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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Mal berühren. Grau
und hager ist er, knorpelig und gemein. Ein helläugiger alter
Mann, der sich immer krümmt und windet, aber nie bricht.
Er hält auch da aus, wo ein besserer Mann unter der Last
zusammenbrechen würde. Der Kleinste von uns, stinkend
und schmutzig, voller vergessener Narben, oft übersehen
von Männern, denen nur wenig Zeit bleibt, über ihren
Fehler nachzudenken.

29
Vier Jahre zuvor
    Während der langen Reise nach Süden dachte ich oft über die Gründe für meinen Umweg nach. Hundert Mal und mehr, um ganz ehrlich zu sein. Tatsache war: Ich hatte noch nicht gefunden, was ich brauchte. Ich wusste nicht, was ich brauchte, aber mir war klar, dass es sich nicht in der Burg befand. Mein alter Lehrer Lundist sagte einmal: Wenn man nicht weiß, wonach man sucht, sollte man dort mit der Suche beginnen, wo man sich befindet. Für einen klugen Mann konnte er sehr dumm sein. Ich hatte vor, überall zu suchen.
     
    Am sechsten Tag ritten wir los. Ich saß in Braths Sattel, jeder Muskel steif, mit einem Gesicht, das brannte und nässte.
    »Es geht dir noch immer schlecht«, sagte Makin neben mir.
    »Ich hab’s satt, auf dem Stuhl zu sitzen und zu beobachten, wie du von morgens bis abends schlemmst, als wolltest du kugelrund werden«, erwiderte ich.
    Mit hundert und mehr seiner Krieger kam der Herzog zur Tür seiner Feste, um uns zu verabschieden. Sindri stand zu
seiner Rechten, Elin links von ihm. Alarich ließ die Besucher hochleben. Dreimal brüllten die Männer mit hoch erhobenen Äxten. Sie sahen ziemlich eindrucksvoll aus, und ich war froh darüber, ihr Freund zu sein, nicht ihr Feind.
    Der Herzog trat vor und näherte sich mir. »Du hast hier ein Wunder vollbracht, Jorg. Das werden wir dir nicht vergessen.«
    Ich nickte. »Lass Heimrift ruhen, Herzog«, erwiderte ich. »Halradra und seine Söhne schlafen. Vermeidet es, sie zu wecken.«
    »Du hast dort oben einen Freund.« Alarich lächelte.
    »Er ist kein Freund«, sagte ich. Ein Teil von mir bedauerte das. Ich mochte Gorgoth. Leider verfügte er über gute Menschenkenntnis.
    »Gute Reise.« Sindri trat neben seinen Vater und lächelte wie immer.
    »Kehr im Winter zu uns zurück, König Jorg.« Elin gesellte sich ihnen hinzu.
    »Du möchtest dieses hässliche Gesicht bestimmt nicht wiedersehen.« Ich sah ihr in die hellen Augen.
    »Die Narben eines Mannes erzählen seine Geschichte. Deine Geschichte würde ich gern lesen«, sagte Elin.
    Als ich das hörte, musste ich grinsen, obwohl es mir Schmerzen bereitete. »Ha!« Und ich trieb Brath an und führte meine Brüder nach Süden.
     
    Wieder auf der Straße, trug ich Ekatris schwarze Salbe regelmäßig auf, und mein Gesicht begann zu heilen. Rohes Fleisch verhärtete sich zu einer hässlichen Masse aus Narbengewebe. Von rechts sah man den hübschen Jorgy Ankrath, von links etwas Monströses – dort zeigte sich mein wahres Wesen, würden
manche Leute vielleicht sagen. Der Schmerz ließ nach und wich einer unangenehmen Straffheit und einem tieferen Brennen bei den Knochen. Wenigstens konnte ich wieder essen. Als all die Leckereien auf den Tischen des Herzogs weiter und weiter hinter uns zurückblieben, stellte ich fest, dass ich immer größeren Hunger bekam. Das ist eine Sache der Straße. Wenn man auf einem Pferd sitzend Tag für Tag den alten Straßen des Reiches folgt, mit nichts anderem zu essen als dem, was man bei sich trägt oder stehlen kann … Dann stellt man schnell fest, dass ein leerer Magen allem einen herrlichen Geschmack gibt. Wenn man ein schimmeliges Stück Käse sieht und einem dabei nicht der Mund wässrig wird … Es bedeutet nur, dass man nicht hungrig genug ist.
    In der Spukburg tischten die Köche mit Honig glasiertes Wildbret auf, garniert mit gebackenen und mit Rosmarin bestreuten Siebenschläfern, nur um meinen Gaumen in Versuchung zu führen. Nach Tagen im Sattel sollte eine Speise, um mich in Versuchung zu führen, entweder warm oder kalt sein, vorzugsweise – falls tierischen Ursprungs – unbeweglich und einst im Besitz eines Rückgrats.
    Am Lager des ersten Abends drängten wir uns in gedämpfter Stimmung zusammen. Das Fehlen des kleinsten Mitglieds unserer Runde schien uns seltsamerweise mehr schrumpfen zu lassen als das des größten. Ich starrte in die Flammen und glaubte, ein Prickeln in den Kieferknochen zu spüren, unter der betäubenden Salbe.
    »Ich vermisse den kleinen Burschen.« Grumlow überraschte mich.
    »Ja.« Sim spuckte.
    Der Rote Kent sah

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