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König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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heute in die Stadt einziehen zu können. Man hatte mehrere Lagerfeuer entfacht und nun wurde gekocht, gesungen und geschwatzt. Der Duft gebratener Fische und frischen Fladenbrotes durchzog die Luft ebenso wie die Stimmen der fröhlichen Pilger, die sich in vielen kleinen Gruppen um die Feuer scharten und einander die Zeit bis zum Mahl vertrieben.
    Juda sah sich um. Mehr als zweitausend Menschen waren zu ihrer Gruppe gestoßen. Menschen, die sich durch Jeshuas Botschaft einen Ausweg aus ihrem Leben erhofften. Einem Leben, das durch die Gewalt der Römer, Armut, Hass und Ungerechtigkeiten bestimmt war. Sie hatten den Predigten Jeshuas gelauscht und waren nun sicher, ihrer Erlösung entgegenzugehen, indem sie mit ihm gingen. Sie alle waren sich sicher, dass sie dem Messias folgten und nach seinem Einzug morgen in Jerusalem würde alles anders sein. Dann würde die Welt sich endlich ändern.
    Juda atmete tief ein. So lange schon hatte er diesem Tag entgegengefiebert. Dem Tag, an dem sein Herr nach Jerusalem gehen würde, um zu predigen und die Menschen mit seiner Botschaft zu erlösen. Er hatte sich vorgestellt, dass er am Abend zuvor glückselig mit seinen Glaubensbrüdern zusammensitzen und über das Werk sprechen würde, das vor ihnen lag. Und nun war er hier, doch er fühlte nichts von dem, was er sich vorgestellt hatte. Nichts von dem, was all die Menschen um ihn in diesem Augenblick bewegte. Sie waren glücklich. Er selbst fühlte sich leer.
    Es waren die Worte Jeshuas gewesen, die ihn so erschreckt hatten. Die vergangenen Tage über hatten sie ihn vollkommen beherrscht. Sie hatten sich in sein Gedächtnis gebrannt und schrien dort unablässig die Ängste seines Herrn heraus. Immer wieder hatte Juda in den letzten Tagen zu Jeshua hinübergesehen, hatte versucht seinen Blick aufzufangen in der bangen Hoffnung, dass Jeshua keine Gefahr drohe und alles nur ein Missverständnis gewesen sei. Doch Jeshua war Juda stets ausgewichen, hatte ihn gemieden und war auch seinen anderen Jüngern gegenüber ungewöhnlich zurückhaltend gewesen. Sie alle hatten gespürt, dass ihr Herr von finsteren Gedanken umgetrieben wurde, doch keiner der anderen wusste so sicher von dem kommenden Unglück wie Juda.
    „Juda, mein Freund. Was hast du?“, erklang die Stimme Mattais hinter ihm. Juda blickte nicht einmal auf, er sah sich nur müde um.
    „Wieso bist du nicht bei den anderen?“, fragte er bitter.
    „Du hast dich verändert, Juda“, erwiderte Mattai und seine Stimme war voll ehrlicher Anteilnahme. „Ebenso wie Jeshua. Wir wissen nicht, was mit euch ist, aber wir alle machen uns Sorgen. Ist der morgige Tag nicht ein Tag der Freude? Warum geht es euch beiden dann so schlecht?“
    Juda scharrte unruhig mit seiner Sandale im Staub zu seinen Füßen. „Ich kann dir nichts sagen, wenn Jeshua es nicht getan hat. Aber ich fürchte mich vor dem was da kommen wird.“
    Mit diesen Worten ließ er den fassungslosen Mattai in der Dunkelheit zurück.
     
    „Nun Jeshua. Morgen wird es soweit sein. Dann werden wir sehen, ob die Welt deine Botschaft annimmt.“
    Asasels leuchtende Gestalt stand inmitten eines kleinen Olivenhains, nur wenige hundert Meter vom Pilgerlager entfernt, aus dem die Stimmen der Menschen vom Wind bis hierher geweht wurden. Die kleinen, knorrigen Stämme der Olivenbäume um ihn warfen das goldene Licht des Engels in die Dunkelheit zurück, so dass der Ort wie aus einer anderen Welt wirkte, eine Insel des Lichts, friedvoll inmitten der Finsternis.
    Jeshua ging auf ihn zu und blieb vor ihm stehen.
    „Selbst wenn ich nicht die ganze Welt rette, so bin ich doch glücklich um jede Seele, die ich erreicht habe. Wenn ich auch nur einen einzigen Menschen überzeugen konnte, dann hat es sich gelohnt.“
    „Eine einzige Seele?“, fragte Asasel skeptisch. „Ist das nicht ein zu geringer Gegenwert für dich?“
    Jeshua zuckte unwillkürlich zusammen. „Gegenwert?“, fragte er. „Wie meinst du das?“
    Asasel legte den Kopf schief und sah Jeshua spöttisch an. „Aber Jeshua. Du magst ein Mann des Glaubens sein, ein Mann Gottes. Aber das bedeutet nicht, dass du weltfremd bist. Ich denke, du bist dir der Gefahr sehr wohl bewusst, in die du dich begibst.“
    Jeshua sah den Engel abwartend an und dieser deutete sein Schweigen richtig.
    „Du gehst direkt in die Höhle des Löwen“, fuhr er mit harter Stimme fort. „Du hast dich die letzten Monate nicht umsonst in Galiläa aufgehalten, weil du wusstest, dass die Römer dich

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