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König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

König der Dunkelheit: Roman (German Edition)

Titel: König der Dunkelheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Lawrence
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erwidere ich.
    »Würdest du Sareth töten?«, fragt Katherine. Für einen Moment denke ich, dass sie eine Bitte an mich richtet. Dann fällt mir ein, dass sie nicht ist wie ich.
    »Vielleicht … Gefällt sie meinem Vater?« Ich frage nicht, ob er sie liebt, denn mein Vater hat nie geliebt. Und ich lüge nicht. Wenn es meinen Vater schmerzen würde, sie zu verlieren … Dann wäre ich vielleicht bereit, Sareth zu töten.
    »Nein. Ich glaube, Olidan gefällt gar nichts. Ich kann mir nicht einmal vorstellen, was ihm gefallen könnte. Obwohl er an jenem Tag lachte, als du Galen getötet hast«, sagt Katherine.
    »Ich könnte Sareth töten, falls du dich irrst oder sie zu schützen versuchst«, sage ich. Ich weiß nicht, warum ich sie nicht belügen kann. »Aber wahrscheinlich sprichst du die Wahrheit. Mein Vater hat in dieser Welt wenig gefunden, das ihn nicht enttäuscht.«
    Sie tritt auf mich zu, und obgleich sie näher kommt, wächst die Distanz in ihren Augen. Ich nehme ihren Geruch wahr, Flieder und weißen Moschus.
    »Du hast mich geschlagen, Jorg«, sagt sie.
    »Du wolltest mich erstechen.«
    »Du hast mich mit der Vase meiner Mutter geschlagen.« Ihre Stimmt klingt verträumt. »Und dabei zerbrach sie.«
    »Tut mir leid«, sage ich. Und die seltsame Wahrheit lautet, es tut mir tatsächlich leid.
    »Ich wurde nicht erschaffen, um dies zu sein.« Ihre Hand sucht etwas, das sich in den Falten ihres Reitgewands verbirgt, unter verblassendem Samt. »Ich wurde nicht als Trophäe erschaffen, um die Fürsten und Prinzen kämpfen, oder als Behälter, in dem ihre Kinder heranwachsen. Verdammt. Würde es dir gefallen, eine Trophäe zu sein? Oder nur zu existieren, um Kinder zu gebären und großzuziehen?«
    »Ich bin keine Frau«, sage ich. Es sind meine Lippen, sie füllen die Pause, während mir die Fragen – beziehungsweise die neuen Bilder, die Katherine von sich malt – durch den Kopf gehen.
    Ich sehe, wie sie ein Messer unter ihrem Gewand hervorholt. Eine lange Klinge wie jene, die durch Lücken in Rüstungen gestoßen werden, wenn man seinen Gegner in die Enge getrieben hat. Aber nicht ganz so robust. Diese Klinge würde brechen, wenn sich der Mann in der Rüstung bewegt, und vielleicht würde sie nicht das Herz erreichen. Eigentlich soll ich das Messer gar nicht sehen. Die Augen soll ich sehen, den Mund, das Heben und Senken der Brust, aber ich sehe oft mehr, als ich soll.
    »Kann ich nicht etwas mehr für mich wollen?«, fragt sie.
    »Das Wollen ist frei.« Ich kann nicht anders, als sie anzustarren. Nur gelegentlich berührt mein Blick das Messer. Katherines Augen sehen mich nicht. Ich glaube, sie weiß gar nicht, was ihre Hände tun: die rechte um das Heft des Messers geschlossen, die linke auf dem Bauch, gekrümmt wie eine Klaue, als wollte sie sich den Leib aufreißen.
    »Muss ich ein Ungeheuer sein? Ist es mir bestimmt, eine neue Königin von Rot zu werden und …«
    Ich packe das Handgelenk, als sie das Messer nach mir stößt. Sie ist stärker, als ich dachte. Wir sehen beide auf meine Hand hinab, dunkel an ihrem weißen Handgelenk, und auf die dünne Klinge, die nur wenige Zentimeter von meinen Lenden trennen.
    »Ein Schlag unter die Gürtellinie.« Ich drehe ihren Arm, aber sie lässt das Messer fallen, bevor ich sie dazu zwinge.
    »Was?« Mit offenem Mund starrt sie auf ihre Hand und dann auf meine.
    »Du lässt es dir zur Gewohnheit werden, mich erstechen zu wollen«, sage ich. Bitterkeit steigt in mir auf. Ich schmecke sie.
    »Ich habe unser Kind getötet, Jorg.« Ihr Lachen ist zu schrill, zu wild. »Ich habe es getötet. Mit einer bitteren Pille, die ich von Saraem Wic bekam. Sie lebt hier.« Katherine dreht ruckartig den Kopf, als rechnete sie damit, das alte Weib zwischen den Bäumen zu sehen.
    Ich habe von Saraem Wic gehört und gesehen, wie sie ihre Kräuter und Pilze sammelt. Einmal bin ich zu ihrer Hütte geschlichen, fast nahe genug, um durchs Fenster zu sehen. Aber ich wollte nicht näher heran. Es roch nach verbranntem Hund. »Wovon redest du da?«, frage ich. Katherine ist wunderschön. Sie scheint es zu bedauern, eine Frau zu sein, aber hier vergesse ich selbst das Messer auf dem Boden, das Messer, das sie mir fast in den Leib gestoßen hätte. Ich vergesse es wegen der Wölbung ihres Halses, wegen der zitternden Lippen. Das Verlangen macht Männer zu Narren.
    »Du hast mich geschlagen, und dann hast du mich genommen. Du hast deine Saat in mir hinterlassen.« Sie spuckt. Die Spucke

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