König der Dunkelheit: Roman (German Edition)
Honorous benannt. Du könntest unehelich sein, aber wer bringt einem Bastard bei, die Integralrechnung auch nur zu erkennen? Und wenn du ehelich bist, trägst du den Namen Ankrath. Und welche Angehörige jenes Geschlechts sind junge Männer? Jorg Ankrath fällt mir ein. Und wie alt ist er? Fast fünfzehn, aber noch nicht ganz.«
Ich wusste noch nicht, ob es richtig war, diesen Mann zu mögen, aber sein Vorrat an Fakten und sein deduktives Denken beeindruckten mich. »Spektakulär«, sagte ich. »Falsch, aber spektakulär.«
Qalasadi zuckte die Schultern. »Ich gebe mir Mühe.« Er nickte zum Speisesaal. »Ich schätze, dein Essen wartet auf dich.«
Ich stand auf und machte mich daran, den Hof zu überqueren. Doch nach einigen Schritten blieb ich stehen. »Warum drei?«
Qalasadi zog die Stirn kraus, als versuchte er, sich einen verlorenen Eindruck ins Gedächtnis zurückzurufen. »Drei Schritte nach draußen? Drei in der Kutsche? Drei Frauen, die
dich lieben werden? Drei Brüder auf der Reise verloren? Die Magie liegt in der ersten Zahl, die Mathematik in der zweiten.«
Die »drei Schritte« schickten mir einen kalten Finger über den Rücken, als hätte Qalasadi in meinem Hinterkopf gewühlt und etwas gefunden, das besser versteckt geblieben wäre. Ich gab keine Antwort und ging weiter, dachte dabei an eine stürmische Nacht, von Blitzen erhellt, und sah eine leere Kutsche, während ich in Dornen hing.
Ich fand mich an einem Tisch im Speisesaal wieder, ohne zu wissen, wie ich dorthin gelangt war. Wie lange würde es dauern, bis Qalasadi seine Schlussfolgerungen vor die Füße meines Onkels legte? Vielleicht verdarb er mir das Spiel, doch für eine Gefahr hielt ich ihn nicht.
»Kein Hunger?« Der kleine Wächter vom Tor saß mir gegenüber. Sunny.
Ich starrte auf mein Essen und versuchte, daraus schlau zu werden. »Was ist dieses Zeug? Hat sich jemand auf meinen Teller erbrochen?«
»Pikanter Tintenfisch.« Der Wächter küsste seine Fingerspitzen und breitete sie aus. Mwah .
Ich spießte einen Tentakel auf, was schwierig genug war, und machte mich ans Kauen. Ebenso gut hätte ich auf Schuhleder herumbeißen können. Allerdings hätte man das Leder für eine gleichwertige Erfahrung in Brand setzen müssen. Gewürze sind gut und schön. Salz nach Belieben, eine Prise Pfeffer, ein Lorbeerblatt in der Suppe, vielleicht eine Gewürznelke oder auch zwei im Apfelkuchen. Aber an der Pferdeküste scheint man eine Schärfe zu lieben, die einem die Haut von der Zunge zieht. Ich hatte mich außen verbrannt, ohne es zu mögen, und ich sah keinen Sinn darin, mich auch an der Innenseite zu verbrennen. Ich spuckte den Inhalt meines Munds auf den Teller.
»Dies ist wahrhaft abscheulich!«, sagte ich.
»Ich hätte auch deine Portion gegessen«, sagte der Wächter. »Aber du hast hineingespuckt. Übrigens, ich heiße Greyson.«
»William von Ankrath«, sagte ich, nahm mein Stück Brot, knabberte vorsichtig daran und rechnete halb damit, dass der Koch einen Beutel Chili ins Mehl gemischt hatte.
»Was hat es mit dem Mohr auf sich?«, fragte ich und strich mir mit den Fingern über die Zähne, als sei »Mohr« nicht Beschreibung genug.
»Du bist Qalasadi bereits begegnet, wie?« Greyson lächelte. »Er ist der Buchführer der Burg. Vollbringt Wunder bei den hiesigen Kaufleuten. Sorgt dafür, dass Graf Hansa all die guten Verträge bekommt. Das Beste von allem: Er ist für die Bezahlung der Wächter zuständig und gibt das Geld nie einen Tag zu spät. Vor fünf Jahren führte Friar James die Bücher. Manchmal blieben wir einen ganzen Monat ohne Sold.« Er schüttelte den Kopf.
»Steht er dem Grafen und seinem Sohn nahe, dieser Qalasadi?« , fragte ich.
»Nicht besonders. Er ist nur der Buchhalter.« Greyson hob und senkte die Schultern.
Das gefiel mir, aber ich fragte mich, wieso sich ein Mann mit solchen Fähigkeiten mit einer so kleinen Rolle zufriedengeben sollte.
»Ich mag ihn«, sagte Greyson. »Manchmal spielt er Karten mit den Mauerwächtern. Verliert immer, beklagt sich nicht, trinkt nie unser Bier.«
»Man sollte meinen, dass er beim Kartenspiel gut ist«, sagte ich.
»Er ist schrecklich. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er die Regeln versteht. Aber es scheint ihm zu gefallen, und die
Männer mögen ihn. Sie setzen ihm nicht zu, weil er der einzige Mohr in der Burg ist. Und eigentlich sollte man so etwas von ihnen erwarten. Immerhin dringen seine Landsleute auf dem Kontinent immer weiter vor und verwandeln
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