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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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sein«, sagt Sageous. »Irgendwie täuschte der Traum sogar ihren Körper. Ich glaube, man nennt so etwas Scheinschwangerschaft.« Die Schriftzeichen in Sageous’ Gesicht scheinen sich zu bewegen; sie pulsieren, als würden sie sprechen. »Komplizierte Wesen, die Frauen.«
    »Es gab ein Kind. Sie hat es getötet.« Mein Mund ist trocken.
    »Es gab Blut und Schleim. Saraem Wics Gifte bewirken so etwas. Aber ein Kind gab es nicht. Ich bezweifle, dass es jetzt jemals eins geben wird. Die Gifte der alten Hexe sind nicht sehr freundlich. Sie kratzen eine Gebärmutter leer.«
    Ich finde die Klinge und nähere mich Sageous. Ich versuche zu laufen, habe jedoch das Gefühl, durch tiefen Schnee zu stapfen.
    »Dummer Junge. Glaubst du, ich bin wirklich hier?« Er versucht nicht, zu entkommen.
    Ich bemühe mich, ihn zu erreichen, aber ich stolpere.
     
    Schnick .
    Makins Hand am Kupferkästchen. Seine geschlossene Hand.
    Mir war kalt, und ich keuchte. Meine Hände, so musste ich feststellen, waren umeinander geschlossen, nicht um Sageous’ Hals. Er stand nicht vor mir; ich hatte nur ein Phantom gesehen, ein Erinnerungsbild. Ich befand mich noch immer in den Bergen, auf der Flucht.
    »Was zum Teufel machst du da?«, schnaufte Makin.
    Ich sah mich um. Bis zu den Hüften stand ich in Pulverschnee. Zu beiden Seiten ragten Felswände auf. Etwa hundert Meter unter mir mühten sich die Männer der Wache über den Hang.
    »Du darfst das nicht öffnen. Nicht ausgerechnet jetzt!«, rief Makin. Er würgte und schnappte nach Luft. Offenbar hatte er alles aus sich herausgeholt, um zu mir aufzuschließen. Ich riss ihm das Kästchen aus der Hand und vergrub es in einer Tasche.
     
    Es geschieht selten, sehr selten, dass der Pass des blauen Mondes im Winter offen ist. Doch eine ordentliche Lawine räumt den Schnee aus ihm, und für einige Tage, bis sich neuer Schnee ansammelt, kann man über den Rücken des Botrang entkommen. Anschließend bieten einige tiefer gelegene Pässe, die parallel zu den Matteracks verlaufen, dem Fliehenden Gelegenheit, die Berge ganz zu verlassen, und dann liegt das ganze Reich vor ihm ausgebreitet.
    »Lauf.«
    Ein Flüstern in meinem Ohr. Eine vertraute Stimme.
    »Lauf.«
    »Sageous?«, fragte ich so leise, dass Makin mich nicht hörte.
    »Lauf.«
    Tropfen aus reinem Albtraum rannen mir über den Nacken. Ich schauderte. »Keine Sorge, Heide. Ich werde laufen.«

38
Hochzeitstag
    »Statten wir Alarich einen Besuch ab?«, fragte Makin.
    Ich ging weiter. Um uns herum ragten die Seiten des Passes steil auf, von Schnee und Eis verkrustet. Der schwarze Fels zeigte sich nur dort, wo der Wind ihn saubergescheuert hatte.
    »Ich schätze, die Straßen zur Dänlor sind schwierig im Winter«, fügte Makin hinzu. »Aber sie wollte, dass du im Winter kommst, nicht wahr? Die junge Frau meine ich, Alarichs Tochter. Ella?«
    »Elin«, sagte ich.
    »Dein Großvater würde dir Schutz anbieten«, sagte Makin.
    Er wusste, dass wir verloren hatten. Daran änderten auch die vielen Toten nichts, die hinter uns an den Berghängen lagen, unter Stein und Schnee.
    Ich setzte einen Fuß vor den anderen. Der Schnee, den die Lawine zurückgelassen hatte, war fest und knirschte, als er meine Fußspuren festhielt.
    »Ist es schön dort? An der Pferdeküste? Wenigstens wäre es warm.« Makin schlang die Arme um sich.
    Es führen zwei Wege in den Pass des blauen Mondes, wie die
Zunge an der Spitze der gespaltenen Zunge einer Schlange. Durch die Lawine waren sie beide für uns geöffnet. Mit diesem Gedanken hatte ich die Hochländer ihre Donnertöpfe aufstellen lassen.
    »Nun?«, fragte Makin. »Nach oben, hast du gesagt.«
    Ich stapfte weiter, wandte mich nach rechts, wählte den zweiten Weg durch den Pass des blauen Mondes und ging schneller. »Jetzt sage ich ›nach unten‹. Ich habe Marten nicht umsonst aufgefordert, den Laufteil zu halten.«
    Und so führte ich das überlebende Drittel der Wache durch den Pass und in das hohe Tal über dem Laufteil. Und als der Untergrund fester und weniger steil wurde … liefen wir.
    Wir sahen den Rauch, bevor wir die Schreie hörten, und wir hörten die Schreie, bevor wir die Spukburg sahen. Schließlich geriet sie tief unten in Sicht, eine Insel aus Felsgestein in einem Ozean aus Pfeil-Soldaten. Die Streitmacht des Fürsten hatte die Burg ganz umgeben und griff mit Leitern, Wurfhaken-Seilen und Belagerungsmaschinen an, die Felsbrocken gegen die Vorderseite der Burg schleuderten. Ein überdachter Rammbock

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