviant gekauft, und da unsere Satteltaschen leer waren, ritten wir in den Ort. Für mich fühlte es sich noch immer seltsam an, für Dinge zu bezahlen, aber es ist eine gute Angewohnheit, wenn man genug Geld hat. Natürlich sollte man dann und wann stehlen oder sich aus lauter Bosheit etwas mit Gewalt aneignen, denn sonst könnte man leicht aus der Übung kommen. Aber abgesehen davon gehört Bezahlen zum guten Ton, insbesondere, wenn man ein König mit einer Tasche voller Gold ist.
Der Hauptplatz von Rye unterschied sich kaum von den anderen Marktplätzen und offenen Bereichen. Rike hatte gerade den letzten Sack Hafer auf sein großes Arbeitspferd gepackt, und Makin versuchte, die Satteltaschen zu schließen, in denen vier ausgenommene Hasen mit Fell steckten, als sich die Menge um uns herum vor einem alten Mann teilte wie einst das Rote Meer. Ich lehnte an Brath und fühlte mich ziemlich schwach. Der Sommer hatte beschlossen, uns einen kleinen Vorgeschmack auf ihn zu geben, und die Sonne brannte von einem blassen Himmel herab. Das Gesicht tat mir höllisch weh, und Fieber hatte seine Krallen in mich gebohrt.
»Prinz der Dornen!«, rief der alte Bursche und hielt direkt auf mich zu. Seine Stimme war so laut, dass sich Köpfe drehten.
»Es sollte wohl besser ›König‹ heißen«, brummte ich. »Und wenn es Dornen auf der Karte gibt, so muss ich sie übersehen haben.«
Der Mann blieb einen Meter vor mir stehen und richtete sich ganz auf. Dürr war er, und vertrocknet wie eine Dörrpflaume, mit weißem, bauschigem Haar auf beiden Seiten des ansonsten kahlen Kopfes. Die Augen waren trüb, aber nicht von Altersstar. Etwas wie Perlmutt lag in ihnen, mit einem leichten Regenbogenschimmern.
»Lass mich in Ruhe.« Ich sprach mit meiner leisen Stimme, die anderen Leuten rät, genau hinzuhören.
»Das Goldene Tor wird sich dem Fürsten von Pfeil öffnen.« Etwas Elektrisches knisterte in der Luft um uns herum, und das weiße Haar zu beiden Seiten des Kopfes richtete sich auf. »Du kannst nur …«
Das schnelle Ziehen eines Schwertes hat etwas Kunstvolles. Wenn der Riemen der Scheide gelöst ist, und das ist bei mir immer der Fall, kann man die ganze Klinge fast einen Meter in
die Luft bringen, indem man eine Hand locker unter eine Seite der Parierstange hakt und sie regelrecht nach oben wirft. Wenn man es zeitlich genau abpasst und sich schnell dreht, erreicht man den Griff des Schwertes am höchsten Punkt der Flugbahn, und wenn es fällt, kann man sein Bewegungsmoment für einen Stoß gegen den Mann verwenden, der neben einem steht.
Ich sah über die Schulter zurück. Die Augen des Alten waren noch immer trüb, aber sie sahen jetzt nicht mehr in meine Zukunft. Ich wich zurück und zog ihm damit die Klinge aus der Brust. Er blickte auf die scharlachrote Wunde hinab, blieb aber seltsamerweise stehen.
Ich wartete einen Moment, dann noch einen. Die Menge wahrte ihr Schweigen, und der Alte stand da und betrachtete das Blut, das ihm über den Bauch strömte.
»He«, sagte ich.
Er sah auf, was ein wenig half – sein Kinn war im Weg gewesen. Ich nahm seinen Kopf mit einem Hieb. Ich will nicht prahlen, aber es ist alles andere als einfach, jemanden zu köpfen. Ich habe Spezialisten im Umgang mit der Axt
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