Koenig der Murgos
sich Silk.
»Das ist schwer zu sagen.«
»Dann schaue ich mich wohl besser um.« Der kleine Drasnier deutete auf einen Hügel, der aus dem Wald ragte. »Von dort oben sehe ich sicher mehr.«
»Ich finde, es ist Zeit fürs Frühstück«, meinte Polgara. »Suchen wir eine Lichtung und machen ein Feuer.«
»Ich bin bald zurück.« Silk wandte sein Pferd und ritt durch die weißen Stämme.
Der Rest ritt hangab, und der goldene Laubteppich raschelte unter den Hufen ihrer Pferde. Nach mehreren hundert Metern gelangten sie zu einer Lichtung an den Ufern des Baches, den sie an der Höhlenöffnung gehört hatten. Polgara zügelte ihr Pferd. »Hier ist ein hübsches Fleckchen. Garion, wie wär's, wenn du und Eriond ein bißchen Brennholz sammelt? Speck auf geröstetem Brot würde gut schmecken.«
»Ja, Tante Pol«, antwortete er automatisch und schwang sich aus dem Sattel. Mit Eriond verschwand er zwischen den wei-
ßen Bäumen.
»Es tut gut, wieder im Sonnenschein zu sein«, stellte Eriond fest, während er einen großen Ast unter einem gefällten Baum hervorzog. »Die Höhlen sind ja recht hübsch für die Ulgoner, aber ich habe lieber den weiten Himmel über mir.«
Garion fühlte sich diesem offenen jungen Mann sehr zugetan. Ihr gemeinsames Erlebnis in der Höhle hatte sie noch enger verbunden und eine Idee ins Licht gerückt, die Garions Unterbewußtsein bereits mehrere Jahre beschäftigt hatte. Die Tatsache, daß sowohl er wie Eriond von Tante Pol und Durnik großgezogen worden waren, hatte sie in vieler Hinsicht zu etwas wie Brüdern gemacht. Darüber dachte er nach, während er mehrere starke Äste mit einer Schnur zusammenband.
Gleichzeitig erkannte er, daß er im Grunde genommen sehr wenig über Eriond wußte.
»Eriond«, fragte er ihn neugierig. »Kannst du dich noch erinnern, wo du gelebt hast, ehe Zedar dich fand?«
Der junge Mann blickte nachdenklich zum Himmel. »In einer Stadt, glaube ich. Ich erinnere mich an Straßen – und Lä-
den.«
»Und an deine Mutter?«
»Ich fürchte nein. Ich erinnere mich nicht, daß ich irgendwo lange gewohnt hätte – oder bei denselben Leuten. Ich glaube, ich bin von einer Tür zur anderen gegangen, und die Leute ließen mich ein und gaben mir zu essen und ein Plätzchen zum Schlafen.«
Garion empfand plötzlich starkes Mitgefühl. Eriond war ebenso – oder vielleicht sogar noch mehr – ein Waise wie er.
»Erinnerst du dich an den Tag, als Zedar dich zu sich genommen hat?«
Eriond nickte. »Ja, ganz genau. Es war bewölkt, und es gab keine Schatten, darum konnte ich nicht erkennen, welche Ta-geszeit es war. Ich begegnete ihm in einer schmalen Straße, einer Gasse wohl eher. Deutlich erinnere ich mich, daß seine Augen einen verwundeten Ausdruck hatten - als wäre ihm etwas Schreckliches zugestoßen.« Er seufzte. »Armer Zedar.«
»Hat er je mit dir gesprochen?«
»Nicht sehr oft. Ungefähr das einzige, was er je zu mir sagte, war, daß er eine Botschaft für mich habe. Aber er hat manchmal im Traum geredet. Ich erinnere mich, daß er öfters ›Meister‹ sagte. Manchmal schwang dabei Liebe aus seiner Stimme, doch manchmal auch Furcht. Es war, als hätte er zwei völlig verschiedene Gebieter gehabt.«
»Da hast du dich nicht getäuscht. Anfangs war er ein Jünger Aldurs gewesen. Später war sein Meister Torak.«
»Warum hat er das getan? Seine Meister gewechselt, meine ich.«
»Das weiß ich nicht, Eriond.«
Durnik hatte in der Mitte der Lichtung ein kleines Feuer gemacht, und Polgara, die vor sich hinsummte, hantierte mit Töpfen und Pfannen. Während Garion und Eriond das gesammelte Holz in handliche Stücke brachen, kehrte Silk zu-rück. »Man kann von da oben ziemlich weit sehen«, erklärte er, als er absaß. »Wir befinden uns etwa dreißig Meilen oberhalb der Bergstraße nach Muros.«
»Konntest du den Malierin sehen?« fragte Belgarath.
Silk schüttelte den Kopf. »Nicht den Fluß selbst, aber ein ziemlich großes Tal im Süden. Ich nehme an, daß er dort hin-durchfließt.«
»Dann schätzte ich also ziemlich genau. Wie sieht das Terrain zwischen hier und der Hochstraße aus?«
»Nicht sehr vielversprechend. Es ist steil, und die Wälder sind offenbar sehr dicht.«
»Wir müssen zusehen, daß wir so schnell wie möglich hin-durchkommen. Sobald wir die Hochstraße erreicht haben, wird es leichter.«
Silk verzog das Gesicht. »Da ist jedoch noch ein Problem.
Aus dem Westen zieht ein Sturm auf.«
Durnik hob das Gesicht und schnupperte in
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