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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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war rot und schorfig. Kent bot ein ähnliches Bild; er war jetzt so rot, wie sein Name versprach. Ich drehte mich zu Makin um, der ebenfalls schorfig war und sein Pferd führte. Das Tier sah schlimmer aus als er: Seile aus Schleim hingen an seinem Maul, und es hatte Blasen auf der Zunge.
    »Ich glaube, dies ist kein guter Ort.« Ich griff nach meinem Messer und stellte fest, dass es fehlte. »Was machen wir hier?«
    »Wir kamen auf der Suche nach einem Mann namens Luntar hierher«, sagte Makin. »Ein Alchimist aus dem Äußersten Osten. Er lebt hier.«
    »Und ›hier‹ ist …?«
    »Thar.«
    Ich kannte den Namen. Auf der Karte hatte das Wort am Rand des thurtanischen Graslands gestanden. Ein Brandfleck hatte keine Einzelheiten des entsprechenden Gebiets erkennen lassen, und ich dachte mir jetzt, dass er vielleicht kein Zufall gewesen war.
    »Vergiftetes Land«, sagte Makin. »Manche nennen es ein Versprechen.«
    Eine Erbauer-Sonne hatte hier gebrannt, vor vielen Jahrhunderten. Das Versprechen lautete, dass dieses Land eines Tages wieder sicher sein würde. Ich steckte die Finger erneut in den Sand. Nicht die, denen die Nägel fehlten. Ich fühlte den Tod, der dort lauerte, ich konnte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger rollen. Heiß. Tod und Feuer zusammen.
    »Er lebt hier?«, fragte ich. »Brennt er nicht?«
    Makin schaudert. »Doch«, sagte er. »Doch, er brennt.« Es ist einiges nötig, um Makin schaudern zu lassen.
    Das Gefühl der Leere setzte mir zu und schluckte die Fragen, die ich vor allen anderen stellen wollte.
    »Und was wollten wir von diesem Magier aus dem Osten?«, erkundigte ich mich.
    Makin zeigte mir, was er die ganze Zeit über in der Hand gehalten hatte. »Dies.«
    Ein Kästchen. Ein Kästchen aus Kupfer, mit der Darstellung von Dornen, ohne Verschluss. Ein Kästchen aus Kupfer. Nicht groß genug für einen Kopf. Die Faust eines Kindes hätte hineingepasst.
    »Was ist in dem Kästchen?« Ich wollte es gar nicht wissen.
    Makin schüttelte den Kopf. »Wahnsinn steckte in dir, Jorg. Als du zurückgekehrt bist.«
    »Was ist da drin?«
    »Luntar hat den Wahnsinn hineingelegt.« Makin verstaute das Kästchen wieder in der Satteltasche. »Er hätte dich umgebracht.«
    »Er hat meine Erinnerungen in das Kästchen gestopft?«, fragte ich ungläubig. »Du hast ihm erlaubt, mir meine Erinnerungen zu nehmen?«
    »Du hast ihn darum angefleht, Jorg.« Makin vermied es, mich anzusehen. Rike hingegen glotzte mich die ganze Zeit an.
    »Gib es mir.« Ich wollte die Hand danach ausstrecken, aber sie weigerte sich.
    »Er hat mir gesagt, dass ich dir das Kästchen nicht geben soll.« Makin klang unglücklich. »Er sagte mir, ich soll dich einen Tag warten lassen. Wenn du das Kästchen dann noch immer willst, sollst du es haben.« Makin biss sich auf die Lippe. Das tat er zu oft. »Vertrau mir hierbei, Jorg. Du möchtest nicht dorthin zurück, wo du gewesen bist.«
    Ich zuckte die Schultern. »Also morgen.« Denn es ist Vertrauen, mit dem ein Anführer seine Männer an sich bindet. Und weil meine Hände das Kästchen nicht wollten. Es wäre ihnen lieber gewesen, zu verbrennen. »Und nun … Wo ist mein verdammter Dolch?«
    Makin sah nur zum Horizont. »Vergiss ihn besser.«
     
    Wir setzten den Weg fort und führten die Pferde, wir alle zusammen. Nach Osten gingen wir, und wenn Wind wehte, brannte der Sand wie Brennnesseln. Nur Gog und Gorgoth schien es nichts auszumachen.
    Gog blieb zurück, als wollte er nicht in meine Nähe. »Ist es überall so?«, fragte ich ihn, nur um ihn dazu zu bringen, mich anzusehen. »Selbst dort, wo Luntar wohnt?«
    Er schüttelte den Kopf. »Bei seiner Hütte verwandelt sich der Sand in Glas. Schwarzes Glas. Es schneidet in die Füße.«
    Wir gingen weiter. Rike marschierte an meiner Seite und warf mir einen gelegentlichen Blick zu. Er sah mich jetzt irgendwie anders an. Als wären wir ebenbürtig.
    Ich hielt den Kopf gesenkt und versuchte, mich zu erinnern.
Immer wieder stieß ich das Loch in meinem Geist an. »Hallo, Jorg«, hatte sie gesagt.
    Wir sind vor allem Erinnerungen. Momente und Gefühle, in Bernstein gefangen, an Fäden der Vernunft aufgereiht. Wenn man einem Mann die Erinnerungen nimmt, so nimmt man ihm alles. Man schneide eine Erinnerung nach der anderen fort – damit bringt man ihn ebenso sicher um, als schlüge man ihm einen Nagel nach dem anderen in den Kopf.
    »Hallo, Jorg«, hatte sie gesagt. Wir waren bei der Statue von Mädchen und Hund gewesen, auf dem Friedhof,

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