Koenig der Murgos
hatte, erfüllte das Gesicht Toraks ihn mit Grauen. So wunderte er sich nicht sehr, daß er innerlich zitterte, als sie sich dem Eingang zum Tempel des verstümmelten Gottes von Angarak näherten.
11
Sadi rutschte aus dem Sattel, ging hinauf zur beschlagenen Tür und betätigte den rostigen Eisenklopfer, daß der Widerhall durch den Tempel dröhnte.
»Wer begehrt Einlaß in das Haus Toraks?« erkundigte sich eine gedämpfte Stimme im Innern.
»Ich bringe eine Botschaft von Jaharb, dem Ältesten auf dem Berg Kahsha, für Agachak, den Hierarchen von Rak Urga.«
Nach einer kurzen Weile schwang ein Flügel der Tür knarrend auf und ein pockennarbiger Grolim blickte vorsichtig heraus. »Ihr seid kein Dagash«, sagte er fast anklagend.
»Da habt Ihr recht. Aber es gibt eine Abmachung zwischen Jaharb und Agachak, davon bin ich Teil.«
»Von so einer Abmachung weiß ich nichts.«
Sadi blickte betont auf die schmucklose Kapuze des Grolims, ein Hinweis, daß der Priester von niederem Rang war.
»Verzeiht, Diener Toraks«, sagte er kühl, »aber hat der Hierarch die Angewohnheit, sich seinem Türhüter anzuvertrauen?«
Das Gesicht des Grolims verdunkelte sich, und er funkelte den Eunuchen an. »Bedeckt Euren Kopf, Nyissaner«, sagte er nach einer Weile. »Dies ist ein heiliger Ort.«
»Selbstverständlich.« Sadi zog die Kapuze seines grünen Gewandes über den kahlen Kopf. »Könnt Ihr veranlassen, daß sich jemand unserer Pferde annimmt?«
»Sie werden versorgt. Sind das Eure Diener?« Der Grolim blickte an Sadis Schultern vorbei auf die anderen, die noch auf ihren Pferden saßen.
»Ja, edler Priester.«
»Weist sie an mitzukommen. Ich führe euch alle zu Chabat.«
»Verzeiht, Priester des Drachengottes. Meine Botschaft ist für Agachak!«
»Niemand wird zu Agachak vorgelassen, ohne daß Chabat ihn zuvor gesehen hat. Ruft Eure Diener und folgt mir.«
Die anderen saßen ab und betraten den fackelerhellten Korridor hinter der Tür. Der Übelkeit erregende Gestank verbren-nenden Fleisches, der über der Stadt gehangen hatte, war im Tempel noch stärker. Grauen erfüllte Garion, als er dem Grolim und Sadi durch den rauchigen Gang in den Tempel folgte.
Es roch hier nach uraltem Bösen, und die hohlwangigen Priester, denen sie begegneten, beäugten sie alle mit tiefem Miß-
trauen und unverhohlener Bosheit. Da gellte irgendwo im Gebäude ein qualvoller Schrei, gefolgt von einem metallischen Laut. Garion schauderte, denn er war sich der Bedeutung dieser Geräusche durchaus bewußt.
»Wird das alte Opferritual denn immer noch durchgeführt?«
fragte Sadi den Grolim erstaunt. »Ich dachte, damit wäre Schluß – wenn man bedenkt…«
»Nichts hat sich verändert, was uns veranlassen könnte, in unserer heiligsten Pflicht innezuhalten, Nyissaner«, unterbrach ihn der Grolim kalt. »Wir opfern Torak nach wie vor jede Stunde ein Menschenherz.«
»Aber Torak ist nicht mehr!«
Der Grolim blieb mit wutverzerrtem Gesicht stehen »Sagt so etwas nie wieder!« brauste er auf. »Kein Ausländer darf solche Gotteslästerung im Tempel wagen. Der Geist Toraks lebt weiter, und eines Tages wird er wiedergeboren, um über die Welt zu herrschen. Er wird persönlich das Messer schwingen, wenn sein Feind, Belgarion von Riva, schreiend auf dem Altar liegt!«
»Welch eine erfreuliche Vorstellung«, flüsterte Silk Belgarath zu. »Wir dürfen noch einmal von vorn anfangen!«
»Sei still, Silk!« mahnte Belgarath.
Das Gemach, zu dem der Grolimunterpriester sie führte, war geräumig und von mehreren Öllampen erhellt. Schwarze Behänge bedeckten die Wände, und der aufdringliche Geruch von Räucherwerk erfüllte die Luft. Eine schlanke, vermummte Gestalt saß hinter einem großen Tisch, mit einer schwarzen, stark rauchenden Kerze am Ellbogen und einem schweren, schwarzgebundenen Buch vor sich. Ein warnendes Prickeln rann über Garions Kopfhaut, als er die Macht spürte, die diese Gestalt ausstrahlte. Rasch blickte er Polgara an, und sie nickte.
»Verzeiht, heilige Chabat«, sagte der pockennarbige Grolim mit leicht zitternder Stimme, während er einen Kniefall vor dem Tisch machte. »Ich bringe Euch einen Boten von Jaharb, dem Alten vom Berge.«
Die Gestalt am Tisch blickte auf. Garion bemühte sich sein Erstaunen zu unterdrücken. Es war eine Frau. Ihr Gesicht war von einer Art leuchtender Schönheit, doch nicht das war es, was ihm auffiel. Tiefe rote Narben verliefen von ihren Schläfen über die Wangen zum Kinn – gewollt
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