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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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Angelegenheiten
des Herzens und der Lenden. Sie füllen die ganze Welt, wenn man achtzehn ist. Aber glaub mir: Wenn man über die fünfundvierzig hinaus ist und die Vergangenheit im Nebel verschwindet … dann sind diese Dinge immer noch wichtig. Tu was. Viele Geister bedrängen dich. Das weiß ich, obwohl du es gut versteckst.«
    Die Männer der Wache schützten meine Position und kämpften gegen einige Dutzend feindliche Soldaten. Sie kannten ihre Bögen so gut, als wären sie mit ihnen verheiratet, aber sie verstanden es auch, sich im Nahkampf zu behaupten. An einem steilen Hang mit lockerem Geröll zu kämpfen ist nicht unbedingt eine Fähigkeit, die man zum ersten Mal erlernen möchte, wenn jemand versucht, einen umzubringen. Die Männer der Wache hatten Jahre Zeit gehabt, diese Kunst zu erlernen, und deshalb hielten sie dem Gegner zunächst stand.
    »Wenn du eine Gelegenheit wie Katherine versäumst, wird es dich länger und qualvoller verfolgen als all die Geister, mit denen du es jetzt zu tun hast«, sagte Coddin.
    Ein weiterer Pfeil schlug gegen einen Felsen, ein ganzes Stück näher als der andere.
    »Lauft!«, rief ich.
    Welche Weisheiten Coddin sonst noch auf Lager haben mochte, sie mussten warten. Sentimentales Geplauder ist ja ganz schön und nett, aber es stört eher, wenn man an einem steilen Berghang hockt und von einer großen Übermacht angegriffen wird.
    »Lauft!«, rief ich. Aber diesmal hob ich nicht den Kurzbogen mit einem violetten Band daran, denn ich wollte einen Plan ausführen, und kein Teil von ihm sah vor, dass ich von Pfeilen getroffen wurde.

26
Hochzeitstag
    Ich hatte schon oft Brüder begraben, sogar Freunde, aber nicht einen von ihnen bei lebendigem Leib.
    Wir ließen Coddin in seinem Grab zurück, nicht tot, aber auf halbem Weg ins Jenseits. Über die Stelle, wo er lag, zogen wir uns zurück, und Blut markierte unseren Weg. Ich stürzte mich ins Getümmel und schnitt eine Gasse durch die Soldaten von Pfeil, als wollte ich mitten durch sie zur Spukburg zurück.
    Es gibt etwas an einem Kampf, das einen alle Sorgen vergessen lässt. Vielleicht liegt es daran, dass die Sorgen plötzlich winzig sind im Vergleich mit all den neuen Problemen, die in Form von scharfen Klingen vor einem erscheinen.
    Vielleicht stimmt mit mir etwas nicht. Vielleicht hat es etwas mit den drei Schritten zu tun, die mich von der Welt vernünftiger, guter Männer trennen. Aber es gibt kaum etwas Befriedigenderes für mich als ein guter parierter Hieb, ein schneller Gegenangriff und der schmerzerfüllte Schrei eines Feindes. Himmel, Geräusch und Gefühl einer durch Fleisch schneidenden Klinge sind so herrlich wie perfekte Flötenklänge. Vorausgesetzt
natürlich, dass es nicht mein Fleisch ist. Es kann nicht richtig sein, aber so empfinde ich nun einmal.
    Ich kämpfte gut, aber es kamen immer mehr Feinde, als wollten sie alle an diesem Tag sterben. Wir wichen zurück und überließen es ihnen, in Blut auszurutschen und über Leichen zu stolpern. Die meisten von uns fanden Platz genug, sich umzudrehen und zu laufen. Viele von uns schafften es nicht.
    Ungefähr zwei Drittel der Wache entkamen durch den Engpass am Ende des Tals und kletterten über die steileren Hänge auf die breite Schulter des Berges weiter oben. Die übrigen Männer, selbst wenn sie nur leicht verletzt waren, wurden vom vorrückenden Heer verschlungen.
    Wind ist die scheußlichste Kälte. Ungeschützt an den Hängen bekamen wir in aller Deutlichkeit seine kalten Klauen zu spüren. Das Laufen und Klettern half nicht. Der Wind ließ die Glieder trotzdem kalt werden und nahm ihnen nach und nach die Kraft.
    Wir kämpften uns vorwärts, durch den Wind, ein wilder Haufen ohne Ränge und ohne Ordnung. Der Schnee machte uns blind, kleine Flocken, so kalt, dass sie nicht auf den Felsen hafteten. Nicht weit über uns glänzte die Schneegrenze. Dort begann eine weiße Decke, die Felsspalten und Mulden verbarg, alles gleich aussehen ließ. Monotones Weiß, das bis zum Pass des blauen Mondes reichte, der voller Schnee war und sich nicht für die Flucht eignete. Und dahinter erstreckte es sich bis zum Gipfel des Botrang, und noch weiter nach oben, bis zum Himmel.
    Ich schloss zu Makin auf, der mit aschfahlem Gesicht taumelte. Er sah mich an, nur ganz kurz, als wäre er so müde, dass er kaum den Kopf heben konnte. Er hatte keinen Atem für Worte, aber sein Blick, so kurz er auch sein mochte, sagte mir,
dass wir an diesen Hängen sterben würden. Vielleicht

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