König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
unter Strahlen und Leuchten zu einem golden funkelnden Menschenkörper. Es war eine junge Frau, die nun vor Asasel auf die Knie fiel und ihm dankte.
Eleanor musste an Elizabeth denken, die hier irgendwo unter ihnen war. Sie dachte an die Nacht zurück, in der Raphael sie durch seine Umarmung getröstet hatte. Ebenso wie jene Toten dort oben auf dem Dach hatte Elizabeth für einen Augenblick golden gefunkelt und gestrahlt als Raphaels Energie durch die Berührung in sie gefahren war. Doch bei ihr war diese Energie schnell verflogen, denn er hatte ihr nicht absichtlich davon gegeben. Nachdem er sie losgelassen hatte, war sie fast augenblicklich wieder zu dem Schatten verblichen, der sie gewesen war. Dort oben aber auf dem Dach geschah etwas gänzlich anderes. Asasel gab den Seelen der Toten so viel Energie, dass sie nicht mehr von allein verlöschen würde. Er schuf sich dort eine Armee von Hörigen. Eine Armee, welche die Prophezeiung vom Untergang der Welt wahr werden lassen sollte, wenn sich die Toten aus den Gräbern erheben und unter den Lebenden wandeln werden. Eleanor schauderte, als ein erneutes Aufleuchten von der nächsten Wiedererweckung zeugte.
In diesem Moment stieß Turiel einen zornigen Schrei aus. Mit einem peitschenden Knall seiner Flügel schwang er sich in die Luft und raste auf Asasel zu. Raphael folgte ihm, während Eleanor und Michael tatenlos zusehen mussten.
Ein Fauchen und Brüllen dröhnte über den dunklen Friedhof, als Turiel auf Asasel prallte und ihn durch die Wucht seines Aufschlags vom Dach riss. Die beiden verschwanden aus Eleanors und Michaels Blickfeld. Allein die Geräusche ihres Kampfes drangen nun von der anderen Seite der Kirche noch zu ihnen hinüber. Raphael kümmerte sich indes um die bereits wiedererweckten Toten. Fünf von ihnen standen auf dem Dach der Kirche nun einem zornigen Raphael gegenüber. Sie wichen vor ihm zurück, doch er fuhr in sie hinein wie ein Raubtier unter Schafe. Mit einem mächtigen Schlag seiner rechten Faust hieb er auf den ersten ein. Der Getroffene verlosch unmittelbar, allein sein fahles Geisterlicht blieb in der Luft schweben. Ein markerschütterndes Schreien erklang dabei, als der Tote seinen Körper einbüßte.
Ebenso erging es den nächsten beiden. Als sich Raphael jedoch auf den vierten stürzen wollte, taumelte er. Er krümmte sich, richtete sich wieder auf und schlug erneut zu. Doch der Geist, den er anvisiert hatte, wich ihm geschickt aus, so dass der Schlag ins Leere ging.
„Was ist da los?“, schrie Michael entsetzt über den Kampflärm und das Donnern des Gewitters hinweg.
Eleanor erwachte aus der Entsetzensstarre, in die sie der Anblick des geschwächten Raphael versetzt hatte.
„Er kämpft gegen Wesen, die das göttliche Feuer in sich tragen“, flüsterte sie verstört. „Jedes Mal, wenn er ihnen dieses Feuer entzieht, verliert er ein wenig seines eigenen Feuers. Er ist nur deshalb noch nicht tot, weil die Geister der Verstorbenen viel weniger Feuer in sich tragen, als er selbst.“
Raphael indes hatte sich so weit erholt, dass er den nächsten Schlag nun schnell und effizient gegen den vierten Geist führen konnte. Diesmal gab es keine Chance – mit einem schrillen Schrei wurde die tote Frau, von Raphaels Faust getroffen, in die Geisterwelt zurückversetzt, aus der sie gekommen war.
Die Toten mochten keine gleichwertigen Gegner für einen Engel sein, aber Raphael brauchte nach jedem Schlag einige Sekunden, bis er sich wieder erholt hatte und das göttliche Feuer ihn wieder vollkommen ausfüllte. Erneut taumelte er, nachdem er dem vierten Geist seine Energie entzogen hatte.
In diesem Augenblick erkannte der fünfte und letzte Geist die Zusammenhänge. Während Raphael noch wankte, lief er auf die nächste Ansammlung leuchtender Geisterlichter zu und berührte das erste von ihnen. Ein Lichtblitz schoss auf, als die erste der Seelen ihre menschliche Gestalt zurückerhielt und nun als leuchtendes Wesen auf dem Dach stand. Dann ging alles ganz schnell…
Ein König stürzt
Die Nacht lag dunkel über Jerusalem. Dichte Wolkenbänke hatten sich im Laufe des Tages über der Stadt zusammengezogen und nun schien die Welt in Finsternis und Kälte getaucht. Das Funkeln der Sterne, sonst so beruhigend und lebendig, war ebenso weit fort wie die Wärme des Tages.
Und doch waren die Menschen um Jeshua glücklich und froher Laune. Sie lagerten auf dem Ölberg östlich der Stadt, denn sie waren zu spät gekommen, um noch
Weitere Kostenlose Bücher