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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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uns alle in Heiden oder Leichen.«
    »Mohre, wie?«, erwiderte ich. »Sollte ich damit rechnen, bald einige von ihnen töten zu müssen?«
    Andere Wächter rückten näher und hörten zu, während sie ihre Tintenfische kauten. Ich vermutete, dass der Chili die Tentakel vielleicht auflöste, zumindest nach einer Weile, denn Kauen allein schien nicht zu genügen.
    »Könnte durchaus sein«, sagte Greyson. »Ibn Fayed, der Kalif von Liba, hat dreimal in diesem Jahr Schiffe geschickt. Bald dürfte ein weiterer Angriff zu erwarten sein.«
    Plötzlich wurde es still im Speisesaal, und Greyson senkte den Kopf. »Shimon, der Schwertmeister«, flüsterte er. »Er kommt sonst nie hierher.«
    Ein Mann ragte hinter mir auf. Ich konzentrierte mich auf den Tintentisch, steckte ihn mir aber nicht in den Mund.
    »Du, Junge«, sagte Shimon. »Ankrath. Auf den Hof mit dir. Du sollst vielversprechend sein.«

42
Vier Jahre zuvor
    Ich kannte Schwertmeister Shimon. Makin hatte mir Geschichten über ihn erzählt. Über seine Taten als junger Mann, Lehrer von Meisterkämpfern und Turnierlegende. Ich hatte ihn mir jünger vorgestellt.
    »Ja, Schwertmeister«, sagte ich und folgte ihm auf den Hof.
    Zu sagen, dass er sich wie ein Schwertkämpfer bewegte, wäre eine Untertreibung gewesen. Er schien so alt wie Lehrer Lundist zu sein und hatte ebenso langes weißes Haar, aber er bewegte sich, als hörte er das Lied des Schwertes in jedem Augenblick des Tages.
    Qalasadi war aus den Schatten verschwunden, und der Hof erstreckte sich leer, abgesehen von einem Dienstmädchen, das ihn mit einem Wäschekorb überquerte, und den Männern, die beim Tor Wache standen. Weitere Wächter drängten sich hinter uns in der Tür des Speisesaals, wagten es aber nicht, uns auf den Hof zu folgen. Shimon hatte seine Einladung nicht auf sie erweitert.
    Der Schwertmeister drehte sich zu mir um. Dass er so belesen wirkte, überraschte mich. Er hätte als Gelehrter durchgehen
können, ohne die dunkle, sonnengebräunte Haut und den durchdringenden Blick. Er zog sein Schwert, eine Standardklinge wie die meine.
    »Wenn du bereit bist, junger Mann«, sagte er.
    Ich zog mein eigenes Schwert und überlegte, wie ich vorgehen sollte. Vielleicht teilte Qalasadi meinem Onkel in diesem Augenblick mit, wer ich war – warum diese Gelegenheit nicht nutzen?
    Ich schlug nach Shimons Klinge, und er machte den Trick mit der rollenden Hand, den der Fürst von Pfeil benutzt hatte, nur noch besser, und das Schwert rutschte mir aus den Fingern. Gelächter kam von der Tür.
    »Gib dir mehr Mühe«, sagte Shimon.
    Ich lächelte und hob mein Schwert auf. Diesmal griff ich mit einem auf den Körper gezielten Stoß an. Shimon wiederholte den Trick, aber ich rollte ebenfalls das Handgelenk und behielt die Klinge.
    »Besser«, sagte er.
    Bei den nächsten Angriffen verwendete ich schnelle Kombinationen, jene Bewegungsmuster, die ich mit Makin geübt hatte. Shimon wehrte meine Attacken ohne erkennbare Mühe ab und reagierte auf jeden meiner Vorstöße mit einem Gegenangriff, den ich kaum abwehren konnte. Das schnelle Klirren von Metall auf Metall hallte über den Hof. Um mich herum stieg die Musik des Stahls auf. Ich fühlte die kalte Ruhe, wie sie mir über Arme und Wangen rollte, über den Rücken. Ich hörte das Lied.
    Ohne bewusste Gedanken griff ich an, schwang das Schwert weit oben und tief unten, machte Finten und setzte meine ganze Kraft in genau den richtigen Momenten ein. Die ganze Zeit über blieb ich in Bewegung, mit Füßen, Armen und Hüften;
nur der Kopf blieb still. Ich erhöhte das Tempo, wurde schneller, und dann noch schneller. Manchmal konnte ich meine Klinge und das gegnerische Schwert gar nicht mehr sehen, nur noch die Konturen unserer Körper. Die Notwendigkeit des Tanzes ließ mich wissen, wie ich mich bewegen, wo ich parieren musste. Das Geräusch unserer Angriffe und Paraden ähnelte dem Klicken und Klacken von Stricknadeln in Expertenhänden.
    Shimons altes, hartes Gesicht schien nicht für ein Lächeln geschaffen zu sein, aber dennoch fand eins dorthin. Ich grinste wie ein Idiot und war schweißüberströmt.
    »Genug.« Der Schwertmeister wich zurück.
    Es fiel mir schwer, ihm nicht zu folgen, ihn nicht erneut anzugreifen, doch ich ließ das Schwert sinken. Es hatte Freude gelegen in der Reinheit dieses Kampfes, darin, auf der Kante meiner Klinge zu leben, ohne einen Gedanken. Mir klopfte das Herz, und der Schweiß floss in Strömen, aber ich spürte nichts von dem

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