König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
die Welt mit Frieden zu erfüllen?“, fragte Jeshua entsetzt.
„Sind sie nicht ein kleines Opfer für eine vollkommene Welt? Ich könnte das für dich tun.“
Diese letzten Worte hatte Asasel sehr sanft gesprochen. Sie hatten warm und wohltuend geklungen. Jeshua erstarrte.
„Was willst du mir antun?“, flüsterte er erschüttert. „Eine Welt, egal wie schön und vollkommen sie sein mag, darf nicht auf einem Fundament aus Blut und Ungerechtigkeit stehen!“
„Aber ist es nicht das Ziel, das am Ende zählt?“
„Nein!“, schrie Jeshua zornig auf. „Es ist der Weg! Allein der Weg bestimmt, was wir sind. Was nützt dir die Erfüllung all deiner Träume, wenn du im Innern krank und verrottet bist? Hast du dich nie gefragt, warum Gott dich noch immer nicht wieder in den Himmel lässt? Weil du dich für den leichten Weg entschieden hast! Den Weg des Hasses, während der Weg der Liebe und des Mitgefühls so unendlich viel schwerer zu beschreiten ist!“
Einen Augenblick lang herrschte völlige Stille. Asasels Licht, eben noch leidenschaftlich pulsierend, war mit einem Schlag schwach und klein geworden. Unsicher stolperte er einen Schritt zurück und berührte seine Brust. Noch nie zuvor hatte er so menschlich gewirkt.
Das Schweigen schien sich endlos hinzuziehen. Dann, ganz langsam, richtete Asasel sich wortlos wieder auf. Das Leuchten aus seinem Innern kehrte zurück, wurde stärker und heller. Es glomm nun rot in ihm und warf ein unheimliches Licht auf die umliegenden Bäume. Sein Gesicht wirkte plötzlich kalt und berechnend. Die Luft um ihn herum schien zu vibrieren, als stünde sie unter großer Hitze.
„Du hast nie vorgehabt, mich zu erlösen. Nicht wahr, Jeshua?“, fragte er leise drohend.
„Ich kann dir nur den Weg zeigen, aber beschreiten musst du ihn selbst“, erwiderte Jeshua. „Gottes Königreich kann nicht auf Blut und Knochen errichtet werden.“
„Was weißt du von Gottes Königreich?“, zischte Asasel. „Du hast es noch nicht einmal gesehen. Aber ich habe dort gelebt und ich würde alles tun, um wieder dorthin zu gelangen. Ja, ich würde die Welt in Schutt und Asche legen, um sie von jenen zu reinigen, die dir im Wege stehen!“
Jeshua seufzte gequält. „Ich weiß. Aber die Menschen müssen sich frei für ihre Erlösung entscheiden können. Ich kann ihnen den Weg zeigen, aber sie müssen diese Welt selbst retten – ein jeder für sich allein – um Gott ihren Wert zu beweisen. Ich darf keine Fakten schaffen, indem ich die Heilung der Welt einfach anordne und den Menschen die Unterwerfung befehle. So wäre es nicht richtig.“
„Nicht richtig…!“ Asasel schrie zornig auf. „Man wird dich zu Tode foltern. Und noch bevor du stirbst, wirst du dir wünschen, ich hätte dir geholfen!“
Jeshua ließ mutlos die Schultern hängen. „Da hast du sicher recht. Aber ich kann es nicht ändern…“
Einen Augenblick lang blickte Asasel den Menschen vor sich still an. Dann plötzlich wand er sich, ballte die Fäuste in einer Geste der Hilflosigkeit und stieß einen gequälten Schrei aus.
„Verflucht sollst du sein!“, stieß er heulend hervor. „Verflucht der Tag, an dem ich dich zum ersten Mal sah. Du hättest uns alle retten können. Du hättest die Welt besser machen können. Jetzt und hier!“
Er fegte heran und blieb nur wenige Zentimeter vor Jeshua in der Luft stehen. Seine Schwingen waren weit ausgebreitet und standen doch vollkommen still. Das rote Glühen schwoll zu einem unheilverkündenden Gleißen an. Mehr als je zuvor wirkte er nun wie ein Raubvogel, der rüttelnd über seiner Beute steht und sie jeden Augenblick schlagen wird. Doch stattdessen sah er Jeshua nur starr und voll Wahnsinn an. Dann wandte er sich ruckartig um und verschwand mit schwerem Flügelschlag in der Dunkelheit der Nacht.
Es brauchte einen Moment, bis Jeshua die Luft aus seinen Lungen entließ. Dann ließ er sich vollkommen entkräftet zu Boden sinken und begann zu weinen. Kein Laut drang über seine Lippen, doch seine Schultern zuckten, während die Tränen unablässig über sein Gesicht liefen und im Staub zu seinen Füßen niederfielen. Er wusste nicht zu sagen, wie lange er dort gesessen hatte, bis die Tränen endlich versiegt waren. Mit zitternden Händen wischte er die Tränen von seinen Wangen und verschmierte damit den Staub des Bodens in seinem Gesicht. Nie zuvor in seinem Leben hatte er sich so einsam gefühlt.
Kajafas starrte trübsinnig in seinen Weinbecher. Es kümmerte ihn
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