König der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Nickerchen, anstatt die Geschehnisse dieser Nacht zu beobachten. Ich trete vor und erinnere mich daran, wie Friar Glen in meinem Fleisch nach den Dornen bohrte, wie er sie mit Genuss suchte, während sein Helfer namens Inch mich festhielt. Ich zog das Messer aus der Scheide.
In der Hocke neben dem Bett, mit dem Kopf auf einer Höhe mit seinem, ist das Schnarchen laut. So laut, dass man sich
fragt, wieso es ihn nicht weckt. Sein Gesicht kann ich nicht sehen, und deshalb erinnere ich mich daran. Ich würde es flach nennen, zu stumpf für tiefes Gefühl, aber gut geeignet für ein höhnisches Lächeln. Beim Gottesdienst, wenn Pater Gomst von der Kanzel predigt, sitzt Friar Glen auf dem Stuhl bei der Kapellentür, das Haar wie nasses Stroh um eine Tonsur herum, die rasiert werden müsste, die Augen zu klein für die Breite der Stirn über ihnen.
Ich sollte ihm die Kehle durchschneiden und wieder gehen. Alles andere wäre zu laut gewesen.
Du hast Katherine vergewaltigt. Du hast sie vergewaltigt und sie glauben lassen, ich sei es gewesen. Du hast sie geschwängert und sie mit solchem Hass auf mich erfüllt, dass sie das Kind in ihrer Gebärmutter vergiftete und mich zu erstechen versuchte.
Katherines Stoß mit dem Messer hätte Friar Glen gelten sollen, nicht mir.
Meine Augen haben sich in der Zwischenzeit an die Dunkelheit gewöhnt. Ich schneide einen langen Streifen vom Rand des Lakens ab. Dabei ertönt nur ein Flüstern unter dem lauten Schnarchen, doch er hört es und bewegt sich. Einen zweiten Streifen schneide ich ab, dann einen dritten und vierten. Aus dem letzten forme ich einen Ball. Ein Kerzenständer und ein kleiner Tisch befinden sich neben dem Bett. Ich rücke beides weiter zurück, damit sie nicht fallen und Krach machen. Als Friar Glen einatmet, stopfe ich ihm den Ball aus Stoff in den Mund und schlinge ihm einen Streifen um den Knopf, damit der Knebel an Ort und Stelle bleibt. Friar Glen erwacht nur langsam, erweist sich aber als erstaunlich stark. Ich ziehe den Rest des Lakens von ihm und stoße den Ellenbogen in seine Magengrube. Die Luft zischt aus ihm heraus, am Stoffball in seinem Mund vorbei. Ich sehe das Funkeln in seinen Augen. Er
krümmt sich zusammen, und mit dem dritten Streifen binde ich seine Füße zusammen. Der vierte ist für die Hände, und ich kann sie erst nach einem Schlag auf die Kehle fesseln.
Als er verschnürt ist, habe ich bereits die Lust an meiner Arbeit verloren. Der Friar ist ein hässlicher nackter Mann, der im Dunkeln wimmert, und ich will nur noch weg von hier. Ich nehme das Messer vom kleinen Tisch, den ich beiseite gerückt habe.
»Ich habe etwas für dich«, sage ich. »Etwas, das fast den Falschen erreicht hätte.«
Ich drücke ihm die Klinge langsam in den Leib, unter dem Hodensack, und lasse sie dort stecken. Ich will sie nicht zurück. Außerdem: Wenn ich sie herausgezogen hätte, wäre er zu schnell verblutet. Ich möchte, dass er langsam stirbt.
Es ist nicht das einzige Messer, das ich habe.
Friar Glen schnauft und zischt hinter mir, als ich zur Tür gehe. Er rollt aus dem Bett und landet mit einem dumpfen Pochen auf dem Boden, doch das ist es nicht, was mich stehenbleiben lässt.
Sageous erscheint. Er kommt nicht durch die Tür, er richtet sich nicht hinter einer Truhe auf – er ist einfach da. Seine Haut glüht mit eigenem Licht, nicht hell genug, um auch nur den Boden zu seinen Füßen aus der Dunkelheit zu holen, aber hell genug, um die Schriftzeichen, die jeden Quadratzentimeter seiner Haut bedecken, in Silhouetten zu verwandeln. Augen und Mund sind dunkle Löcher in diesem Glühen.
»Wie ich sehe, hast du es mit der Geistlichkeit. Arbeitest du dich durch die Ränge? Erst ein Bischof, jetzt ein Friar. Wer kommt als Nächster an die Reihe? Ein Ministrant?«
»Du bist Heide«, erwidere ich. »Du solltest mir applaudieren. Außerdem, seine Sünden haben danach verlangt.«
»Oh, wenn das so ist …« Sageous’ Lächeln schafft eine schwarze Sichel im Licht seines Gesichts. »Und wonach verlangen deine Sünden, Jorg?«
Ich habe keine Antwort.
Sageous’ Lächeln wächst in die Breite. »Und was waren die Sünden des Friars? Ich würde ihn gern fragen, aber offenbar hast du ihn geknebelt. Ich hoffe, die Träume, die ich der jungen Katherine gab, haben dir keinen Ärger bereitet. Frauen können sehr kompliziert sein, nicht wahr?«
»Träume?«, wiederhole ich. Meine Hand sucht im Rucksack nach dem zweiten Messer.
»Sie träumte davon, schwanger zu
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