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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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dorthin und bedecken ihn. Wenn er Glück hat, holen wir ihn später. Wenn nicht, ist er bereits begraben.«
    Es waren schon Männer der Wache da, bereit dazu, Coddin zu tragen. Niemand von ihnen klagte. Sie mochten ihn ebenfalls.

25
Hochzeitstag
    Von keinem der Männer, die Coddin den Berg hinauftrugen, kam ein Wort der Klage. Sie hatten gar keinen Atem dafür, aber selbst wenn sie ihn gehabt hätten, sie wären trotzdem still geblieben. Coddin führte Männer an, indem er ihnen ein Beispiel gab. Irgendwie weckte er in ihnen den Wunsch, alles richtig zu machen.
     
    »Ich liebe Euch, Jorg, als meinen König, und auch wie ein Vater seinen Sohn liebt, oder lieben sollte.«
    Es gibt Dinge, die sich zwei Männer nur sagen können, wenn Pfeile auf sie herabregnen und einer von ihnen tödlich verletzt ist, wenn sie allein sind, von einer Steinlawine umgeben, und wenn sich Tausende von feindlichen Soldaten nähern. Und selbst dann ist mit solchen Worten Unbehagen verbunden.
    Wir trugen Coddin, Hauptmann Lore Coddin, früher von Ankrath, Großkanzler des Hochlands von Renar. Wir trugen ihn vor den frischen, schnellen Soldaten von Pfeil, die es gar nicht abwarten konnten, Tausende von herabstürzenden Felsen zermalmte Gefährten zu rächen. Die Bogenschützen
der Wache hielten jede Anhöhe bis zum letzten Moment und jagten Pfeil auf Pfeil in die heranwogende Flut der Soldaten, die nicht nur den Berg hinauf klettern mussten, sondern auch über ihre Toten. Und so müde sie auch waren, die Männer der Wache vergrößerten ein wenig ihren Vorsprung, obgleich sie Coddin in ihren Armen trugen.
    Die zu den Bergstürzen vorausgeschickten Männer fanden einen geeigneten Hohlraum zwischen zwei Felsen. Sie vergrößerten ihn und legten Steine bereit, mit denen sich die Zugangsöffnung schließen und das Versteck verbergen ließ.
    Als wir die Höhle erreichten, waren die Coddin tragenden Männer scharlachrot von seinem Blut, und er stöhnte bei jedem Ruck. Die Hauptleute Keppen und Harold sammelten ihre Gruppen an verschiedenen Stellen auf dem Hang; sie verschossen ihre letzten Pfeile, um die Aufmerksamkeit des Feinds zu binden, und um ihn zu töten.
    Mit dem schmalen Ende des Tals vor uns, mit der darüber glänzenden Schneegrenze und dem auflebenden Wind, der mit kleinen, scharfen Fingern Wärme stahl, mit den Soldaten von Pfeil, die keuchend näher kamen … lag ich auf den Felsen und sprach durch Lücken zwischen den Steinen zum Sterbenden darunter.
    »Sei jetzt still, alter Mann«, sagte ich.
    »Du musst mich ausgraben, wenn du willst, dass ich schweige«, ächzte Coddin und duzte mich plötzlich. »Oder lauf weg. Aber ich habe so das Gefühl, dass du nicht weglaufen willst, zumindest noch nicht.« Er hustete und versuchte, über ein Stöhnen hinwegzutäuschen. »Du musst solche Worte hören, Jorg. Du musst wissen, dass man dich nicht nur fürchtet, sondern auch liebt. Das musst du wissen, um zu mildern, was dich vergiftet.«
    »Hör auf.«
    »Du musst es wissen.« Coddin hustete erneut.
    »Ich kehre zurück und hole dich, wenn dies vorbei ist, Coddin. Also sag nichts, was du später bereust, denn ich werde es gegen dich verwenden.«
    »Ich liebe dich aus keinem besonderen Grund, Jorg. Ich habe keine Söhne, aber wenn ich welche hätte, würde ich wollen, dass sie so wären wie du. An einem guten Tag bist du ein gemeiner Mistkerl.«
    »Vorsicht, alter Mann. Ich kann noch immer ein Schwert durch diesen Spalt stoßen und dich von deinem Leid befreien.«
    Links von mir schrie ein Mann der Wache und fiel mit einem Pfeil im Hals. Wie Maical, nur lauter. Ein zweiter Schaft traf den Felsen hinter mir und zerbrach.
    »Ich liebe Euch aus keinem besonderen Grund«, sagte Coddin und sprach nun mit dem Akzent seiner Heimat. Die Stimme war schwach geworden.
    Ich hörte das Pochen von Stiefeln. Das Klirren von Stahl auf Stahl. Schreie.
    »… aber ich liebe Euch sehr.«
    Ich sah auf und blinzelte. Weiter unten am Hang schlug Makin auf die ersten Feinde ein, die uns erreichten: die Klinge eines Meisters gegen müde, gewöhnliche Schwerter. Kein richtiger Kampf. Aber das würde sich bald ändern, wenn die zahlenmäßige Überlegenheit des Gegners wuchs.
    »Unternimm etwas in Hinsicht auf das Mädchen.« Coddins Stimme bekam neue Kraft.
    »Miana?«, fragte ich. Sie sollte in der Burg sicher sein. Zumindest vorerst.
    »Katherine von Scorron.« Wieder ein Husten. »Diese Dinge scheinen schrecklich wichtig zu sein, wenn man jung ist.

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