König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
ihr Gesichtsausdruck zeigte deutlich, dass sie sich die neue Lage erst einmal bewusst machen musste.
„Aber besser als vorher ist es allemal“, stellte sie fest. „Ich bin nicht mehr isoliert. Ich kann jetzt…“
„So wie du im Augenblick aussiehst, bist du durchaus isoliert“, unterbrach Raphael sie. „Sieh dich doch einmal an. Willst du so auf die Straße und unter Leute gehen?“
„Er hat recht“, sagte Eleanor. „Mit diesem Leuchten an dir kommst du nicht weit.“
„Immerhin kann man es offenbar manipulieren“, meinte Raphael. „Es verblasste eben, als du in meinen Toten Palast hinüberwechseln wolltest. Vielleicht können wir daran arbeiten, es nicht mehr ganz so offensichtlich wirken zu lassen.“
„Ja… ja bitte…“, beeilte Elizabeth sich zu sagen. „Ich will endlich wieder normal sein.“ Jetzt klang ihre Stimme beinahe flehend.
„Gut, dann wäre das geklärt. Ich nehme an, dass du genauso wenig Schlaf benötigst wie ich. Wir können gleich damit beginnen. Aber Eleanor benötigt etwas Ruhe, wie mir scheint.“
Er zwinkerte Eleanor zu, die eben nur mit größter Mühe ein Gähnen hatte unterdrücken können.
„Ja, das wäre gut“, meinte sie dankbar. „Ich gehe nach drüben. Sehen wir uns morgen?“
Elizabeth und Raphael nickten. Sie euphorisch, er ernst und ein wenig steif.
„Dann bis morgen.“ Eleanor drückte Raphael einen Kuss auf, den er kurz erwiderte. Sie verließ die beiden und schlich sich in ihr eigenes Zimmer hinüber. Nach wie vor würde es sich nicht gut machen, wenn man sie um diese Uhrzeit im Zimmer eines jungen Mannes erwischte.
Keine zehn Minuten später lag sie völlig erschöpft in ihrem Bett. Nur wenige Augenblicke später fiel sie in einen tiefen und traumlosen Schlaf.
Das Ende ist der Anfang
Der folgende Morgen begann vielversprechend. Von dem Wolkenbruch, der gestern Abend über Stratton und Umgebung herniedergegangen war, hatten sich nur zahlreiche Pfützen und feuchte Gartenwege erhalten. Hin und wieder tropfte es noch aus dem Blätterwerk der Bäume, doch der Himmel selbst erstrahlte blau und freundlich und die Sonne vertrieb eben die letzten Wolken. Es würde ein schöner Tag sein, vielleicht sogar ein wenig warm werden.
Eleanor stand am Fenster ihres Zimmers und atmete die frische Morgenluft ein. Schon lange hatte sie sich nicht mehr so wohl gefühlt. Ihre Freundin war aus dem Schattenreich befreit worden und kurioserweise war es ausgerechnet Asasel gewesen, der dies zu verantworten hatte.
Noch einmal atmete sie tief durch. Dann trat sie vom Fenster zurück, um sich zu waschen und anzuziehen.
Kurz darauf stand sie schon vor Raphaels Tür und klopfte an. Er öffnete ihr lächelnd die Tür, wie üblich fertig angezogen und ausgehbereit. Kein Wunder, dachte Eleanor. Sie beide hatten heute Termine bei Dr. Marcus. Gegen Nachmittag würde es noch eine Gruppentherapiesitzung geben, zu der sie sich ebenfalls beide angemeldet hatten. Ihnen war klar gewesen, dass sie sich von nun an besser in die Aktivitäten des Sanatoriums eingliedern mussten, um nicht weiter aufzufallen. Immerhin waren sie durch die Geschehnisse der letzten Zeit ohnehin im Focus vieler neugieriger Augen gelandet. Dagegen hatten sie etwas zu tun beschlossen.
„Du bist früh wach“, lachte Raphael. „Hast du trotzdem gut geschlafen?“
Eleanor nickte glücklich. Mein Gott, sein Lachen war wirklich atemberaubend. Er schloss die Tür hinter sich und nahm ihre Hand. Das wohlbekannte Glücksgefühl durchströmte Eleanor und ließ sie albern kichern. Heute würde ihr nichts die Laune verhageln, so viel war sicher.
„Was ist mit Elizabeth?“, fragte sie auf dem Weg zum Speisesaal.
„Wir haben die Nacht über an ihren Fähigkeiten gearbeitet. Sie kann das Leuchten schon ein wenig unterdrücken, aber noch nicht sehr lange und auch nicht vollkommen. Immerhin wird es besser. Sie hat sich heute Morgen in aller Frühe oben auf dem Dachboden versteckt, um nicht gefunden zu werden. Um nichts in der Welt wollte sie nach unten in den Keller gehen.“
„Das kann ich gut verstehen. Ich an ihrer Stelle würde dort auch nicht wieder hinwollen.“
Sie hatten den Speisesaal erreicht und durchschritten den mächtigen Türbogen. Der Geruch gerösteten Specks, Kaffees und frischen Brotes umgab sie und Eleanor bemerkte erst jetzt, dass sie großen Hunger hatte.
Zielstrebig ging sie auf den Buffet-Tisch zu, während Raphael ihr schicksalsergeben folgte. Nahrungsaufnahme würde für ihn immer
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