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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Musikanten. »Ich lasse mir meinen Wein immer aus dem Keller kommen. Ich weiß nicht, was sie in der Küche damit anstellen, aber sie ruinieren ihn. Vielleicht setzen sie ihn zu lange der Luft aus. Und die Mädchen trödeln immer«, sagte sie zu den anderen Damen. »Geh, Junge, und beeil dich.«
    Ich bezweifelte sehr, dass Rialto Lady Agath vor einer zornigen Wespe schützen konnte, geschweige denn vor größeren Gefahren. Aber ich glaubte nicht, dass ihr Gefahr drohte, und außerdem war es mir gleich, und deshalb ging ich ohne weitere Einwände.
    Es dauerte eine Weile, bis ich den richtigen Keller fand, aber nach ein paar falschen Abzweigungen gelangte ich schließlich ans Ziel. Einen Weinkeller erkennt man für gewöhnlich an der dicken Tür, nur übertroffen von den Türen der Schatzkammern in den meisten Burgen. Selbst die treuesten Bediensteten stehlen Wein, wenn sie Gelegenheit dazu erhalten, und sie pinkeln den Beweis über die Mauer.
    Eine weitere Suche war nötig, um den Tageskoch zu finden und ihn für mich aufschließen zu lassen. Er setzte sich auf einen Stuhl an der Tür und begann damit, an einer Hammelkeule zu knabbern, die er in seiner Schürze mitgebracht hatte.
    »Die Krüge stehen dort. Nimm dir einen. Lass den Zapfhahn nicht tropfen. Die Wennith-Roten sind ganz hinten, linke Seite, markiert mit doppeltem Kreuz und Krone.«
    Ich zündete eine Laterne an der seinen an und wagte mich in den Weinkeller.
    »Pass auf die Spinnen auf«, sagte der Koch. »Die kleinen braunen sind schlimm. Lass dich nicht von ihnen beißen.« Als er »klein« sagte, formte er einen Kreis aus Mittelfinger und Daumen, der mir nicht besonders klein erschien.
    Der Keller erstreckte sich auf einer Länge von mehreren Dutzend Metern. Die Weinfässer ruhten in Regalen, die meisten von ihnen noch nicht angestochen. Nur hier und dort sah ich Zapfhähne. Ich trat durch eine der schmalen Gassen und schob mich an einem Ladewagen und mehreren leeren Fässern vorbei, die offenbar dem Zweck dienten, mir den Weg zu versperren.
    Die Fässer mit dem Wennith-Roten waren alle versiegelt, bis auf ein leeres. Ich vermutete, dass ein großer Teil seines Inhalts auf dem Weg zum Abort durch Lady Agath geflossen war. Die Werkzeuge und Hähne für das Anzapfen neuer Fässer lagen nicht in der Nähe. Ich bemerkte eine Tür, hinter einem Stapel leerer Fässer und fast verborgen unter einer Kruste aus Schmutz und Schimmel. Sie wirkte zu wenig benutzt, um in einen Lagerraum zu führen oder zu einem Schrank zu gehören, aber die Notwendigkeit von Hammer und Hahn gab mir einen guten Vorwand, die Tür zu öffnen. Tief in meinem Herzen bin ich ein Erforscher, und ich war ohnehin zur Burg Morrow gekommen, um ein wenig herumzuschnüffeln. Was Adlige in ihren Kellern und Verliesen aufbewahren, kann einem viel über sie verraten. Mein Vater hatte viele meiner späteren Straßenbrüder in seinem Verlies und ließ sie dort foltern. Ich behaupte
keineswegs, dass sie es nicht verdient hätten. Streng, aber fair, so sprach das Verlies über meinen Vater. Hauptsächlich streng.
    Ich schob die leeren Fässer beiseite und musste die Tür anheben und ziehen, damit sie über die Steinplatten kratzte. Als die Lücke breit genug war, schlüpfte ich hindurch. Eine Wendeltreppe führte nach unten. Die Stufen bestanden aus gemeißeltem Stein, das Werk der Steinmetze in den Diensten meines Großvaters, aber der Schacht war gegossen: Erbauer-Stein. Etwa fünfzehn Meter führte er in die Tiefe, ins Grundgestein. Unten gewährte ein Torbogen Zugang zu einem rechteckigen Raum, in dem eine schmutzige Maschine stand, bestehend aus Zylindern, Bolzen und runden Platten. Glühlichter vertrieben einen kleinen Teil der Dunkelheit – drei von etwa zwanzig funktionierten noch –, leuchteten aber nicht so hell wie die in der Hohen Burg.
    Ich ging zu der Maschine und strich mit der Hand über eins ihrer vielen Rohre. Meine Finger wurden schwarz, und wo sie das Rohr berührt hatten, kam silbernes Metall zum Vorschein. Der ganze Apparat zitterte ein wenig: eine leichte Vibration, nicht stärker als die von schweren Schritten auf steinernem Boden.
    »Geh weg.« Ein alter Mann stand dort, schnell von einer unsichtbaren Hand gezeichnet. Der Geist eines alten Mannes, sollte ich besser sagen, denn nur Licht schuf ihn. Ich konnte die Maschine durch seinen Körper sehen; er hatte weder Farbe noch Fleisch, als bestünde er aus Nebel. Er trug weiße, eng anliegende Kleidung von einem seltsamen

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