König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

dort ebenso wenig zu fassen bekommen würden, wie der oberste Rat der Priester im Tempel des Herodes. Diese Welt wird von Gewalt und Grausamkeit regiert und jetzt willst du dich dem endlich aussetzen.“
    Jeshua nickte stumm. „Ich muss es tun“, flüsterte er traurig. „Die Menschen, die mir folgen, fragen mich täglich, wie sie mit dieser Welt umgehen sollen. Wie sie auf Gewalt und Ungerechtigkeiten reagieren sollen. Wie soll ich ihnen eine glaubwürdige Antwort liefern, wenn ich selbst mich dieser Welt nicht stelle? Wenn ich selbst vor der Gefahr fliehe? Meine Botschaft wird sich jetzt an der Wirklichkeit messen lassen müssen.“
    „Aber um welchen Preis?“, fuhr Asasel aufgebracht auf. „Du hast den Menschen Gewaltverzicht gepredigt. Gewaltverzicht wird dir nicht gegen die römischen Folterknechte helfen! Sie wird dir nicht gegen den Tod helfen, wenn man dich ans Kreuz schlägt oder durch das Schwert tötet! Für die Römer in Jerusalem bist du kein Prophet. Du bist ein politischer Ruhestörer, ein Rebell, der die Menschen lehrt, dass nicht der Kaiser Herr über sie ist. Und für den Sanhedrin, den obersten Priesterrat, bist du noch mehr – du bist gefährlich! Die wissen ganz genau, dass du ihrer Herrschaft unter dem Mantel des römischen Protektorats ein für alle Mal ein Ende setzen könntest. Wenn deinetwegen die Menschen gegen den Kaiser rebellieren, werden die Römer einsehen, dass die jüdischen Priester ihr Volk ruhig halten können. Dann sind sie überflüssig geworden und werden abgeschafft. Glaubst du wirklich, dass die Priester ihre Privilegien und ihre Macht hergeben werden, um dein Leben zu schonen? Erinnere dich an den Tempel in Jerusalem, Jeshua! In seiner Nordseite steht die Festung Antonia, voll mit römischen Legionären. Von dort aus können die Römer jederzeit den Tempel stürmen, ein Blutbad unter den Gläubigen anrichten, das Heiligtum in Brand stecken. Durch diese Festung haben die Römer euch Juden vollkommen in der Hand und auch der Priesterrat ist sich dessen bewusst. Bevor es zu einem Massaker kommen kann und man auch sie selbst hinrichtet, werden die Priester dich zur Strecke bringen wollen. Wenn du nach Jerusalem gehst, bist du des Todes!“
    Jeshua nickte stumm, dann sah er traurig zu Boden.
    „Jeshua, lass das ein Ende haben!“, fuhr Asasel fort. „Wenn du stirbst, was bleibt dann? Was bleibt von deiner Botschaft?“
    Erst jetzt blickte Jeshua auf und sah Asasel fest in die Augen.
    „Du fragst mich was bleibt? Die Idee einer Welt ohne Gewalt wird bleiben. Am Ende müssen wir alle sterben. Es sind unsere Ideen, die die Zeiten überdauern. Ideen sind unsterblich.“
    Asasel gab einen erstickten Laut von sich. „Du hast gut reden“, fauchte er. „Du hast deinen Platz an der Seite des Herrn sicher. Aber was ist mit allen, die du zurücklässt? Was ist mit uns Engeln? Was ist mit mir? Ich würde dir überall hin folgen. Aber ich kann nicht mit ansehen, wie du offenen Auges in den Tod gehst. Und noch dazu, um den Menschen ein Vorbild zu sein!“
    „Hast du eine Alternative?“, fragte Jeshua. „Wenn ich ihnen kein Vorbild bin, wer ist es dann? Wenn ich nicht nach den Worten lebe, die ich predige, wer soll es dann tun?“
    „Du willst eine Alternative? Ich werde dir eine nennen. Wenn die Seelen der Menschen der Garten sind, den du pflegen willst, dann akzeptiere, dass es in jedem Garten auch Unkraut gibt, das man ausreißen muss. Und die Römer sind Unkraut!“
    „Kein Mensch ist Unkraut“, wehrte Jeshua erregt ab.
    „Glaube mir, Jeshua, Sohn des Joseph. Das weiß ich besser. Ich lebe seit Tausenden von Jahren auf dieser Welt und ich habe so viele Millionen Menschen gesehen, denen der Weg in den Himmel schon von dem Tag an versperrt war, als sie geboren wurden. Willst du mir tatsächlich sagen, dass all die Geister, die hier auf Erden durch ihre Untaten gefangen sind, noch immer einen Wert haben? Dass sie noch immer eine Chance auf Erlösung haben?“
    „Die haben sie!“, erwiderte Jeshua bestimmt. Wenn Gott am Tag des Jüngsten Gerichts über sie urteilt, mögen einige von ihnen noch immer erlöst werden. All jene, die aufrichtig bereut haben.“
    „Aber die Römer leben im Hier und Jetzt!“, fauchte Asasel erregt. „Und sie werden nicht zulassen, dass du deine Botschaft verbreitest. Wenn du willst, dass die Menschen auf dich hören, musst du zuerst die Römer vernichten. Ebenso, wie den Rat der Sanhedrin!“
    „Du willst, dass ich Menschen sterben lasse, um