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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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sah Gog an. »Wir müssen jemanden treffen, Gog. Dein Problem, diese Feuer, sie werden dir immer mehr zu schaffen machen, und ich kann nichts dagegen tun. Auch Gorgoth kann dir nicht helfen. Du musst damit rechnen, dass es jedes Mal schlimmer wird, und dann noch schlimmer.« Ich machte ihm nichts vor. Er wollte nicht, dass ich ihn belog.
    Eine Träne rollte ihm über die Wange und verdampfte mit einem leisen Zischen. Ich nahm seine Hand, klein in meiner, und schloss seine Finger um die gestohlene Rune. »Du und ich, Gog, wir sind gleich. Wir sind Kämpfer, Brüder. Wir gehen zusammen hinein und kommen zusammen heraus.« Wir waren tatsächlich gleich, von allen Lügen abgesehen. Tief unten gab
es eine Verbindung, die das Gute in ihm beiseiteschob und das Böse in mir. Ich wollte erleben, dass er gewann. Mit Selbstlosigkeit hatte das nichts zu tun. Wenn Gog überstehen konnte, was ihn innerlich zerfraß, so war vielleicht auch ich dazu imstande. Himmel, ich war nicht durchs halbe Reich geritten, um ein monströses Kind zu retten. Es ging mir um die eigene Rettung.
    »Wir rufen Ferrakind zu uns«, sagte ich und sah zu den Trollen. Sie beobachteten mich mit feucht glänzenden schwarzen Augen, ohne auf den Namen Ferrakind zu reagieren. »Verstehen sie, was ich sage?«
    »Nein«, antwortete Gorgoth. »Sie überlegen, ob du gut schmeckst.«
    »Frag sie, ob es andere Ausgänge gibt, die höher auf den Berg führen.«
    Eine Pause. Ich spitzte die Ohren und lauschte, hörte aber nur das leise Knistern von Gogs Flamme.
    »Sie können uns zu einem solchen Ausgang bringen«, sagte Gorgoth.
    »Sag ihnen, dass Ferrakind kommen wird. Sag ihnen, sie sollen sich verstecken, aber bereit sein, uns zu dem Ausgang zu bringen.«
    Ich konnte regelrecht sehen, wie Gorgoths Gedanken die Trolle erreichten. Sofort richteten sie sich auf und öffneten die schwarzen Mäuler zu lautlosem Knurren. Schwarze Zungen strichen über gezackte Zähne. Dann machten sie sich auf und davon und verschwanden noch schneller in der Dunkelheit, als sie gekommen waren.
    »Also gut, wir rufen Ferrakind. Ich werde ihn darum bitten, dir zu helfen.« Ich lenkte Gogs Gesicht vom Eingang weg und zu mir. »Wenn es gefährlich wird … Dann möchte ich, dass du den Trick anwendest, den wir im Saal des Herzogs gesehen haben.
Wenn Ferrakind versucht, uns zu verbrennen, so möchte ich, dass du das Feuer nimmst und zu einem Ort bringst, den ich dir zeigen werde.«
    »Ich versuch’s«, sagte Gog.
    »Gib dir alle Mühe.« Ich habe mein ganzes Leben eine Riesenangst vor dem Verbrennen gehabt, seit dem Schürhaken. Vielleicht war die Angst sogar noch älter. Ich dachte an den Hund Gerechtigkeit, wie er heulte, als er gefesselt verbrannte. Bittere Kotze blubberte tief in meiner Kehle. Ich konnte einfach gehen, sagte ich mir. Ich konnte dieser Sache einfach den Rücken kehren.
    »Wie willst du ihn hierherkommen lassen, Bruder Jorg?« Gogs erste Frage an diesem Tag.
    Ich sah mich noch immer wie in einer Vision über den Hang gehen. Ich würde im Sonnenschein vor mich hin pfeifen und lächeln. Schweiß rann mir aus den Achseln, legte sich mir kühl auf die Brust. Wenn Makin hier wäre, hätte er bestimmt darauf hingewiesen, dass er kein gutes Gefühl dabei hatte. Zu Recht.
    Ich konnte einfach gehen. Jetzt sofort.
    Wenn Coddin bei mir gewesen wäre, hätte er von einem zu großen Risiko gesprochen, ohne sichere Aussicht auf Erfolg. Er würde solche Worte benutzen, die aber eigentlich bedeuteten: »Verschwinde von dort, Jorg, so schnell wie möglich.« Denn er wollte nicht, dass ich verbrannte.
    Und wenn mein Vater hier gewesen wäre, wenn er gesehen hätte, wie ich in den Sonnenschein trat und den leichten Weg beschritt … Mit einer Stimme so leise, dass man sie fast überhörte, würde er sagen: »Noch eins, Jorg. Noch eins.« Und bei jeder Abzweigung, zu der mich der Weg meines Lebens später führte, würde ich jedes Mal den leichten Pfad wählen. Und letzten Endes würde das, was ich liebte, trotzdem brennen.
    »Mach ein Feuer, Gog«, sagte ich. »Mach das größte verdammte Feuer auf der ganzen Welt.«
    Gog sah zu Gorgoth, der nickte und zurücktrat. Für einen langen Moment – lang genug, um mehrmals tief durchzuatmen  – geschah nichts. Dann gerieten die Flammenmuster auf Gogs Rücken in Bewegung, schwach zuerst, sodass man nicht ganz sicher sein konnte, ob sie sich tatsächlich bewegten. Die Farben wurden dunkler. An mehreren Stellen zeigte sich ein Scharlachrot, und

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