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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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gab, die Halradra näher als tausend Meilen waren. In den Büchern heißt es, dass die Erbauer in das geschmolzene Blut der Erde bohrten und seine Kraft tranken. Als die Sonnen verbrannten, was die Erbauer geschaffen hatten, blieben jene Wunden. Die Erde blutete, und Halradra und seine Söhne wurden in Feuer geboren.
     
    Gorgoth trug mich dorthin, wo Sindri wartete. Draußen schien noch die Sonne, aber ich hatte das Gefühl, dass es dunkel sein sollte. Auf halbem Weg den Berg hinunter war ich wieder zu Sinnen gekommen, auf Gorgoths Rücken. Sie kamen einzeln, meine Sinne, zuerst der Schmerz und nur er, dann, nach langer Zeit, der Geruch meines verbrannten Fleisches, der Geschmack von Erbrochenem, das Geräusch meines Stöhnens und schließlich verschwommene Eindrücke von Halradras schwarzen Hängen.
    »Himmel, bring mich einfach um«, wimmerte ich. Tränen
tropften mir von Nase und Lippen, während ich wie ein Sack auf Gorgoths Schulter lag.
    Es war nicht Gog, der mir leid tat. Ich tat mir selbst leid.
    Zu meiner Verteidigung sei gesagt: Ein handgroßer knusprig gebratener Teil des Gesichts tut verdammt weh. Es tat noch mehr weh, während ich auf der Schulter des Monstrums lag, von jedem seiner Schritte durchgeschüttelt, als zu Anfang in der Höhle, und bereits dort hatte ich sterben wollen.
    »Töte mich«, stöhnte ich.
    Gorgoth blieb stehen. »Ja?«
    Ich dachte darüber nach. »Jesus Christus.« Ich brauchte jemanden, den ich hassen konnte, der mich von dem Feuer ablenkte, das noch immer in mir brannte. Gorgoth wartete. Er würde mich beim Wort nehmen. Ich dachte an meinen Vater mit seiner jungen Frau und dem neuen Sohn, wie sie gemütlich in der Hohen Burg saßen.
    »Vielleicht später«, sagte ich.
    Ich erinnere mich an kaum etwas, bis Gorgoth mich ins Farnkraut legte und sich Sindri über mich beugte.
    »Uskit’r!« Ein Wort aus seiner alten nordischen Sprache. »Das sieht übel aus.«
    »Wenigstens bin ich auf der anderen Seite hübsch geblieben.« Ich würgte, drehte den Kopf zur Seite und spuckte bittere Flüssigkeit ins Gestrüpp.
    »Bringen wir ihn zurück«, sagte Sindri. Er sah sich kurz um, öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
    »Gog ist tot«, sagte ich.
    Sindri schüttelte den Kopf, senkte den Blick und atmete tief durch. »Komm, wir müssen dich zurückbringen. Gorgoth?«
    Das Ungeheuer rührte sich nicht von der Stelle.
    »Gorgoth kommt nicht mit«, sagte ich.
    Gorgoth neigte den Kopf.
    »Du kannst nicht hierbleiben«, sagte Sindri besorgt. »Ferrakind …«
    »Ferrakind ist ebenfalls tot«, sagte ich. Jedes Wort schmerzte, fast so sehr, dass sie zu einem Schrei wurden.
    »Was?« Sindris Mund blieb offen.
    »Wir sind keine Freunde, Jorg von Ankrath«, sagte Gorgoth. Seine Stimme war tiefer als jemals zuvor. »Aber wir haben den Jungen beide geliebt. Du hast ihn zuerst geliebt und ihm einen Namen gegeben. Das bedeutet etwas.«
    Ich hätte ihm gern gesagt, dass er völligen Unsinn redete, aber für weitere Worte tat mir das Gesicht zu weh.
    »Ich bleibe in Heimrift, in den Höhlen.«
    Unter anderen Umständen hätte ich vielleicht gesagt: Mögest du am Trollgestank ersticken. Aber der Preis dafür, den Mund zu öffnen, war zu hoch. Ich hob nur die Hand, und Gorgoth hob seine. So verabschiedeten wir uns.
    Sindri schloss den Mund und öffnete ihn erneut. »Ferrakind ist tot?«
    Ich nickte.
    »Kannst du gehen?«, fragte er.
    Ich zuckte die Schultern und sank ins Farnkraut zurück. Vielleicht konnte ich gehen, vielleicht auch nicht. Ich wollte nicht gehen, und darauf kam es an.
    »Ich hole Hilfe, Pferde«, sagte Sindri. »Warte hier.« Er streckte beide Hände aus, als wollte er mich daran hindern, aufzustehen, machte auf der Stelle kehrt und lief los. Ich glaube, die Nachricht trieb ihn mehr an als die Hilfe, die ich brauchte. Er wollte derjenige sein, der sie überbrachte. Was ich für angemessen hielt.
    Ich schaute zum blauen Himmel hoch und betete um Regen.
Fliegen umschwirrten mich, angelockt vom rohen Rosarot, von Muskeln und Fett ohne Haut. Sie wollten ihre Eier legen. Nach einer Weile versuchte ich nicht mehr, sie zu verscheuchen. Stöhnend lag ich da und rutschte vorsichtig von einer Seite zur anderen, als wäre es möglich, eine bequeme Position zu finden. Dann und wann schwanden mir die Sinne, und am Nachmittag kam tatsächlich ein leichter Regen. Ich betete, dass er aufhörte, denn jeder Tropfen brannte wie Säure.
    Am Abend stiegen Wolken von Mücken auf, von jenen Orten, an denen

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